Gelsenkirchen-Buer. Beim Kampf gegen Raser haben Ehrenamtler in Gelsenkirchen-Buer schon lange eine bestimmte Maßnahme gefordert. Jetzt bekommen sie ihren Willen.
Wie kann man verhindern, dass in Wohngebieten zu schnell gefahren wird? Mit dieser Frage beschäftigen sich einige Ehrenamtler in Buer schon lange, genau gesagt die AG Verkehr im Quartiersnetz Buer-Ost. Jetzt haben sie erreicht, dass eine ihrer Forderungen zumindest versuchsweise umgesetzt wird.
Seit Sommer 2020 stellt die AG Verkehr regelmäßig eine Geschwindigkeitstafel an verschiedenen Standorten in Buer-Ost auf. Damit sollen zum einen die Autofahrerinnen und -fahrer über ihr Tempo informiert werden, zum anderen sammelt die Tafel auch Daten, die sich nachher auswerten lassen. Zwar ist die Verwertbarkeit dieser Daten umstritten, dennoch steht für die Ehrenamtler um Sprecher Wilfried Reckert fest: „Hier wird zu schnell gefahren.“
Um diese Straßen in Gelsenkirchen-Buer geht es

Konkret geht es um die verkehrsberuhigten Zonen in der Straße „Am Goldberg“ sowie in den Straßen An den Flachskuhlen und Am Spinnweg westlich der Lindenstraße. „Vier von fünf Verkehrsteilnehmendenhalten sich in den bezeichneten Gebieten nicht an die Schrittgeschwindigkeit“, so Reckert. „Das gefährdet dort besonders Kinder, da diese Straßen unmittelbar zu Schulen führen.“ Anfang 2024 hatten die AG-Mitglieder die Anwohnerinnen und Anwohner befragt, die hatten sich mehrheitlich für den Vorschlag der AG ausgesprochen, an den Einfahrten zu den Straßen Piktogramm auf dem Boden aufzubringen, die auf die Spielstraße beziehungsweise auf „Tempo 10“ hinweisen.
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Mit einem entsprechenden Vorschlag blitzte die AG bei der Stadt Gelsenkirchen allerdings bisher ab. In der vergangenen Sitzung der Bezirksvertretung Nord erläuterte Kathrin Willamowski, bei der Stadt Gelsenkirchen für Verkehrsordnung zuständig, warum die Verwaltung gegen die Idee ist: „Das Aufbringen von Verkehrszeichen ist an gesetzliche Vorgaben gebunden“, sagte sie. So müsse die Stelle, an der das Piktogramm stehen soll, als Gefahrenstelle definiert sein – das träfe aber auf die von der AG genannten Stellen nicht zu. Zudem seien Behörden angehalten, Doppelbeschilderungen zu vermeiden, in diesem Fall also ein Piktogramm zusätzlich zu einem regulären Verkehrsschild.
„Wollen wir Bürger, die sich engagieren, frustrieren?“
Eine Antwort, die bei den AG-Mitgliedern und allen voran Wilfried Reckert für deutlichen Frust sorgte. „In anderen Städten gibt es diese Piktogramme doch auch“, entgegnete er, „es kann doch nicht sein, dass die alle daneben liegen und man nur in Gelsenkirchen gesetzestreu ist.“ Er verstehe die Argumentation der Verwaltung nicht. „Wollen wir Bürger, die sich engagieren, frustrieren?“, fragte er – und bekam Rückendeckung von einigen Bezirksverordneten. „Wir ärgern uns schon lange darüber, dass die Verwaltung alles ablehnt, was das Quartiersnetz vorschlägt“, sagte etwa SPD-Fraktionschef Jürgen Köpsell. In eine ähnliche Richtung äußerte sich auch Bernd Rudde (Grüne): „Bürgerschaftliches Engagement wird einfach nicht honoriert“, sagte er. „Hat eigentlich irgendjemand einen Schaden davon, wenn ein Piktogramm aufgebracht wird?“
Andere Stimmen waren verhaltener: „Jemand, der das Verkehrsschild ignoriert, der lässt sich doch auch nicht von einem Piktogramm aufhalten“, meinte Doreen Kosak-Izberovic (AFD), Dieter Kutzborski (CDU) warnte vor einem „Gewöhnungseffekt“, den solche Piktogramme erzielen würden, wenn sie „inflationär“ angebracht würden.
So entschieden die Mitglieder im Verkehrsausschuss
Am Ende schlug sich aber die Mehrheit der BV Nord auf die Seite der AG Verkehr: Mit den Stimmen von SPD und Grünen wurde dem verantwortlichen Verkehrsausschuss empfohlen, dem Antrag der AG weitgehend zu folgen. In der Sitzung, die nur eine Woche später stattfand, legte die SPD einen Antrag vor, in dem die Verwaltung aufgefordert wird, die Piktogramme zumindest probeweise aufzubringen und deren Wirksamkeit zu testen. Gegen diesen Antrag stimmten im Verkehrsausschuss nur die FDP und die AFD: Somit werden die Piktogramme demnächst kommen. Auch, wenn Kathrin Willamowski noch einmal die Bedenken der Verwaltung vortrug: „Wir haben in anderen Bereichen der Stadt deutlichere Tempoverstöße als an den besagten Straßen in Buer“, sagte sie. „Wenn sich die Piktogramme nur auf diese Stellen beschränkt, vermittelt das ein falsches Bild. Ich finde das nicht ganz korrekt.“
Klemens Wittebur von der AG Verkehr wagte den Blick über den Tellerrand – in anderen Städten würde diese Maßnahme schon umgesetzt. „Auf Nachfrage hat uns das Verkehrsmanagement der Stadt Freiburg mitgeteilt, dass die Stadt Freiburg mit derartigen Piktogrammen gute Erfahrungen gemacht hat, da diese den Kraftfahrenden nochmals optisch verdeutlichen, dass sich diese innerhalb eines verkehrsberuhigten Bereichs befinden“, sagte er.