Gelsenkirchen. Die Initiative „Schalke Null Bier“ will Fans mit Alkoholproblem den Stadionbesuch ermöglichen. Ein erstes Treffen findet am 4. Januar statt.

Bier: Das gehört doch zum Fußball wie der Tannenbaum zu Weihnachten, wie die Sonnencreme zum Strandurlaub, wie der Senf zur Bratwurst. Oder? Zumindest ist Bier beim Fußballschauen allgegenwärtig, ob im Stadion, im Bus zum Auswärtsspiel, oder vor dem Fernseher. Für Fußballfans, die ein Alkoholproblem haben, kann das ein echtes Problem sein. An sie richtet sich jetzt eine Aktion in Gelsenkirchen.

Der Name, das muss man den Initiatoren neidlos zugestehen, ist genial. „Schalke Null Bier“ nennt sich die Initiative, die für Samstag, 4. Januar, zu einer ersten Infoveranstaltung eingeladen hat. Der Name ist Programm: „Wir wollen Schalke-Fans mit einem Alkoholproblem die Möglichkeit geben, ins Stadion zu gehen und das Spiel zu erleben, ohne dabei in Gefahr zu geraten, rückfällig zu werden“, sagt Initiatorin Katharina Strohmeyer. Sie engagiert sich im Fanclub „Anno 1904“, der das Dach für die neue Initiative bietet.

Dem Bier kann man auf Schalke kaum aus dem Weg gehen

Schalke-Fan Katharina Strohmeyer hat die Initiative „Schalke Null Bier“ ins Leben gerufen.
Schalke-Fan Katharina Strohmeyer hat die Initiative „Schalke Null Bier“ ins Leben gerufen. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

„Ich kenne viele Schalker, die sich einfach nicht trauen, in die Arena zu gehen, aus Angst davor, einen Rückfall zu erleiden und Alkohol zu trinken“, sagt Katharina Strohmeyer. Denn Bier, das weiß sie selbst, kann man bei einem Stadionbesuch kaum aus dem Weg gehen. „Es wird einfach überall gesoffen“, formuliert sie es drastisch. „Als Außenstehender macht man sich davon kaum ein Bild, aber es gibt für trockene Alkoholiker unglaublich viele Triggerpunkte, die einen Rückfall auslösen können – und sei es die Bierdusche nach einem Tor.“ Das Problem beschränke sich auch nicht auf die Arena, sagt Strohmeyer. „Auch, wenn ich mit einem Bus zum Auswärtsspiel fahre, ist wie selbstverständlich der Kasten Bier an Bord.“ Vielfach gelte, diese Erfahrung habe sie gemacht: „Wer nicht trinkt, der ist kein Schalker“. Das sei natürlich Quatsch, fügt sie hinzu.

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Ihre Idee: Fans, die unter diesem Problem leiden, sollen sich zusammentun, weil es in der Gemeinschaft einfacher falle, den Versuchungen des Alkohols zu widerstehen. „Wer sich alleine nicht ins Stadion traut, der ist in der Gruppe gut aufgehoben“, sagt sie. Wer ebenfalls trockener Alkoholiker sei, der habe auch mehr Verständnis für die Situation und kenne die Fallstricke, die bei einem Stadionbesuch lauern. „Da geht man dann vielleicht besser zu zwei zum Klo und hält sich gegenseitig davon ab, sich auf dem Rückweg zum Platz ein Bier mitzubringen.“

Das Vorbild für die Initiative kommt aus St. Pauli

Für „Schalke Null Bier“ gibt es ein Vorbild, berichtet Katharina Strohmeyer: In Hamburg gibt es schon seit 1996 den St.-Pauli-Fanclub „Weiß-braune Kaffeetrinker*innen“. Damals hatten sich zwei langjährige Dauerkartenbesitzer in einer Nachsorgeeinrichtung nach einem Alkoholentzug kennengelernt. Sie kamen auf die Idee, anderen Pauli-Fans mit Alkoholproblemen zu helfen und künftig die Spiele am Millerntor gemeinsam „komafrei“ zu genießen, wie sie auf der Homepage des Vereins schreiben. Inzwischen beschränken sich die Aktivitäten des Vereins nicht nur auf die Spielbesuche: Regelmäßig treffen sich die Mitglieder zum gemeinsamen Kaffeetrinken und tauschen sich dort auch über ihre Probleme aus.

Gestartet werden soll die Initiative jetzt bei einem Treffen am Samstag, 4. Januar. Es findet statt in der Kirche St. Anna an der Kapellenstraße 12 in der Nähe der Glückauf-Kampfbahn – „wir haben uns bewusst gegen eine Kneipe als Ort entschieden“, sagt Katharina Strohmeyer. Beginn ist um 15.30 Uhr. „Dort werden als Gäste auch Vertreterinnen und Vertreter der Weiß-braunen Kaffeetrinker*innen sein und von ihren Erfahrungen berichten“, sagt die Initiatorin, die an dem Nachmittag moderieren wird.

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    „Außerdem wird auch jemand vom Kreuzbund dabei sein“, so Strohmeyer. Der Kreuzbund ist ein Fachverband der Caritas, der sich um alkohol- und medikamentenabhängige Menschen und deren Angehörige kümmert. „Auch ein Vertreter des Schalke-Aufsichtsrates hat sein Kommen zugesagt“, so Strohmeyer. Unterstützung für „Schalke Null Bier“ gibt es auch von der Schalker Fan-Initiative, der Diakonie, dem Sozialwerk St. Georg und der Stiftung „Schalke hilft!“.

    „Willkommen am 4. Januar ist jeder“, sagt Katharina Strohmeyer. Man müsse auch nicht Alkoholiker sein, um sich der Gruppe anzuschließen: „Vielleicht möchte ja jemand einfach nur einen nüchternen Tag auf Schalke erleben, weil er etwa mit dem Auto nach Hause fahren muss – oder wegen einer Schwangerschaft“. Darum soll es am 4. Januar vor allem gehen: „Wie wir eine nüchterne Gemeinschaft auf Schalke etablieren können, um so auch für Menschen mit Suchterkrankungen ein Angebot zu schaffen, um das Lieblingshobby Fußball weiter betreiben zu können.“