Gelsenkirchen. Neben dem Herner Kreuz gibt es in Gelsenkirchen eine weitere Dauer-Baustelle. Warum höherer Schutz so viel Zeit kostet. Die Details.
Die kreischenden Schläge der Ramme kommen in Sekundenbruchteilen und doch vergehen nur wenige Augenblicke, bis die 2,4 Meter langen Metallpfosten 120 Zentimeter tief im Boden stecken. Dann setzt Dmitrij Osipov das schwere Raupenfahrzeug exakt 1,33 Meter weiter nach vorne und platziert den nächsten Pfeiler unter dem hydraulischen Hammer.
Neue Schutzplanken auf der A42 in Gelsenkirchen - die Arbeiten sind voll im Zeitplan
Wir sind auf der vielbefahrenen Autobahn 42, kurz vor der Riesen-Baustelle Herner Kreuz (A43/A42). Die Autobahn GmbH erneuert auf einer Strecke von 6,3 Kilometern auf dem Teilstück zwischen den Anschlussstellen Herne-Crange und Gelsenkirchen-Zentrum die Schutzplanken in beiden Fahrtrichtungen. Projektleiter und Bauingenieur Simon Syring gibt Auskunft über den Fortschritt der Arbeiten. Die wichtigste Botschaft: „Wir sind voll im Zeitplan.“
„Die neuen Schutzplanken halten dem Aufprall eines 40-Tonnen schweren Lkw auf jeden Fall Stand.““
Was nicht bedeutet, dass die staugeplagten Pendler im Ruhrgebiet von heute auf morgen ein Nadelöhr weniger durchfahren müssen. So lange wie auf der A43 - der sechsstreifige Ausbau auf einer Länge von 28 Kilometern mit mehreren Autobahnkreuzen und Großbrücken dauert Jahre länger als ursprünglich kalkuliert - müssen sich Autofahrer aber bei weitem nicht gedulden. „Im Sommer 2025 sind wir fertig“, lautet die Prognose des 29-Jährigen, der als Bochumer Junge die nächste Großbaustelle im Revier auf der A40 praktisch jeden Tag vor der eigenen Haustür erlebt.
Start auf Gelsenkirchener Terrain war im August dieses Jahres. Warum die A42-Baustelle ein Zeitfenster von einem Jahr braucht, wird klar, wenn der Straßenbau-Experte die Arbeiten detaillierter erklärt. Denn mit dem Rückschnitt des Grüns und der Montage der neuen Planken allein ist es nicht getan. Eine in grellem Neogrün markierte Fläche im Mittelstreifen dient als Beispiel zur Erklärung. „Hier liegt eine Zehn-Kilovolt-Hochspannungsleitung unter der Autobahn“, sagt Syring. Einrammen von Pfeilern ist damit ausgeschlossen, es soll ja keinen weitreichenden Stromausfall geben. Solche und andere technischen Hürden gibt es zuhauf zu meistern, angefangen von Telefonleitungen bis hin zur Kanalrohren.
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„In solchen Fällen müssen wir ein sogenanntes Streifenfundament gießen, in das wir die Pfosten verankern“, erklärt der Projektleiter. Verwendet wird dazu ein spezieller Beton, der der ständigen Belastung vorbeirauschender Pkw und Lkw auch dauerhaft standhält. Bis solch ein Sockel vollständig aushärtet, vergehen allerdings 28 Tage. Viel Zeit geht auch dafür drauf, an Brückenkappen mehrere Dutzend zusätzliche Anker in den Beton zu treiben, damit die Pfosten danach entsprechend stabilen Halt finden. Auch an diesen Stellen ist das Einrammen nicht möglich. „Sie wollen ja schließlich nicht, dass Lastwagen die Schutzplanken durchbrechen“, begründet der Ingenieur die Vorgehensweise. Und an der A42 gibt es viele Stellen, an denen Unterführungen Stadtteile und Wohnviertel miteinander verbinden.
Absicherung der A42 in Gelsenkirchen: Teilstück verschlingt rund 4,2 Millionen Euro
Apropos Schutzplanken. Die verzinkten Stahlschienen sind im Vergleich zu den alten Planken wesentlich höher. „Die neuen Schutzplanken halten dem Aufprall eines 40-Tonnen schweren Lkw auf jeden Fall Stand“, ist sich der Projektleiter sicher. Auf eine Masse von 70 Kilogramm bringt es jeder Meter der Stahlkonstruktion. Auf dem Gelsenkirchener Teilstück werden sowohl die beiden Randstreifen mit der neuen Absicherung versehen, als auch der Mittelstreifen, dieser sogar gleich doppelt. Macht zusammen insgesamt mehr als 20 Kilometer neue Schutzplanken zwischen Herne-Crange und GE-Zentrum mit einem Gesamtgewicht von 1400 Tonnen.
Kosten: rund 4,2 Millionen Euro, allein die Absicherung mit Warnbaken und temporären Betonleitwänden (flache graue Wandstreifen) schlägt mit 800.000 Euro zu Buche. Zum Vergleich: Das bundesweite Autobahnnetz umfasst in etwa 13.200 Kilometer. Allein an Schutzwänden werden bundesweit also Milliarden Euro verbaut.
Wo der Bautrupp gerade schon mal da ist, nutzt die Autobahn GmbH die eingerichtete Baustelle gleichzeitig auch um Straßenfugen zu überprüfen und zu sanieren. „Dazu werden die schadhaften Fugen ausgefräst und neue Gussmasse in die Fugen eingebracht“, schildert Simon Syring das Prozedere. An Brückenkappen ist das beispielsweise der Fall, aber auch die Fahrbahn selbst ist von den anderen Einbauten (Schilderbrücke, Entwässerung) durch solche Fugen getrennt.
Und die nächsten Bauarbeiten? Die kommen bestimmt. Parallel zum laufenden Schutzplanken-Austausch wird nämlich im kommenden Jahr die Anschlussstelle GE-Bismarck, Fahrtrichtung Duisburg saniert. „Voraussichtlich wird das aber nur ein Wochenende dauern“, blickt der Projektleiter voraus.