Gelsenkirchen. Bei Fans aus ganz Deutschland wird dieses Gelsenkirchener Festival sehr geschätzt, nur in der eigenen Stadt hat es noch einen schweren Stand.

Ein altes Sprichwort besagt: „Der Prophet gilt nichts im eigenen Land“. Genauso fühlt sich derzeit auch Bernd Zimmermann - zumindest ein Stück weit. Gemeinsam mit seiner Partnerin Susanne Pohlen zählt er zu den Machern des Musikfestivals „New Colours“, das ab dem 12. September zum dritten Mal in Gelsenkirchen steigt. Während sich das Event bei Musikinteressierten aus der ganzen Republik und dem nahen europäischen Ausland bereits einen hohen Stellenwert erarbeitet hat, begegnen viele Einheimische dieser Veranstaltungsreihe noch eher reserviert. Vor allem das geballte Desinteresse der lokalen Wirtschaft hat die Festival-Führung enttäuscht.

Kartenvorverkaufszahlen stimmen die Fextivalmacher zuversichtlich

„Wir haben zahlreiche Unternehmen aus unserer Stadt angeschrieben und gehofft, sie noch für den Kauf von Tickets zur Pflege von Kundenkontakten begeistern zu können. Auch über die Öffentlichkeit haben wir Kontakt zu dieser Gruppe gesucht“, berichtet Zimmermann. „Doch die Reaktionen darauf waren leider gleich Null.“

Sängerin und Pianistin Yumi Ito tritt im Schloss Horst auf.
Sängerin und Pianistin Yumi Ito tritt im Schloss Horst auf. © New Colours

Seine Laune ist dennoch bestens. Denn die Vorverkaufszahlen seien trotzdem erfreulich und würden mit hoher Wahrscheinlichkeit die des Vorjahres übertreffen. So gibt es für den Auftritt von Biondini & Falschlunger am Freitagabend im Nordsternturm nur noch ganz wenige Resttickets. „Das könnte das erste ausverkaufte Konzert in unserer bisherigen Festivalgeschichte werden“, frohlockt Zimmermann.

Den Auftakt am 12. September bestreitet Daniel Herskedal in der Schalker „Kaue“

Obwohl „New Colours“ von Außenstehenden gern den Stempel „Jazz-Festival“ aufgedrückt bekommt, ist dieser Begriff nicht vollumfänglich zutreffend. Denn Zimmermann und Pohlen achten als Kuratoren des Programms stets darauf, dass auch Vertreter anderer Musikgenres zum Zuge kommen. Nicht umsonst lautet das Festivalmotto diesmal „Vielfalt statt Einfalt“.

Jazz von „Down Under“: Die Band The Vampires kommt aus Australien und spielt zum Festivalauftakt in Gelsenkirchen.
Jazz von „Down Under“: Die Band The Vampires kommt aus Australien und spielt zum Festivalauftakt in Gelsenkirchen. © Public-Jazz Events

Das gilt auch für Daniel Herskedal. Der Norweger wird am Donnerstag um 19.30 Uhr in der „Kaue“ in Schalke (Wilhelminenstraße 176) das Festival eröffnen. Und mit seinen hynotisierend schönen Kompositionen changiert er zwischen Jazz, Avantgarde, Kammermusik und Pop. Im zweiten Teil dieses Doppelkonzerts ab 21 Uhr wird die vierköpfige Formation The Vampires dann präsentieren, wie anders Jazz aus Australien klingen kann. Wer diesen Doppelpack erleben möchte, braucht nur einmal Eintritt zu bezahlen. Resttickets gibt es an der Abendkasse.

Erstmals ist der Kunstraum Norten eine der Festival-Spielstätten

„Jedes Konzert ist anders. Und genau das macht es aus“, betonen Pohlen und Zimmermann. Dieses Festival sei „ein Gesamtkunstwerk aus ganz vielen Klangfarben, Stimmungen und Rhythmen, mit 40 Künstlerinnen und Künstlern aus elf Nationen“. Dadurch würde die Stadt ihren Klang verändern - ein Klang, der noch lange nachhallen werde.

Neu hinzugekommen ist bei der dritten Festival-Auflage eine Spielstätte, die allein durch ihre räumlichen Gegebenheiten als „spannend und ungewöhnlich“ einzuordnen ist. Im Kunstraum Norten in Scholven (Im Brömm 9) bittet am Samstag, 14. September, das Ensemble Kreuzvier um 11 Uhr zum Kinderkonzert, geeignet für alle von vier bis acht Jahren und deren Angehörigen. Die drei Kreativköpfe Clara, Jacques und Johanna laden ein, in ihre Klangwelten einzutauchen. Der Eintritt ist frei. Tags darauf tritt dort um 16 Uhr Bison Rouge auf. Die Cellistin mit polnischen und US-amerikanischen Wurzeln lebt jetzt in Berlin und gilt als echter Geheimtipp.

Schloss Horst ist wieder die inoffizielle Kraftzentrale des Festivals

Mit insgesamt vier Konzerten ist das Schloss Horst wieder eine Art inoffizielles Festivalzentrum von „New Colours“. Am Freitag, 13. September, gibt es dort ab 20 Uhr den spannenden Doppelpack mit Yumi Ito und danach dem Pablo Caminero Trio (aus Spanien). Am Samstag spielen dort ab 20 Uhr nacheinander die luxemburgische Band Dock In Absolute und Girls In Airports (aus Dänemark). Wer den Musikgenuss lieber in den Vormittagsstunden sucht, dem sei die Sonntagsmatinee von Foxl ab 11.30 Uhr im Traditionskino „Schauburg“ in Buer empfohlen.

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Wer die Eintrittspreise nicht aufbringen kann, dem bietet „New Colours“ noch ein zweites Gratis-Konzert: Dieses findet am Samstag um 16 Uhr im Musiktheater im Revier am Kennedyplatz statt. Roger Hanschel & String Thing setzen mit Saxofon und Streichinstrumenten vor allem auf die Kunst des Improvisierens. Außerdem wurde das Projekt „Kultur-Pott Ruhr“ mit 100 Freikarten bedacht. Dieser Verein bietet Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, die Chance auf kulturelle Teilhabe.

Die letzten Vorbereitungen laufen derzeit auf Hochtouren. „Ich sehne mich danach, dass es endlich losgeht“, sagte Zimmermann am Dienstag. Zwar seien die vier Festivaltage für ihn und Pohlen stets eine Strapaze mit reichlich Schlafmangel. „Aber wenn es einmal läuft“, so Zimmermann, „dann ist es einfach nur noch wunderbar“.