Gelsenkirchen. Experten von der Westfälischen Hochschule und einer Gelsenkirchener Agentur erforschen, wie man mit Hilfe neuer Technik die Innenstädte belebt.
Um die Innenstädte im Land steht es nicht zum Besten: Nicht nur die Cities von Gelsenkirchen-Altstadt und -Buer haben zu kämpfen, der Trend ist in ganz Deutschland, und auch darüber hinaus zu beobachten. Läden schließen, Geschäftsleute wandern ab, Straßen veröden. Ein Patentrezept dagegen ist noch nicht gefunden worden. Jetzt arbeiten Wissenschaftler der Westfälischen Hochschule gemeinsam mit einer Ückendorfer Agentur an einem neuen Projekt. Ihr Ansatz: Augmented Reality.
Wenn Matthias Krentzek den Begriff Augmented Reality (AR) erklärt, dann fängt er meistens mit dem Spiel „Pokémon Go“ an – „darunter können sich viele Menschen etwas vorstellen“, sagt der Co-Inhaber der Agentur mxr storytelling, die an dem Projekt beteiligt ist. Vor einigen Jahren sah man viele vor allem junge Menschen mit ihrem Handy vor Augen durch die Stadt laufen, auf der Suche nach „Pokémon“: Auf dem Handydisplay sahen sie zum einen durch die Kamera das, war sich vor ihnen befand, allerdings rechnete die Software Figuren und Gegenstände ins Bild, die in Wirklichkeit gar nicht da waren. So erklärt sich auch der Name: Augmented Reality kann in etwa mit „Erweiterte Realität“ übersetzt werden.
Gelsenkirchener Hochschule beteiligt sich an dem Projekt
Damit kennt man sich bei mxr storytelling aus. Die Agentur mit Sitz an der Bochumer Straße, die unter anderem auch für das Virtual-Reality-Festival „Places“ verantwortlich ist, hat beispielsweise die App „Schalke erleben“ entwickelt: Damit kann man, mit einem Smartphone bewaffnet, durch Gelsenkirchen streifen und sich über Stationen der Schalker Vereinsgeschichte informieren. Die Augmented-Reality-Funktion sorgt dabei dafür, dass man etwa vor der Vereinsgaststätte an der Glückauf-Kampfbahn Ernst Kuzorra stehen sieht, der bereitwillig für ein Selfie zur Verfügung steht.
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Was das nun mit der Belebung der Innenstädte zu tun hat? Da kommen neben den Augmented-Reality-Spezialisten von mxr storytelling auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Westfälischen Hochschule ins Spiel. Gefördert mit Mitteln des Landes NRW erforschen die Fachbereiche Informatik und Wirtschaft der WH ab sofort und in den nächsten zwei Jahren gemeinsam mit mxr storytelling die Potenziale von Augmented und Mixed Reality für die Innenstädte im Land.
So könnte die neue Technik eingesetzt werden
„Dabei geht es nicht nur darum, zu schauen, was mit der bisherigen Technik machbar und sinnvoll ist“, sagt Matthias Krentzek: „Die Aufgabe besteht darin, die zukünftige Entwicklung der Technologie vorauszusehen und dafür entsprechende Anwendungen zu entwickeln.“ Getreu dem Namen seines Unternehmens hat Krentzek schon einmal eine Geschichte, eine Story geschrieben, die im Jahr 2028 spielt und die Anwendung von AR schildert.
Darin erzählt er, wie er in einer nicht näher benannten City ankommt, und sich mit einer AR-Brille auf den Weg macht. „Plötzlich erwacht die Innenstadt zu neuem Leben“, heißt es in der Geschichte. „An jeder Ecke gibt es etwas Neues zu entdecken. Das alte Kaufhaus zum Beispiel. Seit Jahren steht dieses riesige Gebäude leer, eigentlich ein trostloser Anblick. Aber beim Blick durch meine AR-Brille wird es von einer gigantischen digitalen Skulptur überlagert.“
Per Navi geht es zum richtigen Geschäft
Derart beeindruckt, möchte sich der Protagonist der Geschichte ein T-Shirt mit dem Kunstwerk drucken lassen: Diese Info findet er natürlich über die Brille. Sie zeigt ihm auch an, zu welchem Geschäft er laufen muss, um das T-Shirt zu bekommen, während er auf den Druck wartet, vertreibt er sich die Zeit mit AR-Erlebnistouren – das also, was man schon jetzt beispielsweise mit der Schalke-Erleben-App machen kann.
„Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig“, sagt Krentzek. „Im Grund geht es doch darum, all die Vorteile, die einem der Online-Handel bietet, auf den stationären Handel zu übertragen.“ Als Beispiel nennt er etwa einen „digitalen Spiegel“, wo Kundinnen und Kunden virtuell Kleidungsstücke anprobieren können.
Bei dem Projekt soll es allerdings nicht darum gehen, schon eine fertige Anwendung zu entwickeln, die nach Abschluss an den Start geht. Vielmehr soll im Laufe der nächsten beiden Jahre erforscht werden, was AR-Anwendungen leisten können – und welche überhaupt sinnvoll sind. Das Ziel ist aber klar: „Wir wollen Menschen wieder in die Innenstädte holen“, sagt Krentzek.