Gelsenkirchen. Von 1928 bis 1983 hieß es für Gelsenkirchener Kinder im Sommer: „Wir gehen nach Grimberg“. Erinnerung an ein allseits beliebtes Freibad.

Auch, wenn dieser Sommer zumindest bislang nicht allzu viel schöne Tage zu bieten hatte: Irgendwann reicht es für einen Freibadbesuch. Wer in Gelsenkirchen bleiben will, hat dazu drei Möglichkeiten: das Sportparadies, das Freibad im Revierpark und das altehrwürdige Jahnbad. Bis Anfang der 1980er-Jahre gab es noch eine weitere Option, und vielen älteren Gelsenkirchenern zaubert die Erwähnung dieses Namens noch immer ein Lächeln ins Gesicht: das Freibad Grimberg.

Jüngeren Menschen dagegen sagt dieser Name vielleicht nichts, daher erst einmal eine Verortung: Das Freibad Grimberg lag zwischen Emscher und Rhein-Herne-Kanal, gegenüber dem Hafen Grimberg, im Dreieck zwischen Bismarck, Erle und Wanne-Eickel. Heute ist davon nichts mehr zu sehen, dort, wo früher Schwimmer ihre Bahnen zogen, Kinder ihre ersten Schwimmversuche machten, Jugendliche in der Sonne lagen, wachsen heute Bäume, ist nichts mehr davon zu sehen, dass hier einmal ein Freibad war. 2014 hatte hier Orkan „Ela“ gewütet, zwei Jahre später wurden an selber Stelle 14.000 Bäume und Sträucher gepflanzt, die auch die letzten Spuren des ehemaligen Bades verwischten.

Emschergenossenschaft bietet der Stadt Gelsenkirchen ein Gelände an

Die halbe Stadt war da – zumindest vermittelt das Foto aus den 1950er-Jahren diesen Eindruck vom Freibad Grimberg.
Die halbe Stadt war da – zumindest vermittelt das Foto aus den 1950er-Jahren diesen Eindruck vom Freibad Grimberg. © WAZ FotoPool | Fremdbild

Dabei kann das Freibad Grimberg auf eine 55-jährige Geschichte zurückblicken. Gebaut wurde es nämlich schon weit vor dem Zweiten Weltkrieg. Es sollte das alte Freibad in Schalke-Nord in der Nähe des Stadthafens ersetzen, das durch Bergschäden in Mitleidenschaft gezogen worden war. Auf der Suche nach einer geeigneten Stelle wurden die Planer nördlich vom Kanal fündig: Die Emschergenossenschaft bot der Stadt im Jahr 1927 ein Gelände gegenüber dem Hafen Grimberg an. Damals war das knapp vor der Stadtgrenze: Erst ein Jahr später, 1928, sollten Gelsenkirchen und Buer vereinigt werden, der Stadtteil Erle, in dessen direkter Nähe das Freibad lag, gehörte 1927 noch zur eigenständigen Großstadt Buer.

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Das alles war den Badbesucherinnen und -besuchern vermutlich herzlich egal. Bereits im Sommer 1927 begannen die Arbeiten an dem neuen Freibad. Es entstanden drei voneinander getrennte Becken. Das 50 Meter lange Sportbecken hatte acht Bahnen und war 1,80 bis 2 Meter tief, an einer Kopfseite schloss sich das 4,50 Meter tiefe Sprungbecken an, der dazugehörige Sprungturm reichte bis zum „Zehner“. Das Sprungbecken war durch eine Mauer vom Sportbecken getrennt, auf der sich auch die Startblöcke befanden, allerdings konnte man unter Wasser vom einen ins andere Becken durchtauchen. Rund um das Sportbecken waren drei Tribünen angeordnet, auf denen 2500 Zuschauer Platz fanden. Im Jahr 1958 fanden hier sogar die Deutschen Schwimmmeisterschaften statt.

In diesem Becken haben viele Gelsenkirchener das Schwimmen gelernt

Da war die Zeit für Grimberg abgelaufen: Nach der Schließung wurde das Bad abgerissen.
Da war die Zeit für Grimberg abgelaufen: Nach der Schließung wurde das Bad abgerissen. © Fremdbild | Fremdbild

Das zweite Schwimmbecken war mit 50 mal 25 Metern zwar genauso groß wie das Sportbecken, dafür war es flacher: 0,50 bis 1,80 Meter Wassertiefe ließen zu, dass man zumindest an einem Ende noch stehen konnte. Das dritte, kleinere Becken war als Familien- beziehungsweise Planschbecken angelegt und lediglich 0,30 bis 1,30 Meter tief – zahlreiche kleine Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener dürften dort ihre ersten Schwimmversuche unternommen haben.

Um die Becken herum gab es einen großen Bereich zum Sonnen und Spielen, mit einer Rasenfläche und Sanddünen. Wer lieber im Schatten liegen wollte, fand (wenn es nicht zu voll war) einen Platz unter Bäumen. Begrenzt wurde das Freibadgelände durch die Emscher und den Hüller Bach sowie durch einen dichten Strauch- und Baumgürtel.

1983 war Schluss – ein Jahr später eröffnete ein anderes, bekanntes Bad

Heute erinnert nichts mehr an das Freibad: Im Jahr 2016 begann die Stadt, das Gelände wieder aufzuforsten.
Heute erinnert nichts mehr an das Freibad: Im Jahr 2016 begann die Stadt, das Gelände wieder aufzuforsten. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-B ning

Forscht man ein wenig im Internet, findet man immer noch viele Berichte von Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern über „ihr“ Freibad Grimberg: Meist schwingt dabei mindestens Nostalgie, oft aber auch Wehmut mit. Lothar Lange etwa hat auf der Seite „Kohlenspott“ einen längeren Beitrag zum Thema verfasst: „Den allergrößten Teil der Sommerferien verbrachten Gelsenkirchener Kinder im Freibad Grimberg, denn dat war einfach dat Größte“, schwärmt er und berichtet, wie sich schon auf dem Hinweg von Erle irgendwann „der Emschergestank mit dem Duft von Chlor und Sonnencreme“ vermischte, erzählt von der „Sandwüste“, die im Sommer unter den Füßen richtig heiß werden konnte, und natürlich vom stets belagerten Kiosk, wo man sich mit Eis und Pommes eindecken konnte.

Von seiner Eröffnung an war das Freibad nahezu in jedem Sommer geöffnet, selbst im Zweiten Weltkrieg, so steht es in alten Berichten zu lesen, war das Bad fast bis zum Schluss in Betrieb – und ging nur kurze Zeit nach Kriegsende wieder an den Start. 1983 endet allerdings die Geschichte von Grimberg. Das Freibad wurde geschlossen, als wenige Kilometer weiter westlich schon die Bauarbeiten am Sport-Paradies im vollen Gange waren: Das öffnete 1984 seine Tore – und war weit genug von der Emscher entfernt, als dass man den Fluss riechen konnte (diese Zeiten sind heute ja zum Glück vorbei). Das Freibad Grimberg lebt heute nur noch in der Erinnerung derer, die es einmal besucht haben – aber die werden es nicht vergessen.