Gelsenkirchen. Leider nur „halbherzig umgesetzt“: Warum ein Gelsenkirchener Vorzeige-Projekt lange auf die endgültige Fertigstellung warten muss.
Sie gilt als das Vorzeige-Projekt für Gelsenkirchen in Sachen Radverkehr: Vor etwas mehr als einem Jahr wurde die erste Fahrradzone der Stadt in Ückendorf eröffnet. Zeit genug also, dass sich alle Verkehrsteilnehmer schon einmal daran gewöhnen, ja, die Fahrradzone auch ausreichend nutzen konnten. Doch weiterhin gibt es Punkte, wo es hakt. Ein Beispiel: die immer noch fehlenden Piktogramme, aufgebracht auf die Fahrbahn, um die Einfahrten in die Fahrradzone zu kennzeichnen.
Vorzeige-Projekt für Gelsenkirchen leider nur „halbherzig umgesetzt“
Ortstermin mit Mitgliedern des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Gelsenkirchen: Dass ihre Idee, einen Teil Ückendorfs noch attraktiver für Radfahrerinnen und Radfahrer zu machen, umgesetzt wurde, freut sie heute noch. Dennoch üben sie auch Kritik: „Politisch war es sicherlich gut, dass die Idee aufgegriffen worden ist“, sagt Maja Tölke, erste Vorsitzende des ADFC Gelsenkirchen. Aber: „Aus unserer Sicht ist es halbherzig umgesetzt worden. Da geht noch was“, so Maja Tölke weiter.
Rückblick: Bereits im August 2020 war seitens des ADFC bei einem Stadtteilspaziergang die Idee einer Fahrradzone entstanden. Damals ging es darum, besonders aufmerksam darauf zu schauen, wo Fahrrad-Infrastruktur nicht oder kaum vorhanden oder im besten Fall ausbaufähig ist. Es sollte noch Jahre dauern, bis die Vision einer Zone nur für Fahrradfahrer endlich Wirklichkeit wurde. Nun liegt sie westlich der Bochumer Straße und östlich der Ückendorfer Straße, im Norden wird das Gebiet durch die Dessauerstraße und den Cramerweg, im Süden durch den Bühlweg begrenzt.
Gelsenkirchens erste Fahrradzone: „Bräuchte viel mehr Bodenmarkierungen“
Eine Änderung der Straßenverkehrsordnung ebenfalls im Jahr 2020 machte dies übrigens möglich: Kommunen können seitdem Fahrradzonen einrichten. Bedeutet: Ausgewiesene Straßen dürfen dann auch nur von Fahrrädern und Elektrokleinstfahrzeugen genutzt werden – andere Fahrzeuge müssen einzeln durch eine bestimmte Beschilderung zugelassen werden, so auch in Ückendorf. Weiterhin gilt innerhalb der Zone Tempo 30 und es darf mit dem Fahrrad nebeneinander gefahren werden.
ADFC-Mitglied Wolfram Schneider kritisiert: „Man bräuchte viel mehr Bodenmarkierungen, das braucht viel mehr Aufmerksamkeit.“ Und auch der Ückendorfer Günther Jahn, ebenfalls Mitglied des hiesigen ADFC und begeisterter Radfahrer, findet klare Worte: „Der Effekt könnte noch viel deutlicher sein. Das hier ist ein richtig innovatives Projekt – aber eigentlich ist wenig gemacht worden, um die Wahrnehmung dieser Fahrradzonen noch weiter zu unterstreichen.“
Fahrradzone könnte Menschen gezielt ins Quartier locken
Denn das sehen die ADFCler, die an diesem Tag zur Trinkhalle am Flöz gekommen sind, auch: Dass die Fahrradzone ja nicht nur eine Bedeutung hat und haben könnte für die Menschen, die in unmittelbarer Nähe zu ihr wohnen. Sondern auch für die vielen Radtouristen, die etwa die Fahrradtrasse der Kray-Wanner-Bahn oder auch zukünftig den RS 1 nutzen. Oder die Menschen, die zu den Veranstaltungen in der Kulturkirche Heilig Kreuz mit dem Rad anreisen, da Parkplätze im Umfeld bekanntlich Mangelware sind. Die Fahrradzone sei ein wichtiges Instrument, um die „Menschen ganz gezielt in diese Gegend zu locken“, sagt Günther Jahn. Und auch das: Dass die Idee auf Dauer ankomme und angenommen werde, da gebe es seitens des ADFC gar keine Bedenken.
Bereits im April dieses Jahres war die Fahrradzone erneut Thema in der Bezirksvertretung Süd. Da fragte der Grünen-Bezirksverordnete Jan-Philip Schaaf die Verwaltung, wann denn mit dem Erstellen der Piktogramme gerechnet werden könne. Schließlich, das geht aus der Vorlage hervor, seien 1000 Euro in städtischen Haushalt für das Jahr 2024 eingestellt worden.
Aus Kapazitätsgründen sollen die Piktogramme der Fahrradzone erst nach der EM aufgebracht werden, hieß es im Juni dann in der Antwort der Verwaltung. „Durch die derzeitigen Vorbereitungen zur Euro 2024 und aufgrund laufender Baumaßnahmen ist eine frühere Durchführung nicht möglich“, so die Begründung. Die vorbereitenden Arbeiten, etwa die Erstellung sowie Anordnung erforderlicher Planunterlagen, seien jedoch bereits erfolgt, auch die zur Markierung notwendigen Materialien seien ebenfalls geliefert worden.
Allerdings reiche das zur Verfügung gestellte Budget nicht aus, „da unter anderem neben den eigentlichen Markierungsarbeiten auch Demarkierungen sowie voraussichtlich kleinflächige Asphaltarbeiten erforderlich sind“, so die Verwaltung in ihrer Stellungnahme. Die fehlenden Kosten in Höhe von knapp 4000 Euro sollen aus zur Verfügung stehenden Mitteln des Radverkehrs kompensiert werden, heißt es.