Gelsenkirchen-Horst. Nach Anwohner-Klagen: Wann das Gutachten zur Geruchsbelästigung in Gelsenkirchen kommt. Fachleute warnen vor Gefahren für Gesundheit.
Fleisch-Geruch im Schlafzimmer, Fett- und Rußpartikel auf dem Auto, nächtlicher Lärm durch Unterhaltungen: Mehr als fünf Monate ist es her, dass die „dicke Luft“ in Horst für Ärger sorgte. Wie berichtet, klagten Anwohnerinnen und Anwohner im Präventionsrat über Emissionen durch drei Imbissbetriebe mit Holzkohlegrill-Anlagen. Die Stadt sagte damals zu, ein Gutachten in Auftrag zu geben, um zu überprüfen, ob das zulässige Maß an Geruchswahrnehmung überschritten wird. Was daraus geworden ist, sollen Interessierte bei der nächsten Sitzung am 16. Juli, 18 Uhr, im Pfarrsaal von St. Hippolytus erfahren. Sie werden womöglich enttäuscht sein.
Denn wie Stadtsprecher Martin Schulmann auf Nachfrage der Redaktion mitteilte, ist noch immer kein Gutachten beauftragt worden. Er begründet dies damit, dass „das Ausschreibungsverfahren leider noch immer nicht abgeschlossen werden konnte.“ Hintergrund sei ein unerwartet hoher Zeitaufwand bei der Auswahl geeigneter Ingenieurbüros, die ein Angebot abgeben können, so Schulmann weiter.
Stadt Gelsenkirchen: Personelle Engpässe trugen mit zu Verzögerung der Gutachten-Ausschreibung bei
„Ferner kam es durch personelle Engpässe in Kombination mit der Komplexität des Vergaberechts zu einer weiteren Verzögerung in der Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen.“ Wie es heißt, werde das Gutachten wohl erst Ende dieses Jahres vorliegen.
Wie berichtet, ist eine Geruchswahrnehmung von 876 Stunden pro Jahr bzw. 2,4 Stunden am Tag zulässig. Genannt wird dieser Grenzwert für Wohn- und Mischgebiete in der Neufassung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft). Falls ein Ingenieurbüro eine Überschreitung feststellen sollte, will die Verwaltung das Gutachten „verwaltungsrechtlich durchsetzen“, kündigte Emilia Brenk vom Umweltreferat im Februar im Präventionsrat an. Die drei Imbiss-Betreiber an der Essener/Burg-, Industrie- und Bottroper Straße müssten dann geeignete Maßnahmen umsetzen, die die Belästigungen „signifikant reduzieren“.
Gelsenkirchener Imbiss-Betreiber bedauern, dass sich Nachbarn belästigt fühlen
Möglich wäre dies etwa mit (Privat-)Investitionen der Betreiber in feinere Filteranlagen, die mehrere zehntausend Euro kosten. Die jetzigen Flammschutzfilter in den industriellen Abluftanlagen der Gastronomie halten laut Brenk bei regelmäßiger Reinigung lediglich Fettpartikel aus der Zubereitung effektiv zurück. Andere Partikel und Gerüche „rauschen vorbei“, erklärte sie damals. Holzkohlegrills sind von einem Großteil der Anforderungen aus der ersten Bundesimmissionsschutz-Verordnung ausgenommen. Die Abluftanlagen müssen aber regelmäßig gereinigt und gewartet werden. Überprüft wird dies von der Stadt aber nur, wenn Beschwerden eingegangen sind.
Wie berichtet, hatten zwei Imbiss-Betreiber auf Nachfrage der Redaktion erklärt, ihre Anlagen funktionierten fehlerfrei und würden auch regelmäßig gewartet. Sie bedauerten, dass die Anwohner sich belästigt fühlen, bezweifelten aber Schäden auf den Autos durch Ruß und Fett.
Stadt Köln hat nach Gutachten die Stilllegung von fünf Holzkohlegrill-Anlagen verfügt
Der Ärger um Feinstaub-Emissionen durch Holzkohlegrill-Anlagen in Imbissen ist freilich keine Gelsenkirchener Spezialität. Auch in anderen Großstädten beschweren sich Anwohner. In Mannheim etwa klagen Nachbarn des historischen Marktplatzes im Zentrum seit Jahren über Belästigung durch Rauch. Dort wurde 2020 ein Gutachten in Auftrag gegeben mit dem Ergebnis, dass dort die Geruchshäufigkeit in Spitzen doppelt so hoch sei wie erlaubt. Sogar eine Bürgerinitiative hatte sich gegründet.
+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Gelsenkirchen verpassen? Dann können Sie hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren +++
Die Stadt Köln hat unterdessen durchgegriffen und in diesem Frühjahr fünf Restaurants die Stilllegung ihrer Grills in der Weidengasse verfügt. Auch dort hatte ein Gutachten 2021 festgestellt, dass die Betriebe die zulässigen Geruchsbelästigungen überschritten. Daraufhin hatten die Inhaber laut „Kölnischer Rundschau“ in neue Abluftreinigungsanlagen investiert. Ohne durchschlagenden Erfolg: Ein zweites Gutachten attestierte deren Wirkungslosigkeit. Und auch die Anwohner-Beschwerden hielten an. Nun befasst sich das Kölner Landgericht mit dem Fall.
Fachleute weisen auf gesundheitliche Gefahren durch Rauch hin
Abgesehen von der Belästigung durch Gestank und Rauchpartikeln, die sich in Horst laut Anwohnern sogar teils auf Autos abgelagert haben sollen, spielen nach Ansicht von Experten bei den Emissionen auch gesundheitliche Risiken eine Rolle. Wie der WDR berichtet, haben Wissenschaftler des Umweltbundesamtes und des Fraunhofer-Instituts festgestellt, dass der Rauch von Grillrestaurants unter anderem krebserregendes Benzol enthalten kann. Fachleute weisen auch auf erhöhte Gefahren für Asthmatiker duch den Rauch hin.
Videos und Bilder aus Gelsenkirchen finden Sie auch auf unserem Instagram-Kanal GEtaggt. Oder abonnieren Sie uns kostenlos auf Whatsapp und besuchen Sie die WAZ Gelsenkirchen auf Facebook.
Das Gutachten für die Geruchsbelästigung in der Horster City bleibt letztlich nicht die einzige Option, die Situation zu entschärfen. Im Februar wurde auch ein Runder Tisch mit Nachbarn und Gastronomen ins Leben gerufen, der geeignete Maßnahmen ausloten soll. Auch darüber soll im Präventionsrat am 16. Juli berichtet werden.