Gelsenkirchen-Horst. Nach Beschwerden über Döner-Geruch, Ruß auf Pkw und Lärm: Wie die Stadt Gelsenkirchen den Anwohnern im Stadtteil Horst helfen will.
Der Höhepunkt des Karnevals steht noch bevor, aber für etliche Horsterinnen und Horster ist schon lange vor Beginn der Fastenzeit am Aschermittwoch Schluss mit lustig. Bei der jüngsten Präventionsrats-Sitzung jedenfalls gingen die Wogen der Empörung hoch, als das Thema Emission durch Imbiss-Betriebe erörtert wurde. Fett und Ruß auf Autos, Grill-Geruch im Wohnzimmer, laute Gespräche im Freien: Die Anwohner haben es satt. Das hat auch die Stadt verstanden – und geht nun erstmals in Gelsenkirchen neue Wege.
Nicht zwei, wie ursprünglich berichtet, sondern drei Holzkohlegrill-Betriebe sind es, die den Zorn der Nachbarschaft auf sich ziehen, teilte Emilia Brenk vom Referat Umwelt mit. Zwei befinden sich im Abstand von rund 200 Metern im Kern der City von Horst-Nord (Industriestraße und Essener Straße), ein weiterer rund 800 Meter entfernt an der Bottroper Straße an der Grenze zu Gladbeck. Die Berschwerden jedoch sind alle ähnlich, wie die Wortmeldungen bei der Präventionsrats-Sitzung deutlich machten.
Gelsenkirchenerin klagt: Imbiss-Gäste sitzen bis spät in der Nacht auf dem Bürgersteig
„Es ist nicht nur der Geruch, der uns nervt. Wir finden auch richtige Schlacke auf dem Lack unserer Autos, wenn sie nahe dem Imbiss abgestellt sind. Sogar Löcher haben wir im Lack“, schimpfte eine Anwohnerin. Auch könne sie häufig nicht schlafen, „weil die Lokale so lange geöffnet haben und die Gäste bis spät in der Nacht auf dem Bürgersteig stehen, sitzen und sich laut unterhalten.“ Sie habe immer wieder Ärger mit ihnen, „weil ich regelmäßig abends aus dem Fenster rufe, dass ich Ruhe will.“
Ein anderer Anwohner der Essener Straße äußerte unterdessen Zweifel, dass die Filteranlagen in den Imbissen tatsächlich ordnungsgemäß ausgeführt bzw. gereinigt sind. Er legte verschiedene Fotos vor, auf denen grauer Rauch nicht nur senkrecht aus dem Kamin auf dem Dach des Betriebs an der Industriestraße abzieht. „Je nach Windrichtung verweht der Qualm auch in die angrenzenden Gärten oder wird auf den Boden gedrückt“, erzählte Helmut Zweck (77).
Gelsenkirchener Imbiss-Betreiber beteuern: Es ist alles rechtens
Wie berichtet, hatten zwei Betreiber auf Nachfrage der Redaktion erklärt, die Anlagen funktionierten fehlerfrei und würden auch regelmäßig gewartet. Das bekräftigte einer auch noch einmal bei der Präventionsrats-Sitzung. „Ich kann die Rechnungen für die Wartungen, die wir vier bis fünfmal im Jahr in Auftrag geben, gerne vorlegen“, erklärte Ümit Ulu, Inhaber des Holzkohlegrills Abant an der Essener Straße 5.
Er bedauerte, dass die Anwohner sich belästigt fühlen, bezweifelte aber, dass es durch Ruß und Fett zu Schäden auf den Autos komme. Sein Fahrzeug stehe auch mitunter zehn Stunden vor dem Imbiss und zeige keinerlei Emissionsspuren, beteuerte er.
Gelsenkirchener Umweltamt: Anwohner müssen gewisse Geruchsbelästigung hinnehmen
Dass die Gastronomen „etwas Illegales machen“, diesen Eindruck versuchte nicht nur Präventionsrats-Vorsitzender Hans-Georg Kouker zu zerstreuen. Auch Emilia Brenk vom Umweltreferat betonte: „Auch wenn die Mindeststandards eingehalten werden, kann es zu Geruchsbelästigungen kommen.“ Das Problem sei eben, dass Holzkohlegrills zwar ein anderes Emissionsverhalten als etwa Gas- oder Stromgrillplatten hätten. Immissionsschutzrechtlich würden sie jedoch gleichbehandelt.
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Der Flammschutzfilter in den industriellen Abluftanlagen in der Gastronomie halte bei regelmäßiger Reinigung lediglich Fettpartikel aus der Zubereitung effektiv zurück. „Andere Partikel und Gerüche rauschen vorbei“, räumte Emilia Brenk. Die Verwaltung gehe zwar jeder Beschwerde nach und überprüfe die Situation vor Ort. „Aber wir haben keine Möglichkeit, die Imbisse zu einer Rauchgasreinigung zu verpflichten, die um die 40.000 Euro kostet.“ Außerdem müssten Anwohner gewisse Geruchsbelästigungen hinnehmen.
Runder Tisch soll Gelsenkirchener Anwohner und Gastronomen zusammenbringen
Dennoch will man die Nachbarn buchstäblich nicht im Döner-Qualm stehen lassen: „Wir haben uns entschieden, ein Gutachten in Auftrag zu geben, um zu überprüfen, ob das zulässige Maß an Geruchswahrnehmung von 876 Stunden pro Jahr bzw. 2,4 Stunden pro Tag überschritten wird“, kündigte sie unter Applaus an. Ein derartiges Gutachten für einen niedrigeren fünfstelligen Betrag habe ein Ingenieurbüro etwa im Auftrag der Stadt Mannheim erstellt, wo es zehn solcher Imbisse in der City gebe.
Dass die Analyse nicht automatisch zur Lösung des Problems führen wird, machte Brenk freilich ebenso klar. „Wir müssen mit der Möglichkeit rechnen, dass die Emissionen unterhalb der Grenze von zehn Prozent der Jahresstunden liegen. Aber angesichts der langen Öffnungszeiten von 12 bis 23 Uhr rechne ich uns gute Chancen aus.“
Und falls nachgewiesen wird, dass das zulässige Maß an Geruchswahrnehmung überschritten wird? „Dann werden wir das Gutachten verwaltungsrechtlich durchsetzen“, kündigte Brenk an. Die Imbiss-Betreiber müssten dann geeigente Maßnahmen umsetzen, die die Belästigungen „signifikant reduzieren“.
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Das Gutachten bleibt letztlich aber nicht die einzige Option, die Situation zu entschärfen: Auf Anregung eines Anliegers wird ein Runder Tisch ins Leben gerufen, an dem sowohl Nachbarn als auch die Gastronomen selbst ausloten sollen, welche Maßnahmen sonst geeignet sind.