Gelsenkirchen. An der Haltestelle „Veltins Arena“ soll es in Zukunft für alle komfortabler zugehen. Nur wie genau soll der Umbau hier in Gelsenkirchen ablaufen?

Endstation, Willy-Brandt-Allee: Wer zum Beispiel aufgrund einer Gehbehinderung schlecht Treppen steigen kann und mit der Bahn unterwegs ist, der muss derzeit eine Station vor bzw. nach der Veltins Arena aussteigen, um zum Stadion zu gelangen. Aber die Durchsage, mit der die Fahrgäste auf die mangelnde Barrierefreiheit der Arena-Haltestelle hingewiesen werden, darf voraussichtlich bald im Audio-Archiv landen: Die Große Koalition aus SPD und CDU in Gelsenkirchen hat jetzt erfolgreich beantragt, dass der barrierefreie Ausbau der Haltestelle mit Fördermitteln endlich vorangetrieben werden soll.

Möglich werden soll der Ausbau durch Mittel vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR). Die Stadtverwaltung hat im vergangenen Hauptausschuss den Auftrag von der Politik erhalten, die entsprechenden Gelder zu beantragen. Wie viel das kosten soll, ist noch nicht klar, allerdings soll die Maßnahme nach Wunsch der Politik zu hundert Prozent, also ohne Eigenbeteiligung der Stadt, gefördert werden. Vor der Kostenaufstellung muss geklärt werden, wie genau die Haltestelle barrierefrei werden kann – eine Frage, mit der man sich in Gelsenkirchen schon seit langer Zeit befasst.

Barrierefreier Ausbau der Haltestelle „Veltins Arena“ wird schon lange diskutiert

Über einen rollstuhlgerechten Umbau der Haltestelle wird seit Jahren ohne Ergebnis diskutiert. Die Grünen-Fraktion nutzte deshalb den („ausdrücklichen begrüßenswerten“) Antrag der GroKo, um noch mal einen kritischen Blick zurückzuwerfen. So sei der barrierefreie Ausbau beispielsweise bereits 2018 als Zielvereinbarung im Haushalt formuliert worden. Dass es sechs Jahre gebraucht habe, um jetzt „überhaupt die Finanzierungsoption“ für einen Ausbau zu finden, sei ein „fatales Signal gegenüber den Menschen unserer Stadt, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind“, sagte die grüne Co-Fraktionsvorsitzende Adrianna Gorczyk, die zudem wissen wollte, warum sich die Stadt bislang nicht selbst proaktiv um entsprechende Fördermittel beworben habe.

Haltestelle Veltins Arena: nur per Treppe zu erreichen und nicht barrierefrei.
Haltestelle Veltins Arena: nur per Treppe zu erreichen und nicht barrierefrei. © Funke Foto Services GmbH | Olaf Ziegler

Untätigkeit wollte sich Stadtbaurat Christoph Heidenreich, der Ende 2019 ins Amt startete, nicht vorwerfen lassen. Man habe „intensiv gesucht“ nach einer Lösung für die Veltins Arena, behauptete er. „Verschiedenste Varianten waren im Gespräch, von Vertikalaufzug bis Schrägaufzug.“ Leider habe es sich jedoch nicht ergeben, „dass auch nur eine dieser Optionen ansatzweise umsetzbar gewesen wäre, ohne massive Einschränkungen in den Durchgangsbreiten hinnehmen zu müssen.“ Kompliziert sei die Planung, weil weder die Bahnsteige noch die Zugänge einfach so verbreitert werden könnten.

Wie das Problem nun gelöst werden könnte, – ob also weitere Brückenbauwerke, neue Bahnsteige oder eine Verlegung von Gleisanlagen der Weg seien – das müsse jetzt in einer Machbarkeitsstudie im Rahmen der Förderung erarbeitet werden. „Wenn es so einfach wäre, hätten wir es schon längst umgesetzt“, so Heidenreich, der eine Frage der AfD nach potenziellen Kosten damit beantwortete, dass er mehr als einen einstelligen Millionenbetrag erwarte. Ob das dann tatsächlich zu hundertprozentig aus Fördertöpfen, also völlig ohne städtische Eigenmittel, finanziert werden könne, müsse allerdings erst noch geprüft werden.

Gelsenkirchens Ex-Oberbürgermeister Oliver Wittke hatte seine Finger im Spiel

„Natürlich gab es immer den politischen Willen, die Haltestelle behindertengerecht zu ertüchtigen“, betonte der Fraktionschef der SPD, Axel Barton. Man sei aber nun in der glücklichen Situation gewesen, dass Gelsenkirchens ehemaliger Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU), heute Vorstandssprecher beim VRR, selbst gezielt auf die Politik zugegangen sei, um die Förderfähigkeit des barrierefreien Ausbaus der Arena-Haltestelle ins Spiel zu bringen. „Das sollten wir doch alle positiv zur Kenntnis nehmen und uns letztendlich freuen“, meinte Barton. Auch die verkehrspolitische Sprecherin der CDU, Laura Rosen, freute sich. „Barrierefreiheit ist ein zentraler Bestandteil unserer Verkehrspolitik, und mit diesem Projekt machen wir einen großen Schritt nach vorne.“

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Trotzdem stellte sich für Gorczyk von den Grünen weiterhin die Frage, warum es überhaupt den Antrag der GroKo brauche und die Stadt nicht selbst auf die Idee gekommen sei, die VRR-Förderung für ein so lange diskutiertes Thema wie den Umbau der Arena-Haltestelle heranzuziehen. Schließlich habe die Stadt an anderer Stelle – nämlich für den barrierefreien Ausbau von Bushaltestellen – längst Gelder aus dem VRR-Topf beantragt. Man sei bei den Vorplanungen in Sachen Veltins Arena noch nicht so weit gewesen, war dazu die Antwort des Stadtbaurats. Es handele sich um einen komplizierten Antrag, der gut vorbereitet werden müsse.

Aber ist das alles überhaupt nötig? Marc Meinhardt von der Ratsgruppe der PARTEI plädierte jedenfalls dafür, Menschen mit Behinderung einfach per Sonderbus ins Stadion zu bringen, wenn ein Großevent in Gelsenkirchen ansteht (so wie jetzt zu den vier EM-Spielen). Förderung hin oder her - das sei sicher viel pragmatischer und günstiger als ein millionenschwerer, komplizierter Ausbau der Haltestelle. „Entschuldigung für die Realpolitik!“, trotzte der Satiriker.