Gelsenkirchen. Falsche Angaben machen Stromzähler fast nie, sagt die ELE Verteilnetz. Aber wenn die Geräte komplett ausfallen? Das erlebt ein Gelsenkirchener.

Als Johannes Seidel von seinem Stromversorger aufgefordert wurde, den aktuellsten Zählerstand zu melden, da wartete im Keller eine böse Überraschung auf ihn – nicht etwa, weil der Zähler einen viel zu hohen Verbrauch signalisierte, sondern weil dieser überhaupt nichts mehr anzeigte. „Der Bildschirm war nur noch grau“, erinnert sich der 67-Jährige. Nach einem – mit langen Wartezeiten verbundenen „Telefonmarathon“ – fand Seidel dann heraus: Da scheint es ein grundsätzliches Problem mit einigen Zählern in Gelsenkirchen zu geben.

„Mir wurde beim Kundenservice gesagt, dass da eine fehlerhafte Charge geliefert wurde“, erzählt der Bismarcker verärgert. „Aber darüber ist hier keiner informiert worden.“ Eigentümergemeinschaften mit 28 Wohneinheiten gebe es hier an der Marschallstraße in Gelsenkirchen-Bismarck. Und alleine hier seien jetzt schon fast zehn defekte Zähler aufgefallen.

ELE-Sprecher: „Deutlich mehr Defekte als gewohnt“

Das Problem ist bei dem Netzbetreiber, der ELE Verteilnetz GmbH (EVNG), bekannt. Seit dem 1. Quartal 2024 seien „vermehrt Ausfälle zu verzeichnen“, sagt Sprecher Peter Efing auf Nachfrage. Dabei geht es um Geräte, die seit Winter 2021/2022 in Gelsenkirchen eingebaut werden. Darunter sei in der Tat eine Charge gewesen, „bei der es deutlich mehr Defekte gibt, als wir das in der Vergangenheit gewohnt waren“, muss Efing eingestehen. Dennoch handele es sich um einen „niedrigen, einstelligen Prozentbereich“ der seitdem eingebauten Zähler. Absolute Zahlen zu den betroffenen Haushalten könne man nicht nennen.

ELE-Sprecher Peter Efing: „Deutlich mehr Defekte als gewohnt.“
ELE-Sprecher Peter Efing: „Deutlich mehr Defekte als gewohnt.“ © Andre Schuster

„Es ist nicht so, dass alle Zähler dieser Charge berechenbar ausfallen. Wir kommen in Häuser, wo von zwölf Zählern einer ausgetauscht werden muss“, berichtet Efing. Deshalb habe man bislang auch davon abgesehen, alle Kunden zu informieren, die in den letzten zweieinhalb Jahren einen neuen Zähler bekommen haben. Wo es Defekte gibt, werde man so schnell wie möglich tätig.

Wichtig ist Efing zu betonen, dass es keine Hinweise dafür gibt, dass die anfälligen Zähler falsche Daten übermitteln, also einen zu hohen oder zu niedrigen Verbrauch anzeigen. „Solche Fehler kommen grundsätzlich so gut wie überhaupt nicht vor“, sagt er. Das ausfallende Display sage nichts darüber aus, dass der Zähler auch anderweitig falsch arbeite. „Zähler zählen richtig“ – das gelte auch weiterhin. Oder eben: Sie zählen gar nicht mehr.

Schätzung des Verbrauchs: Gelsenkirchener ist skeptisch

Für Gelsenkirchener, die auf Nummer sicher gehen wollen und seit Ende 2021 einen neuen Zähler eingebaut bekommen haben, könnte sich deshalb ein regelmäßiger Kontrollgang in den Keller lohnen, um etwaige Ausfälle frühzeitig zu bemerken oder Zählerstände zu sichern. Johannes Seidel dagegen hatte seinen Verbrauch nicht einmal notiert, seitdem sein neuer Zähler eingebaut wurde. Aktuelle Daten über seinen Verbrauch fehlen ihm. „Was soll ich jetzt meinem Versorger mitteilen?“, fragt er. Seine Sorge: Dass der Verbrauch jetzt viel zu hoch geschätzt wird, wo sein Zähler keine Information mehr ausspuckt. „Händisch geschätzt“ werde der Verbrauch jetzt, habe man ihm bei der ELE mitgeteilt. „Was soll das bitte heißen?“

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„Das mit der händischen Schätzung ist vollkommener Unsinn“, sagt dagegen Peter Efing. Da sei ihm etwas völlig Falsches mitgeteilt worden. „Der Verbrauch wird rechnerisch ermittelt. Und das machen wir nicht nach Regeln, die wir uns ausgedacht haben, sondern nach gesetzlichen Vorschriften.“ Man könne auch Verbrauchsdaten vor dem Einbau des neuen Zählers heranziehen. Zudem werde der Versorger – im Fall Seidel sind das die Düsseldorfer Stadtwerke – per „automatisierten Prozess“ darüber informiert, dass ein defekter Zähler vorliegt und ein neuer eingebaut werden soll.

Kundenservice bei Gelsenkirchens Netzbetreiber: Lange Wartezeiten bei der EVNG

Johannes Seidel ist noch skeptisch, dass jetzt alles glatt laufen wird. Schließlich seien auch seine jüngsten Erfahrungen mit dem EVNG-Kundenservice nicht gerade die freudigsten gewesen („Man wartet stundenlang“). Immerhin einen Termin für den Zähleraustausch hat er mittlerweile bekommen: Mitte Juli soll es so weit sein – etwa fünf Wochen, nachdem Seidel den Fehler erstmals gemeldet hatte.

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In der Tat würde es aktuell „einen Tacken zu lange“ für Termine zum Zählerwechsel dauern, gesteht Efing ein. Man könne die Termine nur „in der Reihe und sortiert nach Stadtteilen abarbeiten und planen.“ Der telefonische Kundenservice sei hingegen besser geworden, technische Probleme seien behoben worden. „Auf Anhieb kommt man nicht durch, aber die Zeiten, in denen man uns fast gar nicht erreichen konnte, die sind vorbei.“