Gelsekirchen. Ein gebrochenes Einzelradfahrwerk brachte die Straßenbahn 302 am Freitag zum entgleisen. Warum dies passierte, ob durch einen Gegenstand auf dem Gleis oder wegen Materialversagens, ist unklar. Eine Unfallbeteiligte widerspricht dem Verkehrsunternehmen hinsichtlich Passagierzahl und Ausmaß.
So einen Unfall hat es bei der Bogestra noch nicht gegeben. Nach der Entgleisung der Linie 302 im Tunnel zwischen Hauptbahnhof und Heinrich-König-Platz am Freitag, 29. August, tappen die Verantwortlichen buchstäblich im Dunkeln. Die Unfallbahn steht auf einem Kehrgleis und muss erst ans Tageslicht befördert werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Unfallzeugin Maria Metzlaff hat sich bei der WAZ gemeldet und widerspricht den Aussagen der Borgestra. „Ich dachte, ich lese Grimms Märchen, als ich die Zeitung aufgeschlagen habe“, sagt Maria Metzlaff verärgert. Drei Tage nach dem Unfall ist die 68-Jährige noch immer sichtlich bewegt. Die Anzahl der Fahrgäste, die die Bogestra bei einem Pressetermin weiter mit etwa ein Dutzend beziffert, kann sie nicht bestätigen. Metzlaff: „Allein in meinem Umfeld saß diese Zahl. Insgesamt waren etwa 50 Personen in der Bahn.“ Ihr Mann habe einen Sitzplatz ergattert, sie selbst hätte stehen müssen.
Bogestra-Sprecherin Sandra Bruns stützt die Zahl wiederum auf eine andere Zeugenaussage und Angaben des Fahrers. Die Zahl 50 sei für die Uhrzeit, der Unfall ereignete sich um 10 Uhr, ungewöhnlich. Der Fahrer stand jedoch unter Schock und wird durch die Bogestra gezielt betreut.
Einzelradfahrwerk ließ Bahn entgleisen
Für die Insassen muss das Bild schlimm gewesen sein. „Ein älterer Mann lag auf dem Boden, dem hätte ich gern geholfen“, sagt Metzlaff, die sich aber um ihren behinderten Mann kümmern musste und selbst nur drei Prozent Sehkraft hat. Metzlaff: „Mein Mann hat am ganzen Körper gezittert.“ Viele Passagiere seien durch Stürze verdreckt gewesen und es habe im Tunnel nach Qualm gerochen. „Das könnte am Bremsmanöver gelegen haben“, so Metzlaff. Lobende Worte findet die Stammkundin für die schnelle Hilfe der Bogestra-Mitarbeiter. Insgesamt wurden laut Unternehmen fünf Personen leicht verletzt. Sandra Bruns: „Eine Frau ist noch im Krankenhaus, alle anderen zuhause.“
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Maria Metzlaff sei bei Einfahrt der Bahn (Baujahr 1994) ein Geräusch aufgefallen, das sie als „schleifend und knirschend“ beschreibt. Sprecherin Bruns sei hingegen nur ein lautes, knallendes Geräusch bekannt. Auch über das Ausmaß im Waggon gehen die Aussagen auseinander. „Der Boden ist an mehreren Stellen aufgebrochen, das Gelenk sogar ganz gebrochen“, schildert Metzlaff ihre Sicht. Es habe sich ein etwa 40 Zentimeter langer Holzkeil in die Bahn geschoben. „Der Fußboden ist nur partiell beschädigt“, widerspricht Arndt Hartmann, Bogestra-Fachbereichsleiter für Schienfahrzeuge. Das Holzstück sei deutlich kürzer.
Fest steht, dass ein Einzelradfahrwerk die Bahn entgleisen ließ. Ob äußere Einflüsse, etwa ein Gegenstand, oder ein Schaden am Bauteil ursächlich ist, ist unklar. Der Wagen soll bis Ende der Woche über einer Grube begutachtet werden. „Eine derartige Bergung ist für uns Neuland“, so Felix Wißner. Hartmann ergänzt: „Erst dann haben wir die Chance, belastbar zu prüfen.“ Schienen, Gleisbett und Geschwindigkeit schließt die Bogestra als Ursache aus. Das Höchsttempo der Bahn betrage 70 Stundenkilometer, erlaubt sind im Tunnel bis zu 80.