Gelsenkirchen. Auszubildenden beschert der Lockdown hohe Hürden bei den bevorstehenden Prüfungen. Drei Berufskollegschüler vom Goldberg berichten.
Christin (20) hat es gerade hinter sich, erfolgreich. In der vergangenen Woche hat die Schülerin des Berufskollegs am Goldberg ihre mündliche Prüfung vor der Kammer abgelegt, die schriftlichen Prüfungen hat sie bereits Ende November hinter sich gebracht, kurz vor dem Lockdown. Das mündliche Ergebnis kennt sie noch nicht, schriftlich ist es eine "2" geworden. Und das trotz verkürzter Ausbildungszeit.
Schriftliche Prüfung kurz vor dem Lockdown
Christin arbeitet jetzt als Industriekauffrau bei den Stadtwerken Gelsenkirchen, im Einkauf. "Wir sind ja auch für Zoom, Gelsendienste Bäder und Gelsennet zuständig. Von daher bestelle ich alles, von Diesel bis Tierfutter", erzählt sie. Dass sie es trotz Lockdown plus verkürzter Lernzeit geschafft hat, führt sie auch auf ihre guten Voraussetzungen zurück. "Die Schule war wirklich sehr bemüht, mein Arbeitgeber auch und ich bin digital gut ausgestattet", räumt sie ein. Nach der Zwischenprüfung musste sie sich entscheiden, ob sie die Ausbildungszeit verkürzen will. Nach einem Gespräch mit der Lehrerin habe sie sich dafür entschieden.
"Stoff selbst zu erarbeiten, gehört dazu"
Rücksicht auf die Corona-Situation habe es beim Prüfungsstoff nicht gegeben, ist sie überzeugt. Es sei manches dabei gewesen, das im Lockdown nicht durchgenommen wurde. "Aber das passiert bei der verkürzten Ausbildung ja sowieso, dass man Stoff selbst erarbeiten muss", gibt Christin zu bedenken.
Großer Druck bei Ausbildung in Arztpraxen
Zoe Parske (22) hat als Abiturientin ebenfalls ein Ausbildungsjahr übersprungen. Sie steht jetzt vor den Prüfungen zur Medizinischen Fachangestellten; im April schriftlich, im Juni mündlich. Sie arbeitet in einer Facharztpraxis für Gynäkologie. Im ersten Lockdown musste sie, wie ihre Klassenkameraden auch, an den eigentlichen Berufsschultagen arbeiten und die für den Distanzunterricht gedachten Aufgaben nach Feierabend erledigen. Was nicht immer zum optimalen Lernergebnis führte.
Drei Monate Unterricht fehlen, plus Verkürzung
"Die ärztlichen Arbeitgeber hatten damals darauf gedrängt, dass wir arbeiten kommen. Ich kann das auch verstehen, vor allem die Praxen der Allgemeinmediziner standen und stehen wirklich sehr unter Druck. Aber für uns war das schon auch anstrengend", erinnert sich Zoe. Sie selbst war nur zwei Wochen in Quarantäne, weil es in ihrer Klasse einen Covid-19-Fall gab, in der Praxis aber war niemand betroffen. Insgesamt aber fehlen ihr mindestens drei Monate Unterricht -- plus Verkürzung.
Präsenzunterricht am liebsten ab morgen
"Ich würde mir wünschen, dass ab morgen wieder Präsenzunterricht möglich ist. Aber ich rechne nicht einmal nach dem 14. Februar damit, jedenfalls nicht komplett. Wir sind eine große Klasse mit fast 30 Schülern, da kann bestenfalls die Hälfte kommen. Das bedeutet die Hälfte der Zeit Präsenzunterricht", fürchtet sie. Aber das wäre besser als nichts, betont sie.
Deutliche Unterschiede bei Lehrern im Distanzunterricht
Im Distanzunterricht gebe es bei den Lehrern schon einen unterschiedlichen Umgang. Die einen machen Videokonferenzen, bei denen auch Themen besprochen werden können, andere schicken nur Aufgaben. Außerdem sind auch mehrere Klausuren wegen des Lockdown ausgefallen, was die Selbst-Überprüfung erschwert.
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Christian (19), wie die anderen beiden Schüler des Berufskollegs am Goldberg, macht seine Ausbildung als Industriekaufmann bei Gelsenwasser. Auch er hat die Prüfungen im April/Mai und Juni noch vor sich. Er arbeitet sehr viel im Homeoffice ("das läuft bei Gelsenwasser sehr gut!"), und auch in der Schule hat er viel Wechselunterricht mit nur einem Tag Präsenz in der Schule mitgemacht. "Aber das hat gut funktioniert, vor allem in den Hauptfächern", versichert er. Allerdings ist auch er digital sehr gut ausgestattet. Mit Sonderregeln bei den Prüfungen rechnet er nicht. Es werde von der Kammer wohl nach normalem Lehrplan geprüft.
Hoher Anteil von Absolventen an Berufskollegs
An Berufskollegs ist die Zahl der Absolventen alljährlich besonders hoch. Der Grund sind die verschiedenen Bildungsgänge mit sehr unterschiedlichen Abschlussoptionen sowie die einjährigen Ausbildungsgänge. Gut 2200 Schüler besuchen allein das Berufskolleg am Goldberg derzeit, davon knapp 1400 als Berufsschüler in Teilzeit und gut 700 in Vollzeit.
Zahlreiche Prüfungstermine im April und Mai
Ralf Niebisch wird am Goldberg ebenso wie die Beruflichen Gymnasialzweige der Berufskollegs Königsstraße und Gestaltung und Technik Ende April/Anfang Mai die Abiturprüfungen im Haus haben. Ebenfalls im April und Mai stehen schriftliche Prüfungen für Berufsausbildungen an. Hinzu kommen Absolventen, die die Fachhochschulreife anstreben oder einen qualifizierten Abschluss nach Klasse 10.
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