Gelsenkirchen. Landeswissenschaftsministerin Svenja Schulze zeichnet die Schule am Freitag für ihre Teilnahme am Talentscouting-Programm aus.
Noch immer machen Akademikerkinder mehr als Dreiviertel der Studierenden aus. Mit seinen Talentscouts möchte das NRW-Zentrum für Talentförderung dem etwas entgegensetzen. Entstanden ist die Idee 2010 an der Westfälischen Hochschule (WH) Gelsenkirchen, seit 2011 sind die Talentsucher, Scouts genannt, unterwegs an Schulen – und werden fündig.
Seit Januar beteiligt sich auch die Gesamtschule Ückendorf (GSÜ) an dem Projekt. Svenja Schulte, Wissenschaftsministerin des Landes, kam deshalb am Freitag eigens vorbei, um die GSÜ als Talentschule auszuzeichnen. Nebenbei nutzte sie die Chance, mit den teilnehmenden Schülern über ihre Erfahrungen zu sprechen.
Sprung an die Hochschule geschafft
Zwei der Schülerinnen haben bereits den Sprung an die Hochschule geschafft. Büsra (20) studiert Molekularbiologie an der WH, sie bringt dort gerade die Einstiegsakademie hinter sich und plant schon ein ganzes Stück weiter: „Nach der Bachelor-Arbeit möchte ich mich spezialisieren. Auf Biomedizin, Humangenetik.“
Leylas (19) Mutter wollte eigentlich, dass sie Jura studiert. Nach mehreren Gesprächen mit Seren Başoğu, die als Scout der WH die Talente der GSÜ betreut, hat Leyla sich entschieden, doch ihrem Wunsch zu folgen und Lehrerin zu werden. Gerade in dieser unsicheren Zeit hat sie sich über die Unterstützung gefreut, weil sie sich auch Sorgen wegen ihres Kopftuchs und der Debatten, die immer wieder darüber aufkommen, machte. „Aber ich freue mich darauf, an den Schulen etwas weitergeben zu können.“
Ausbildung oder Studium nach der Schule?
Die neuen Talente der Jahrgangsstufe zwölf sind noch unsicher: Soll es ein Studium werden oder doch besser eine Ausbildung?
„Ich würde da ganz entspannt sein“, sagt Suat Yilmaz, stellvertretender Leiter des Talentzentrums. „Eine Ausbildung ist genau so gut und wichtig. Und es heißt nicht, dass man danach nicht doch noch studieren kann.“ Zwischen den Scouts und Schülern entsteht eine enge Bindung, denn mit einem Beratungsgespräch ist es nicht getan. Die Scouts begleiten die Schüler später oft bis über den Berufseinstieg hinaus. Das Ergebnis der Beratung ist offen, ein Studium nicht verpflichtend.
Vielmehr geht es darum, dass die Schüler ihre Talente und Träume entdecken. Seren Başoğu schwärmt: „Wenn jemand mit Herzblut dabei ist und das Richtige findet, ist das unglaublich energiestiftend – auch für den Scout“.
Und auch die Lehrer freuen sich über die Unterstützung. Nachdem sie ihre Schüler, die häufig mit Hauptschulempfehlung in der fünften Klasse an der Gesamtschule Ückendorf anfangen, erfolgreich bis zum Abitur begleitet haben, reichen ihnen die Informationen nicht, um ihnen einen einfachen Start an der Universität zu ermöglichen. Für diesen Schritt sind die Scouts ganz essenzielle Berater.
Nächstes Jahr wird das Projekt auf weitere sieben Hochschulen ausgeweitet.