Gelsenkirchen. 45 Imker halten in Gelsenkirchen aktuell 332 Völker. Pro Bienenvolk gibt es 20 bis 25 Kilo Honig. Doch den Tieren drohen viele Gefahren.
Bei den Bienen läuft der Lebensrhythmus im Kältemodus. Noch. In der Beute kommen die Tiere in der Wintertraube durch die kühle Jahreszeit. 8000, 9000 Bienen hocken auf einem dicken Haufen, halten so die Temperatur im Bienenstock hoch. „Aber jetzt werden die Völker schon wieder stark“, sagt Imker Lothar Langer. Zeitig im Frühjahr geht’s hinaus. Dann beginnt das große Summen und Sammeln. Und auch auf die Imker kommt dann wieder mehr Arbeit zu. Plus Aussicht auf Ernte: „In der Stadt sind die Trachtverhältnisse nicht ganz so optimal wie auf dem Land. Aber viele Grünflächen, Parks und große Friedhöfe sind gute Standorte“, meint Langer. 20 bis 25 Kilogramm Honig pro Bienenvolk sind zu erwarten. Im Durchschnitt.
45 Mitglieder hat der Imkerverein Gelsenkirchen. Zusammen halten sie aktuell 332 Völker. „Plus-minus 20“, sagt Fred Wagner. „Der Winter ist noch nicht um.“ Und Ausfälle sind wahrscheinlich. Wagner ist 2. Vorsitzender des Vereins, Langer seit ein paar Wochen der neue erste Vorsitzende und Nachfolger von Hubert Plum, der zum Ehrenvorsitzenden ernannt wurde.
An diesem Abend sitzen sie in der Imkerschule an der Kirchhellenstraße zur ersten Vorstandssitzung zusammen. Mit dabei: Kassierer Wolfgang Fuchs, die Beisitzer Andreas Hörne und Tierarzt Hauke Holdefleiss, dazu noch Schriftführer Wolfgang Seckler. Alle sind sie Imker und, so verstehen sie sich, auch Sachwalter der Natur. „Je weniger Hobbyimker wir haben, desto weniger werden unsere Pflanzen bestäubt“, sagt Langer und setzt noch einen drauf: „Ich behaupte, die Biene ist das wichtigste Tier, das unser Leben und die Natur sichert.“
Die kleinen Summer kurbeln die Wirtschaft an
Der Nutzwert der Bienen für Landwirtschaft und Obstbau liegt nach Schätzungen der Imker „allein in Deutschland bei bis zu vier Milliarden Euro. Die kleinen Summer kurbeln mit ihrem Bestäubungsfleiß nicht nur die Wirtschaft an, sie helfen auch der Natur bei Blüte und Frucht auf die Sprünge. „Ich bin vor fünf Jahren umgezogen mit meinen Bienen“, sagt Seckler. „Die Gärten rundum sind danach förmlich explodiert.“
Seit 1909 gibt es den Imkerverein. Seit 35 Jahren werden hier auch angehende Hobbyimker ausgebildet. Ein Kurs ist gerade angelaufen. „Wir könnten noch etliche Imker gebrauchen“, steht für die Vereinsmitglieder fest. Zu Sachkenntnis, Fleiß und Zeit braucht es anfangs allerdings auch einiges an Investitionen. Ausrüstung und Bienenstöcke kosten, pro Volk ist man zudem mit rund 200 Euro dabei. „Da steckt man schon eine Menge Geld rein“, sagt Fuchs.
Die „Belohnung“, also der Honigertrag bleibt auch im Hobby-Bereich. Zum Vergleich: „Ein Berufsimker braucht mindestens 300 Völker“, rechnet Holdefleiss. Das reiche gerade als Existenzgrundlage. 2015 war die Honigernte für die Gelsenkirchener Imker durchaus wechselhaft. „Wir hatten ein wunderbares Frühjahr, dann kam der heiße Sommer. Zeitweilig war es extrem trocken. Der Standort hat daher viel ausgemacht im letzten Jahr. Bei mir ist beispielsweise eine Tracht ausgefallen“, sagt Fuchs.
Winterbienen: sechs Monate Lebenszeit
Gibt es einen Typus, der besonders gut mit Bienen kann? In der Runde schütteln die Herren den Kopf. „Ein Imker sollte schon ruhig sein. Zumindest, wenn er an der Beute steht“, sind sie sich einig. „Ich finde, Imker pflegen einen besonderen Umgang mit der Natur. Das finde ich sehr positiv“, sagt Seckler. Und Fuchs ergänzt: Wir denken halt immer an unserer Tiere.“
Gerade einmal sechs Wochen lebt eine Arbeitsbiene im Sommer – dann hat sie sich buchstäblich zu Tode geschuftet. Winterbienen bringen es auf bis zu sechs Monate Lebenszeit. Jetzt wachsen die Völker wieder. Doch insgesamt, stellt Hauke Holdefleiss fest, sei die Zahl der Insekten stark rückläufig. Der Tierarzt nutzt dazu ein sehr lebenspraktisches Bild: „Das merkt jeder, der im Sommer über die Autobahn fährt. Die Windschutzscheibe bleibt sauberer als früher.“
Durchfall, Milben, oder, wie vorletztes Jahr in Heßler die Faulbrut, können den Bienen-Völkern zusetzen, vor allem aber wohl Umwelt-Gifte und Monokulturen in der industriellen Landwirtschaft. Holdefleiss: „Wenn im städtischen Bereich weniger Pestizide und Fungizide eingesetzt werden, ist das für uns Imker schon ein Vorteil.“