Gelsenkirchen-Buer.. Beate Pracht bietet mit den Tieren Wanderungen an, aber auch Therapien, die eine beruhigende Wirkung auf stressgeplagte Städter haben sollen. Für ihre tiergestützte Lamatherapie ist sie bereits mehrfach ausgezeichnet worden. Jetzt hat sie mit einer Kollegin einen gemeinnützigen Verein gegründet.
Diese Augen. Schwarz, kugelrund und irgendwie ein bisschen zu groß für dieses Gesicht. Wenn sie einen anschauen, hat man augenblicklich das Gefühl von Vertrautheit. Auch, wenn die erste Begegnung gerade Sekunden zurückliegt. „Diese Augen“, schwärmt auch Judith Zaremba.
Gerade hat sie die Bekanntschaft von „Dancer“ gemacht, einem neunjährigen Lama. Führt ihn Richtung Rungenberghalde. Das Tier trottet entspannt neben ihr her. „Die Augenwimpern“, sagt sie zwei Stunden später, „hätte ich auch gern“.
Riesige Bananenohren
Inzwischen hat die kleine Gruppe von Menschen samt Lamas den Gipfel erreicht. Wirft einen Blick auf das „Anden-Dorf“ Gladbeck, auf BP, die Schalke-Arena und Buer. Die Kulisse findet Familie Sieger, die für diese Tier-Tour aus Hilden nach Gelsenkirchen gereist ist, zwar spannend. Aber irgendwie faszinieren die sanften Tiere, deren ursprüngliche Heimat die Anden in Südamerika sind, mehr.
Diego hat seine riesigen Bananenohren gerade wieder nach vorne gedreht. Er lässt es sich gefallen, dass Petra Weber gerade an seinen Fell schnuppert. „Die stinken gar nicht“, stellt sie überrascht fest, als sie ihre Nase aus dem kuscheligen Fell herausbefördert. Diego schaut noch einmal kurz, senkt den Kopf und grast friedlich weiter.
Vor sieben Jahren ist Beate Pracht auf ihr erstes Lama gekommen. Die Diplom-Sportlehrerin, die damals in einer Hertener Klinik für Psychosomatik gearbeitet hat, wollte ihr Leben noch einmal umkrempeln. „Ich wollte die Natur in die Heilungsprozesse integrieren“, sagt sie.
Keine klassischen Kuscheltiere
Lamas haben sie fasziniert, weil sie einerseits keine klassischen Kuscheltiere sind, erst nach einer gewissen Zeit Nähe zulassen. „Für traumatisierte Menschen ist das wichtig“, sagt Beate Pracht. „Sie überschreiten keine Grenzen, lassen dem Menschen auch seinen Freiraum.“ Für ihre Arbeit mit kranken und behinderten Menschen sei das wichtig.
Von daher hat sie sich vor einigen Jahren auch gerne mit ihren Tieren auf dem Hof Holz angesiedelt. „Damals plante man dort eine Reittherapie zu etablieren. Das hätte wunderbar zusammengepasst“, erinnert sich Beate Pracht. Aus den Plänen mit den Pferden wurde nichts und 2012 teilte man ihr mit, dass man die Fläche, auf denen ihre Lamas weideten, selber bräuchte. Ende 2012 zog Beate Pracht mit ihren fünf Lamas aus. Ein neues Zuhause hat sie im Gesundheitspark Nienhausen gefunden.
Auszeichnungen für den Therapieansatz
Für ihre tiergestützte Lamatherapie ist sie bereits mehrmals ausgezeichnet worden. Inzwischen hat sie mit Kollegin Andrea Eikelmann den gemeinnützigen Verein Prachtlamas e.V. gegründet. „Hier wollen wir ganz gezielt sozialschwächeren Menschen die Möglichkeit geben, ihr Selbstbewusstsein zu verbessern“, berichtet Andrea Eikelmann. Von daher arbeite man auch eng mit Schulen zusammen.
Diego hat gelassen grasend die Unternehmensgeschichte an sich vorbeiplätschern lassen. Jetzt hebt er den Kopf, dreht seine Bananenohren in meine Richtung und fixiert mich mit seinen großen Augen kurz. Dann reckt er seinen langen Hals in meine Richtung, sein mächtiger Unterbiss nähert sich bedrohlich meinem Kopf, und ganz zart berührt seine vorgeschobene, weiche Oberlippe mein Kinn. Welch ein Moment: Ein Lama hat mich geküsst.