Gelsenkirchen. Rolf Gildenast und Ulrich Wewelsiep interpretieren Goethes Faust komplett neu – als Zwei-Personen-Stück. Am Sonntag gab es eine Aufführung in der „Werkstatt“.
„Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor“, musste sich einst Dr. Heinrich Faust eingestehen. So mancher Schüler unserer Zeit mag sich nach der Lektüre von Goethes Meisterwerk ähnliche Gedanken machen. Wer sich aber die freie Interpretation von Rolf Gildenast und Ulrich Wewelsiep angesehen hat, wird des Pudels Kern sofort erfasst haben.
Am Sonntag präsentierten sie das Drama als Zwei-Personen-Stück in der „Werkstatt“ an der Hagenstraße und sorgten für einen kurzweiligen und unterhaltsamen Abend. „Wir wollten gerne einmal zusammen arbeiten und sind schließlich auf Goethes Werk gekommen“, erzählt Rolf Gildenast. „Die Geschichte ist vollkommen gaga.“ Andererseits habe die Lovestory zwischen Faust und Gretchen nicht an Aktualität verloren. Schließlich seien ähnliche Beziehungen in zahlreichen Fernsehserien zu sehen. „An der Geschichte hat uns gestört, dass Faust am Ende so gut wegkommt“, sagt Ulrich Wewelsiep. „Obwohl er so viel Mist gebaut hat, kommt er doch in den Himmel.“
Zwiebelsuppe für den Playboy-Leser
Gildenast und Wewelsiep nehmen die Geschichte nicht immer ganz ernst, zeigen aber auch hochdramatische Passagen. Ihre freie Interpretation reduzieren sie auf die Liebesgeschichte und lassen den Mephisto einfach außen vor. Dabei werden sowohl Originalzitate aus dem Faust als auch eigene Textpassagen, die sich oftmals durch einen jugendlichen Sprachduktus auszeichnen, verwendet.
So singt Faust zu Beginn „Heal The World“, spielt dazu auf der Gitarre, spricht mit seinem Alter Ego oder liest den Playboy. Schließlich verliebt er sich in seine „Putze“ Grete, während sie ihm leckere Zwiebelsuppe serviert.
Ein Rap-Song schildert dann, wie die leidenschaftliche Affäre weitergeht, die Gretchens Schwangerschaft zur Folge hat. Faust tötet im Affekt ihren Bruder und lässt Gretchen zurück, die im Wahn ihr Neugeborenes umbringt.
Musikalische Einschübe
Die Interpretation besticht vor allem durch die originelle Erzählweise und die musikalischen Einschübe. So wird beispielsweise Gretchens Originaltext „Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer; ich finde sie nimmer und nimmermehr“ zu der Melodie von Nenas „Liebe ist“ gesungen oder der Gassenhauer „Eisgekühlter Bommerlunder“ gegrölt.
Diese durchweg unterhaltsame Mischung aus Schauspiel, Musik und Tanz bringt junge Zuschauer mit Sicherheit dazu, sich noch weiter mit dem Faust zu beschäftigen.