Gelsenkirchen..
Der Duschvorhang wird zur Seite gerissen, ein Messer blitzt auf, eine Frau schreit entsetzlich, Blutströme gurgeln im Abfluss. Diese Schreckensszene aus dem Hitchcock-Thriller „Psycho“ hat sich unauslöschlich ins Gedächtnis eines jeden Cineasten eingebrannt. Schauspieler Matthias Brandt ließ sie am Sonntagabend im fast ausverkauften Großen Haus des Musiktheaters im Revier allein mit Worten wieder vor dem inneren Auge der Zuhörer lebendig werden. Am Ende frenetischer Jubel für einen großen Abend.
Großartiges Kopfkino
Anderthalb Stunden lang tauchte das Publikum dank der hohen Sprechkunst des Schauspielers und dank des eindringlichen, kongenial komponierten Soundtracks von Jens Thomas am Klavier tief ein in die irre Welt des Psychopathen Norman Bates. Die szenisch-musikalische Lesung rückte die längst vergessene Romanvorlage von Robert Bloch in den Mittelpunkt. In ausgewählten Passagen fokussiert sich die inszenierte Lesung auf das Psychogramm eines mordsmäßigen Muttersöhnchens, dem Brandt facettenreich eine wunderbar diabolische Stimme verlieh.
Für dieses großartige Kopfkino bedurfte es nur eines Flügels, eines Lesetischchens und zweier großartiger Künstler. Aus Texten und Klängen erschufen sie einen dichten, effektvollen Kosmos, tauchten ein in die irre Welt aus Eifersucht, Rache, Hassliebe und Horror. Der prominente Schauspieler Matthias Brandt, einem breiten Publikum u.a. als Kommissar in der ARD-Serie „Polizeiruf 110“ und sicherlich auch als jüngster der Willy Brandt-Söhne bekannt, startet mit einem Entsetzensschrei ins Programm. Später lässt er die Stimme der Mutter keifen, kichern und ächzen, die des Sohnes schleimen, jammern, stöhnen, brüllen. Wechselt mal in einen neutralen Erzählton, dann wieder in ein gespenstisch vibrierendes Stakkato, setzt geschickte Pausen.
Klangteppich ausgelegt
Ein Irrenhaus der Gefühle, in das die beiden Künstler fesselnd entführten. Jens Thomas am Klavier breitete den Klangteppich unter die Texte aus, trommelte mit den Händen aufs Holz, zupfte die Saiten, sang in hohen, klagenden Lauten. Passend effektvolle Songs wie „Touch too much“ oder am Ende „Highway to Hell“ hauchten beide Künstler gar gemeinsam ins Mikro.
Ein präsentes, perfekt aufeinander abgestimmtes Duo, das sichtlich auch noch Spaß an dieser Produktion hat.Und der hat sich glänzend aufs Publikum im Großen Haus übertragen.