Gelsenkirchen. Auf den Tag genau vor 50 Jahren, am Donnerstag, 8. Oktober 1964, wurde die im Ortsteil Schalke gelegene Berliner Brücke freigegeben. Sie war und ist elementarer Bestandteil der wichtigsten Nord-Süd-Verbindung in Gelsenkirchen: der Kurt-Schumacher-Straße – oder, wie sie damals noch hieß, der König-Wilhelm-Straße.
Der Weg unterhalb der Fahrbahn öffnet den Blick für das, was die Berliner Brücke ausmacht: eine imposante Stahlkonstruktion, die mal einzigartig war in Deutschland. Auf den Tag genau vor 50 Jahren, am Donnerstag, 8. Oktober 1964, wurde das im Ortsteil Schalke gelegene Bauwerk freigegeben, das elementarer Bestandteil der wichtigsten Nord-Süd-Verbindung in Gelsenkirchen war und ist. Damals der König-Wilhelm-Straße, die seit Februar 1966 Kurt-Schumacher-Straße heißt.
Selbst am hellichten Tag ist es finster unter dieser 511 Meter langen und 25 Meter breiten Balkenbrücke. Ein, nennen wir es in Gedenken an den Humoristen Loriot, freundliches Mausgrau dominiert farblich den Ort, der von Sonnenstrahlen kaum berührt werden kann. Dafür ist das Bauwerk zu flach, die umliegende Bebauung im Gewerbegebiet zu dicht angesiedelt und zu hoch. In beschränktem Umfang ist hier im Zwielicht Parkraum entstanden, wird die Zufahrt zum Unternehmen ThyssenKrupp Electrical Steel genutzt, das zum Verkauf steht. Die Verdi-Zentrale Emscher-Lippe-Süd ist nah, die Pleiss KG ebenfalls. Die Gebäude flankieren die Brücke gewissermaßen. Hier am Schalker Markt, wo einst ein Mythos begann. Doch das ist eine ganz andere Geschichte...
„Der Bürger hat Besitz ergriffen“
„Der Bürger hat Besitz ergriffen“, titelte die WAZ Gelsenkirchen am Freitag, 9. Oktober 1964, am Tag nach der spektakulären Eröffnung der Hochstraße. Auf einem Foto sind junge Menschen zu erkennen, die zu Fuß und (die schnellsten) auf Fahrrädern die Brücke erstürmen. Im Hintergrund karren Autobusse die Prominenz heran, eskortiert von Kradfahrern der Polizei.
Gigantisches Oktoberfest auf Schalke
Auf dem damaligen Kaiserplatz, heute Grilloplatz, wurde vor der Jungfernfahrt symbolisch ein weißes Band durchtrennt. Oberbürgermeister Hubert Scharley („Das ist ein historischer Tag für Gelsenkirchen“) rollte heran und wurde begleitet vom Regierenden Bürgermeister Berlins, von Willy Brandt. Der, ist allgemein überliefert, bedankte sich zur Eröffnung der Brücke mit dem tragenden Satz: „Das ist ein Geschenk an Berlin, das in Gelsenkirchen bleibt“. Im Hintergrund ist die Gedenktafel zu sehen, die von Kunstschmied Heinz Schäpers entworfen wurde.
Ein Glück, wenn sie nicht geschlossen ist
Anderthalb Jahre und damit 25.000 Tagwerke, schrieb ein Journalist damals, betrug die Bauzeit auf der König-Wilhelm-Straße, die sogar zwei Monate schneller als geplant endete und ein echtes Problem entschärfte: So konnte die Eisenbahn von der Zeche Consolidation zur Emschertalbahn endlich kreuzungsfrei überquert werden. Es kam an dem Bahnübergang der Zechenbahn regelmäßig zu massiven Wartezeiten des immer stärker werdenden Verkehrs. Um dieses Problem endlich aus der Welt zu schaffen, hatte man sich entschlossen, die Bahnstrecke mittels einer Stahlhochbrücke zu überqueren.
Nicht umsonst hatten die Gelsenkirchener mit galligem Humor der „Verkehrsblockade“ den Namen „Glückaufschranke“ verpasst. „Ein Glück, wenn sie nicht geschlossen ist“, erläuterte der WAZ-Chronist aus jenen Tagen, während es bei den Gelsenkirchener Geschichten ein Autor so auf den Punkt bringt: „Wennse Glück hattest, war sie auf.“
Womöglich war das der Grund, warum das Städtische Orchester zur Eröffnung aufgeboten wurde und unter der Leitung von Generalmusikdirektor Richard Heime die Ouvertüren „Euryanthe“ von Carl-Maria von Weber und „Semiramis“ von Gioachino Rossini vortrug.