Gelsenkirchen-Scholven.. Michaela Schweika ist die Seele in der Scholvener Kleiderkammer. Ob mit Ringelshirts oder Teufelshörnchen: Bedürftige stattet sie in Würde aus
„Na sicher. Das ist wie beim Friseur hier“, sagt Michaela Schweika und erzählt auf Nachfrage, dass immer Zeit bleibe für ein Schwätzchen, dass manch eine Dame auch mal ‘was länger bliebe. Da gehe es nicht immer nur um günstige Kleidung, Schuhe, Bettwäsche. Da gehe es auch um ein Gespräch, darum, mal das Herz auszuschütten. Das gehört für die Bueranerin einfach dazu.
Seit acht Jahren ist sie Kopf und Herz der Scholvener Kleiderkammer. Die befindet sich in einem Keller des Wohnhauses an der Buddestraße 28. Doch mit Michaela Schweikas Improvisationstalent ist das kein Problem. „Wenn ich öffne, stelle ich im Vorraum die Kleidungsstücke für die Herren auf. Damit sich die Damen hier drin umziehen können.“ Beinahe wäre der Aufwand gar nicht notwendig: „Wir haben aber nicht viele Herren hier. Die tragen ihre Sachen zum einen länger, zum anderen suchen bei 95 Prozent der Männer die Frauen die Kleidung aus.“
Die Würde ist noch geblieben
Generell schwierig sei die Lage mitten im kleinen, beschaulichen Ortsteil. Viele bedürftige Menschen schämten sich, vermutet die 68-Jährige. Bei ihnen sei die Würde das einzige, was ihnen noch geblieben ist. „Die haben vielleicht Angst, dass geredet wird. Nach dem Motto: Frau Müller hat die Jacke von Frau Meier an.“
Natürlich gebe es auch Kunden von ganz anderem Schlag: „Das sind die Schnäppchenjäger, die auf der Suche sind nach Markenware. Früher kamen die her. Aber ich habe die aussortiert. Das ist schließlich nicht der Sinn meiner Arbeit.“
Viel Engagement
Ein Auf und Ab der Gefühle erlebt Michaela Schweika in ihrem Ehrenamt, das sie mit so viel Engagement ausübt. „Sie ist ein Engel auf Erden“, gerät Klaus-Dieter Wiedemann ins Schwärmen. Seit vielen Jahren koordiniert er die Kleiderkammer. Er war es auch, den die Bewerbung der gelernten Dekorateurin einst erreichte. Vor acht Jahren war das. Da sei er noch etwas vorsichtig gewesen. Aber die Dame mit den strahlenden Augen und viel Esprit überzeugte ihn schnell.
Liebevoll kümmert sie sich seither um das Arrangement der Kleidungsstücke, sortiert unter den Spenden Schlechtes aus, drapiert Gutes schön auf Ständern und in Regalen. Kurioses findet sich auf der kleinen Theke: weiß-rote Ringelshirts und Teufelshörnchen. „Für Karneval. Ist ja jetzt die Zeit“, sagt Michaela Schweika fröhlich.
Singende Putzfrau auf der Bühne
Man kann sich schon vorstellen, dass Besucher ein Schwätzchen mit ihr genießen. So kess wie sie daher redet, immer zu Scherzen aufgelegt.
Klaus-Dieter Wiedemann ist es, der verrät, dass die Bueranerin einst genau dafür geliebt und gefeiert wurde – auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Die Ehrenamtlerin hätte das von sich aus gar nicht erwähnt, erzählt aber dann: „Ich habe 13 Jahre lang Improvisationskomik gemacht und stand als singende Putzfrau auf der Bühne.“ Und das über den lokalen Raum weit hinaus. Aus gesundheitlichen Gründen beendete sie ihre Laufbahn, suchte ein neues Herzensprojekt und wurde dort, in der Kleiderkammer, fündig. Für die setzt sie sich immer wieder ein. Auch wenn, ob des geringen Zulaufes, manchmal in Frage gestellt wird, ob sich der Aufwand lohnt.
Für Schweika steht das außer Frage: „Ich mache das wirklich gerne. Wenn ich nur einem Menschen helfen kann, der es wirklich braucht, habe ich viel erreicht.“