Gelsenkirchen. Bundesministerin Hendricks lobt am zweiten Tag der Städtebauförderung die Entwicklung im Tossehof. Rund 600 Besucher feiern in Partylaune.
Bereits um 12.33 Uhr rollt die erste schwarze Limousine mit Berliner Bundessonderkennzeichen an; Sicherheit checkt die Umgebung. Schließlich wird mit Barbara Hendricks eine hochrangige Politikerin erwartet. Die Bundesministerin für unter anderem Bau und Umwelt erreicht den Tossehof um 14.20 Uhr mit einer kleinen Verspätung; sie steckt im Stau auf der A3.
In 500 Städten und Gemeinden wurde am Samstag der zweite Tag der Städtebauförderung begangen. Dass sich Hendricks ausgerechnet – und auch noch zur offiziellen bundesweiten Eröffnung – das Projekt Tossehoff in Bulmke-Hüllen ausgesucht hat, darf als Auszeichnung verstanden werden. Zur WAZ äußerte sie sich lobend: „Die Umgestaltung dieser Großwohnsiedlung ist europaweit beispielhaft. Auch ein Land wie Frankreich mit seinen Problem-Vorstädten holt sich in Deutschland Rat.“
Das kranke Kind Gelsenkirchens
Der Tossehof, lange das kranke Kind Gelsenkirchens, „hat die Entwicklung von der einstigen „Wohnoase zum Problemviertel und zurück gewuppt“, sagte die Ministerin (SPD) in ihrer Rede. Er sei ein Beispiel dafür, „wie aktuelle urbane Probleme bewältigt werden können“. Mit rund 7,5 Mio Euro von Bund und Land ist der Tossehof heute tatsächlich wieder die Wohnoase, als die sie in den 1970er Jahre ins Leben gerufen worden war. Heute leben in und um ihn etwa 5000 Menschen. Ein kleines Dorf in einer Stadt mit einer guten Infrastruktur: Supermarkt, Apotheke, Restaurant, gute ÖPNV-Anbindung, zwei Kitas und eine Einrichtung für unter Dreijährige. Das Einzige, das fehlt, ist eine Kneipe.
Sabrina Schröder wohnt seit drei Jahren im Tossehof: „Es ist ruhig, es gibt Spielplätze und viele Kinder. Wir fühlen uns wohl hier, es ist einfach toll“, sagt die 34-Jährige. Sie und ihr Sohn Jan sind zwei der rund 600 Besucher. Denn gleichzeitig wird das Frühlingsfest im Tossehof gefeiert – mit Grillwürsten, türkischen Spezialitäten, Kita-Chören und dem Schalker Jugendorchester.
Gute Verkehrsanbindung
Es ist ein sonniger Tag und ein Termin, zu dem auch der Gelsenkirchener Oberbürgermeister Frank Baranowski nicht fehlen darf. Auch der Parteifreund der Ministerin (sie duzen sich, wie in der SPD üblich) äußert sich gegenüber der WAZ positiv. „Der Anschluss an den Nahverkehr ist gut. Doch vor allem haben wir es geschafft, die Angsträume zu beseitigen.“ Die waren vor allem zur Jahrtausendwende ein großes Problem. „Viele Bewohner haben sich abends nicht getraut, gewissen Wege zu gehen“, sagt Birgit Wend von der Stadterneuerung Gelsenkirchen und Projektleiterin Tossehof. „Aber in den letzten zehn Jahren haben wir alle öffentlichen Freiflächen erneuert. Vor dieser Zeit haben sich viele Bewohner nicht einmal getraut zu sagen, dass sie im Tossehof wohnen, aus Scham. Heute identifizieren sich die Menschen hier mit ihrem Viertel.“