Gelsenkirchen. Helene Menne-Lindenberg war einst Mitbegründerin des Gelsenkirchener Künstlerbundes.
Eine fast vergessene Gelsenkirchener Künstlerin gerät wieder in den Fokus des öffentlichen Interesses. Im Jahre 1988 verstarb die Malerin und Mitbegründerin des Gelsenkirchener Künstlerbundes, Helene Menne-Lindenberg, und hinterließ ein umfangreiches Oeuvre von weit über 1000 Werken. Tochter Prof. Dr. Angelika Menne-Haritz sorgt nun dafür, dass sich die Heimatstadt ihrer Mutter wieder an das Schaffen erinnert – mit einer Schenkung ans Kunstmuseum Gelsenkirchen.
Neun Arbeiten unterschiedlicher Motivik und Technik gingen im Juni dieses Jahres in den Besitz des Gelsenkirchener Museums über. Und sollten nach dem Wunsch von Museumschefin Leane Schäfer nicht im Depot verschwinden: „Wir haben die Schenkung wegen der hohen Qualität der Arbeiten gerne angenommen und wollten sie auf jeden Fall auch ausstellen.“ Die Wahl fiel auf das Grafikkabinett, eine Koje inmitten der Gemäldegalerie.
Malen als Weltaneignung
Die Künstlerin selbst blickt den Ausstellungsbesucher als erstes an. Direkt, ernst, mit fast versteinerter Miene. Das Selbstporträt aus dem Jahre 1946 , eine Kohlezeichnung, zeigt die Künstlerin in jungen Jahren. Ein Stillleben aus ihrer Akademiezeit 1943 dokumentiert mit Hut, Handschuhen und Arbeitsmappe vergangene Arbeitswelten.
Auch andere zentrale Themen aus der Biografie der Künstlerin prägten ihr Werk maßgeblich. Als Studentin setzte sie das ausgebombte Berlin mit seinen Trümmerfeldern wirkungsvoll in Szene, auch eine Arbeit, die im Museum zu sehen ist. Nach und nach entwickelte Helene Menne-Lindenberg expressive Landschaften, komponiert in intensiven Farben, mit denen sie die Stimmungen auslotete, egal, ob im Urlaub in Tessin oder beim Spaziergang rund ums heimatliche Schloss Berge. Das Temperabild aus dem Jahre 1955 dokumentiert atmosphärisch dicht einen Sonntagsspaziergang im Gelsenkirchen der Fünfziger.
Tochter betreut Nachlass
Nach und nach lösten sich Landschaften sanft auf. Prof. Menne-Haritz weiß, dass es in den Sechzigern Kritik an der Gegenständlichkeit des Werkes gegeben hat: „Erst später setzte sich die Mutter dann mit monochromen Bildern auseinander und malte zunehmend Wolken in unterschiedlichen Farbschattierungen.“
Leitlinie für das Schaffen von Helene Menne-Lindenberg war nach Aussage der Tochter: „Malen ist Weltaneignung.“ Ihr Atelier hatte die Künstlerin im Haus an der Straße im Lindacker. Die Gelsenkirchenerin hatte zunächst eine Ausbildung als Kindergärtnerin absolviert, studierte später an der Folkwang-Schule Essen und danach ab 1941 an der Hochschule für Kunsterziehung in Berlin. Nach dem Tod von Vater und Bruder in den letzten Kriegsmonaten kehrte sie zur Unterstützung ihrer Mutter nach Gelsenkirchen zurück und bestritt mit Kunstunterricht und Porträt-Aufträgen den Lebensunterhalt. In Gelsenkirchen prägte sie das kulturelle Leben der Stadt bis zu ihrem Tod entscheidend mit.
Den Nachlass betreut bis heute die Tochter, als ehemalige Vizepräsidentin des Bundesarchivs prädestiniert für die Aufarbeitung des Werks, der Skizzen und tagebuchartige Notizen. Inzwischen liegt ein Werkverzeichnis für 1073 Arbeiten vor, das Menne-Haritz der Museumschefin übergab.