Gelsenkirchen. „Ohne Familie ist kein Staat zu machen“ war die Diskussion diesmal überschrieben. KAB und Kolping hatten mit MdB Astrid Timmermann-Fechter (CDU) und MdL Andrea Asch (Grüne) zwei Politikerinnen eingeladen, die im Bund bzw. Land Familienpolitik mitgestalten.
Die Familie als gesellschaftliche Keimzelle hat sich gewandelt. Sie ist durch unterschiedliche Formen des Zusammenlebens bunter geworden. Wenn es aber etwas gibt, was viele verbindet, dann ist es das fehlende Geld. Theo Heek bringt es auf eine prägnante Formel: „Familien mit einem Durchschnittseinkommen tappen in die Armutsfalle.“ Drastische Übertreibung des KAB-Referenten aus der Seestadt Haltern? Nun, Heek listet auf. Ungerechter Steuertarif, die steilste Steuerprogression in den unteren Einkommengruppen, die Mütterrente immerhin als Schritt in Richtung Gerechtigkeit, aber aus dem falschen Topf finanziert.
Am Diskussionsabend von KAB und Kolping im Augustinushaus liest der Mann der Regierung die Leviten. Auch, was Altersarmut angeht. Wenn ein Mensch 40 Jahre lang einer Beschäftigung mit einem Stundenlohn von 12,50 Euro nachgehe, „hat er als Rentner gerade mal die Grundsicherungsgrenze überschritten“.
Andrea Asch: „Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer“
Heek verteilt als Note mehr grimmige als lachende Smileys. Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) kriegt einen mit hängenden Mundwinkeln. Der bediene sich, sagt Heek grade heraus, an der Rente und an der Krankenversicherung. Dabei sei doch der Kernsorgebereich der Familie am Anfang und am Ende des Lebens.
Astrid Timmermann-Fechters Lieblingsthema ist, wie die CDU-Bundestagsabgeordnete später sagt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Kritik von Theo Heek versucht sie zu entkräften, gibt sich etwas enttäuscht über so wenig lachende Smileys. Und schiebt auch gern ein Problem ins andere politische Lager. Etwa das Gesetz zur Abschaffung der kalten Progression, das im Bundesrat an den Stimmen von SPD und Grünen gescheitert sei. Als eines der positiven Beispiele für Familienunterstützung nennt sie das Elterngeld plus. „Dafür geben wir 5,4 Milliarden Euro im Jahr aus.“
„Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer“, stellt die grüne Landtagsabgeordnete Andrea Asch fest. Sie mahnt: „Der soziale Frieden ist bedroht.“ Ja, auch Asch sagt vor dem Hintergrund der aktuellen Lage: „Kinder sind ein Armutsrisiko.“ In Deutschland wachse fast ein Viertel der Kinder in Armut auf. „Wir müssen uns fragen, ob die Sorgen der Familien den Stellenwert haben, der Familien gebührt.“ Und dann schüttet sie Wasser auf die Mühlen von Sozialpolitik und Verwaltung. „Es ist völlig paradox, dass Städte wie Gelsenkirchen Soli für den Osten zahlen müssen.“ Hilfe dürfe nicht länger nach der Himmelsrichtung ausgerichtet sein. Chapeau. Andrea Asch bekommt den lautesten Beifall an diesem Abend.