Gelsenkirchen/Mülheim.. Ende 2016 fanden Tierretter und Feuerwehr hunderte verwahrloste Chinchillas in Gelsenkirchen und Mülheim. Der Prozess in Gelsenkirchen beginnt am 31. Oktober.
Beißender Ammoniak-Geruch legte sich auf die Atemwege. Was Mitarbeiter des städtischen Veterinäramtes und Polizeibeamte im November 2016 sahen, konnten sie kaum glauben. Etwa 120 Chinchillas vegetierten in einem Haus an der Körnerstraße in Hassel auf engstem Raum, lebten in ihrem eigenen Kot. Die Unterbringung der Tiere, erinnern sich Zeugen, sei erbärmlich gewesen, der Gestank unerträglich. Am 31. Oktober stehen ein Mann (55) und eine Frau (58) vor Gericht in Gelsenkirchen. Sie sind wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz angeklagt.
Auch in Mülheim wurden rund 400 Chinchillas gefunden
Der Hintergrund: Ende November 2016 wurden in Mülheim 340 Chinchillas aus einem Mehrfamilienhaus am Nachbarsweg aus schlechter Haltung befreit, wenige Tage später rettete die Mülheimer Feuerwehr 53 weitere Tiere aus einem Wohnmobil, das in Saarn abgestellt worden war. Und ebenfalls im November hatte die Feuerwehr 122 vernachlässigte Tiere aus eben jener Wohnung der Angeklagten in Gelsenkirchen-Hassel geholt.
Das Paar hatte zusätzlich zu seiner Zucht in Gelsenkirchen auch Pflegetiere aufgenommen. Kontrolleure des Veterinäramtes fanden neben den Nagern auch Hunde und 25 Wellensittich-Paare. Nur mit Atemschutzmasken hatten Beamte die Kellerräume betreten. In der Wohnung und auf dem Dach wurden weitere Tiere gefunden. Selbst in der Badewanne waren sie untergebracht. Der Kot in den Transportboxen und Käfigen stand mehrere Zentimeter hoch, Sand war kaum noch zu entdecken.
Chinchillas, in Südamerika beheimatet, sind eigentlich Wüstentiere und gelten als besonders reinlich. Den Sand benötigen sie für Sandbäder, um den Pelz zu reinigen. In den Käfigen und Boxen waren weder Klettermöglichkeiten noch Nagematerial vorhanden. Beides benötigen die nachtaktiven Nager bei artgerechter Haltung.
Gewerbsmäßiger Handel als Anklagepunkt
Doch nicht nur die katastrophale Unterbringung der Tiere ist Bestandteil der Anklage. Auch nicht angezeigter gewerbsmäßiger Handel wird vor Gericht eine Rolle spielen. Der Mann, er ist auch Hauseigentümer, hatte offensichtlich eine Zuchtgenehmigung nach dem Tierseuchengesetz. Die Aktivitäten, so der Vorwurf der Ermittler, sei offensichtlich von der Frau ausgegangen. Die 58-Jährige, die auch in Mülheim Tiere hielt, hatte sich unter anderem über Facebook als Chinchilla-Helferin angeboten.
Züchter müssen bei Kaninchen ab jährlich 100 Jungtieren, bei Hunden ab dem dritten Wurf und bei Katzen ab dem fünften Tier ein Gewerbe anmelden. Alle Tiere, die von der Stadt damals beschlagnahmt wurden, konnten haltungsgerecht untergebracht werden. Ein Widerspruch der Besitzer gegen die Beschlagnahme ihrer Tiere ist vom Verwaltungsgericht abgelehnt worden.
>>> Hinweise aus der Bevölkerung halfen
Durch Hinweise aus der Bevölkerung ist das Veterinäramt 2016 über die Chinchilla-Haltung in Hassel informiert worden. Die 58-jährige Halterin hatte sich als Tierpflegerin angeboten. Es stellte sich später heraus, dass sie auch Tiere verkauft hatte. Eine Genehmigung hatte nicht vorgelegen.
Polizeibeamte hatten sich damals bei ihren Ermittlungen wegen des starken Ammoniak-Geruchs zunächst geweigert, den Keller zu betreten, in dem die Chinchillas untergebracht waren.