Essen-Rüttenscheid. Verzweiflung, Erschöpfung: Eltern leiden, wenn Babys nicht in den Schlaf finden. Für sie gibt es ein neues Beratungsangebot in Rüttenscheid.
Stefanie Herberhold (40) hat es selbst erlebt. Dass Babys „einfach so“ schlafen, ist in vielen Fällen ein Mythos. Als ihre heute elfjährige Tochter neun Monate alt war, war die Mutter „am Ende.“ Alle anderthalb Stunden habe sie gestillt, nur so fand ihr Baby wieder in den Schlaf. „Ich habe gemerkt: Ich muss etwas verändern“, erinnert sie sich. Heute berät Herberhold unter dem Namen „Koala Schlaf“ andere Eltern zum Thema Babyschlaf. Seit kurzem bietet sie mittwochs ab 9.30 Uhr einen Babyschlaf-Treff im Rüttenscheider Bürgerzentrum Villa Rü an.
Bei ihrem zweiten Kind habe sie gleich gewusst, was sie wolle und was nicht, sagt Herberhold. Nicht mehr in den Schlaf stillen oder tragen, ihr Sohn sollte selbstständig ins Land der Träume finden – ohne zu weinen und ohne allein gelassen zu werden. Mit Schlafcoaching verbinden viele das Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“. Darin wird empfohlen, Babys wach und allein ins Bett legen. Wenn sie weinen, soll man in immer längeren, genau festgelegten Abständen nach ihm schauen, sie aber nicht in den Arm nehmen. Davon grenzt sich Stefanie Herberhold klar ab.
Neuer Babyschlaf-Treff im Rüttenscheider Bürgerzentrum Villa Rü
Die 40-Jährige hat eine Ausbildung zum Babyschlaf-Coach gemacht, sie bietet Kurse in der Elternschule Werden, Online-Kurse, Beratungen und Einzelcoachings an. Es gibt einen Kurs für Schwangere und Eltern mit Babys sowie ein Seminar für Baby- und Kleinkindschlaf ab dem sechsten Monat. Und nun eben auch den Treff in der Villa Rü.
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Die Treffen laufen nach dem Frage-Antwort-Prinzip ab: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schildern, womit sie Probleme haben, und Herberhold erklärt, was helfen könnte. Im Raum in der Villa Rü werden Matten und Spielzeug ausgelegt, sodass man sein Baby mitbringen kann. Mütter und Väter dürfen ehrlich sein, zum Beispiel äußern, dass sie wütend sind. „Niemand wird verurteilt“, betont die Babyschlaf-Beraterin.
Essener Babyschlafcoach: Bedürfnisse der gesamten Familie zählen
Häufig, so Herberholds Erfahrung, kämen Eltern zu spät zur Beratung. Nämlich dann, wenn sie schon völlig am Ende seien. „Natürlich schlafen Babys nicht durch“, stellt die Essenerin klar. „Aber wenn die Einschlafbegleitung zur Belastung wird, wenn Mütter schon Bauchschmerzen bekommen, wenn sie nur daran denken, sollte man sich Hilfe suchen.“ Viele hofften, dass es irgendwann besser werde. Herberhold rät aber dazu, die eigenen Bedürfnisse nicht aus dem Blick zu verlieren.
„Klar: Schlafen soll bedürfnisorientiert sein – aber für die ganze Familie“, sagt sie. Am Ende seien es meist die Mütter, die unter der Situation litten. „Sie sollten liebevolle Selbstfürsorge lernen“, so Herberhold. In ihren Coachings empfiehlt sie unter anderem, sich Freiräume zu schaffen: Jeder Elternteil solle in der Woche mal ein bis zwei Stunden komplett „frei haben“. Sonst gehe einer irgendwann komplett auf dem Zahnfleisch.
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Essenerin über Babyschlaf: „Das Thema ist sehr stark emotional aufgeladen“
Sich Hilfe beim Babyschlaf zu suchen, ist häufig noch stigmatisiert. „Das Thema ist sehr stark emotional aufgeladen“, bestätigt Herberhold. Das Baby zeigt doch, was es will – und wenn ich nicht genau das tue, bin ich dann nicht eine schlechte Mutter?, denken viele. Stefanie Herberhold widerspricht. Veränderungen seien möglich. „Man muss aber wissen: Babys mögen keine Veränderungen, sondern sind absolute Gewohnheitstiere.“ Laufe etwas anders ab als sonst, erlebten sie im ersten Moment eine Erwartungsenttäuschung, seien überfordert, wütend, traurig.
Das führe dazu, dass die Einschlafbegleitung irgendwann unter Umständen so aussehe: Mama gibt auf dem Arm das Fläschchen, wippt dabei leicht auf dem Gymnastikball und singt noch dazu, sonst schläft das Kind nicht. Andere Einschlafhilfen, an die sich Babys oder Kleinkinder gewöhnen, seien zum Beispiel der Schnuller, das Herumgetragen werden oder das Schlafen mit den Eltern in einem Bett. Wolle man das abgewöhnen, müsse man Schritt für Schritt vorgehen und vor allem dranbleiben.
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Wenn Babys nachts schlecht schlafen: Essenerin rät zum Ansetzen beim Tagschlaf
„Babys machen alle zwei Stunden einen Zwischen-Check-up“, erklärt Herberhold. Sie prüften dann: Ist alles noch so wie als ich eingeschlafen bin? Seien sie mit Mama und Flasche eingeschlafen, wachten dann auf und lägen alleine im Bett, seien sie alarmiert – und forderten die ursprüngliche Einschlafsituation wieder ein.
Herberhold erklärt: Wenn man am Nachtschlaf etwas verändern möchte, sollte man tagsüber damit beginnen. Will man etwa nicht mehr in den Schlaf stillen, sollte man am Tag damit anfangen, 20 bis 30 Minuten vor dem Einschlafen zu stillen. Stattdessen versucht man Schritt für Schritt, das Baby abzulegen und im Liegen zu beruhigen. Davor sollte es satt und gewickelt sein, beim Einschlafen bleibe man dann an der Seite des Kindes, man könne es schuckeln und kuscheln. Helfen könne auch Routine, sagt Herberhold: Immer die gleichen Handlungen, die dem Baby signalisieren, dass jetzt Schlafenszeit ist.
Der Babyschlaf-Treff findet immer mittwochs von 9.30 bis 11.30 Uhr im Bürgerzentrum Villa Rü (Girardetstraße 21, Raum 205) statt. Anmelden kann man sich per E-Mail an steffi@koala-schlaf.de oder telefonisch unter 0157-50654786. Die Kosten pro Teilnahme betragen 10 Euro.
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