Essen. Im Jahr 2024 lag die Stickstoffdioxid-Belastung zum ersten Mal auch an der A40-Messstelle unterhalb des Grenzwerts. Wie es jetzt weitergeht.

Nirgendwo in NRW herrschte dickere Luft als an der A40 in Essen. Nun wurde auch dort der Grenzwert für Stickstoffdioxid erstmals eingehalten, wenn auch nur knapp. Zu diesem Ergebnis kommt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) nach Auswertung der vorliegenden Daten für das Jahr 2024.

Demnach wurde an der Kruppstraße im zurückliegenden Jahr eine durchschnittliche Belastung von 39 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm wurde damit erstmals seit Einrichtung der Messstelle im Jahr 2020 unterschritten. 2023 lag die Belastung mit 41 Mikrogramm im Jahresdurchschnitt noch knapp über dem Grenzwert.

Wie das LANUV betont, handelt es sich bei dem vorliegenden Ergebnis erst um eine vorläufige Auswertung. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich durch noch ausstehende statistische Berechnungen ändern werde, sei allerdings gering, sodass von gesicherten Daten ausgegangen werden könne. Änderungen seien allenfalls in den Nachkommastellen zu erwarten. Die dann endgültige Auswertung wird das Landesamt voraussichtlich Ende März veröffentlichen.

Die Messstelle an der Essener Kruppstraße ragte bislang negativ aus der Statistik heraus

Oliver Krischer (Grüne), Landesminister für Verkehr und Umwelt, lässt sich mit Blick auf die bereits vorliegenden Daten wie folgt zitieren: „Der Trend zu rückläufigen Stickstoffdioxid-Werten setzt sich fort. Das ist eine gute Nachricht und ein Erfolg für die Luftreinhaltepolitik der vergangenen Jahrzehnte.“ Trotzdem bleibe Luftverschmutzung ein großes Gesundheitsrisiko. „Die neuen Messdaten sind Rückenwind für das Ziel, die Luftqualität noch weiter zu erhöhen“, so der Minister.

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Der Rückgang der Luftbelastung an der A40 ist auch deshalb bemerkenswert, weil die Messstelle in den zurückliegenden Jahren in negativer Hinsicht aus der Statistik herausragte. War die Kruppstraße doch landesweit die einzige, an der der Grenzwert überschritten wurde. 2022 war die Belastung gegenüber dem Vorjahr sogar gestiegen. Mit 45 Mikrogramm lag sie im Jahresdurchschnitt um zwei Mikrogramm über dem Ergebnis von 2021, als im Jahresmittel 43 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen worden waren.

Das verschärfte Tempo-Limit auf der A40 in Essen wurde befristet eingeführt

Das Verkehrsministerium reagierte auf die wiederholte Überschreitung des Grenzwertes mit einer Herabsetzung des Tempolimits; seit Herbst 2023 gilt auf der A40 zwischen den Anschlussstellen Essen-Frohnhausen und Essen-Zentrum tagsüber nur noch Tempo 60. Nur bei geringem Verkehrsaufkommen sind 80 km/h erlaubt. Vorher waren 80 km/h, bzw. 100 km/h erlaubt.

Die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sollte den Verkehrsfluss erhöhen und Staus vermeiden. Andere Maßnahmen zur Absenkung der Schadstoffbelastung waren geprüft, aber angesichts der zu erwartenden Kosten wieder verworfen worden, darunter die Erhöhung der Lärmschutzwände und der Abriss von Häusern entlang der Autobahn. Auch soziale Erwägungen spielten eine Rolle, wie die Bezirksregierung seinerzeit mitteilte.

Das verschärfte Tempolimit wurde zunächst befristet bis zum 30. Juni 2025. Ob die zulässige Höchstgeschwindigkeit wieder angehoben wird, da der Grenzwert nun eingehalten wurde, bleibt angesichts der geringen Unterschreitung abzuwarten. Und: 2024 wurde der Wert in fünf von zwölf Monaten überschritten, im Mai 2024 mit durchschnittlich 48 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sogar deutlich.

Die Widmung der Rüttenscheider Straße als Fahrradstraße geht auf den Rechtsstreit mit der Deutschen Umwelthilfe über die Luftbelastung in Essen zurück.
Die Widmung der Rüttenscheider Straße als Fahrradstraße geht auf den Rechtsstreit mit der Deutschen Umwelthilfe über die Luftbelastung in Essen zurück. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Munition könnte die jüngste Auswertung des LANUV der Stadt Essen in der Auseinandersetzung mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) liefern. Zur Erinnerung: Die Überschreitung von Grenzwerten an mehreren Messstellen im Stadtgebiet und darauf basierende Androhung von Fahrverboten für ältere Dieselfahrzeuge und Benziner mündeten 2019 in einen Vergleich vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Die Stadt verpflichtete sich gegenüber der Deutschen Umwelthilfe dazu, an mehreren „Stellschrauben“ zu drehen, damit die Schadstoffbelastung sinkt.

Ist dem Vergleich mit der Deutschen Umwelthilfe die Geschäftsgrundlage entzogen?

Dazu zählt die Einrichtung der umstrittenen Fahrradstraße auf der Rüttenscheider Straße, deren weitere Ausgestaltung nun Gegenstand eines Rechtsstreits ist. Die Stadt hat Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt, nachdem das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ihr zweimal auferlegt hat, vom Rat beschlossene und umgesetzte Einschränkungen für den Autoverkehr wieder zurückzunehmen.

Mit der Beschwerde will die Stadt sich auch gegen eine mögliche Klage der Deutschen Umwelthilfe wappnen, die auf besagte Einschränkungen gedrängt hatte. Die Stadt will also Rechtssicherheit. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens hat Oberbürgermeister Thomas Kufen aber bereits angekündigt, auf der Rüttenscheider Straße die erfolgreich beklagte Verkehrsführung nicht abermals zu aktivieren. Er rate davon ab, so der OB. Der Vergleich mit der Deutschen Umwelthilfe wäre in diesem Punkt dann hinfällig. Es sei denn, die Stadt würde vom OVG gezwungen, sich weiter daran zu halten.

Nun stellt sich die Frage, ob mit der Unterschreitung des letzten überhöhten Grenzwertes an der Kruppstraße dem Vergleich nicht sogar gänzlich die Geschäftsgrundlage entzogen ist. An den anderen Messstellen im Stadtgebiet wird der Grenzwert bereits seit mehreren Jahren durchgehend eingehalten.

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