Essen-Altenessen. Im Seniorenzentrum an der Altenessener Straße steht ganzjährig ein Wunschbaum. Viele Wünsche lassen sich leicht erfüllen, andere sind kompliziert.

Im Foyer des Seniorenzentrums Altenessen steht neuerdings ein Wunschbaum. Das ganze Jahr über hängen dort kleine „Bierflaschen“ mit den kleinen und etwas größeren Herzenswünschen der Bewohner. Diese „Flaschen“ können von Angehörigen oder interessierten Besuchern „gepflückt“ und die Wünsche erfüllt werden. Einfach so, um den Senioren eine Freude zu machen. Die erzählen, was sie alles schon geschenkt bekommen haben. Aber auch, worauf sie bisher vergeblich warteten.

Diplompädagogin Alexandra Böck leitet den Sozialen Dienst im Haus und ist überzeugt: „Fürs Wünschen ist man nie zu alt. Solch einen Baum zu Weihnachten gibt es allerorten, aber wir hatten uns erhofft, dass die Wünsche unserer Bewohner ganzjährig erfüllt werden können, um ihnen ein Strahlen ins Gesicht zu zaubern.“

94-Jährige Essenerin lässt beim Wünschen anderen den Vortritt

Die Aktion habe im Prinzip nichts mit der Brauerei zu tun, sei aber von Stauder genehmigt: „Wir befinden uns hier mitten in Altenessen und unsere Bewohner kennen Stauder-Bier, haben vielleicht in Nähe der Brauerei gelebt, trinken gerne mal eine Flasche. Für uns ist das gelebte Erinnerungskultur und Ausdruck unserer Heimatverbundenheit.“

Stauder-Baum im Seniorenheim
Als Motiv für die Wunschzettel wurden Stauder-Flaschen ausgewählt: „Ausdruck unserer Heimatverbundenheit“. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Was bei den Bewohner bestens ankommt: Da gibt es die 94-Jährige, die nur einmal einen Wunsch äußerte und nun anderen den Vortritt lässt: „Ich habe zwei Kinder. Wenn ich etwas möchte, können die mir das mitbringen.“ Aber es gibt auch die Dame im Rollstuhl, die sich sehr allein fühlt. Und über ihre Enkel sagt: „Die sind berufstätig und haben studiert. Aber Großmutter haben sie nicht studiert.“

Was hielt denn der Wunschbaum schon so alles bereit? Edith Wolter lächelt: „Eine Schachtel Mon-Cheri-Pralinen. Die habe ich genüsslich gegessen. Ich bin aber keine übermäßig Süße, also habe ich gerecht geteilt mit meiner Nachbarin hier.“ Die lächelt, denn die beiden teilen sich nicht nur Mon Cheris, sondern auch den Geburtstag.

„Fürs Wünschen ist man nie zu alt. Solch einen Baum zu Weihnachten gibt es allerorten, aber wir hatten uns erhofft, dass die Wünsche unserer Bewohner ganzjährig erfüllt werden können.“

Alexandra Böck
Leiterin des Sozialen Dienstes

Hannelore Stasch sagt, ganz sprachlos sei sie gewesen: „Eine ganze Tüte voller süßer Sachen habe ich bekommen. War echt gut.“ Auch sie hat an andere gedacht: „Meine Tischnachbarin liebt Milka-Schokolade. Davon war eine Tafel in meiner Tüte, also habe ich ihr die gegeben. Die hat sich vielleicht gefreut.“

Bewohnerinnen teilen sich die geschenkten Süßigkeiten

Freude kam auch bei Gerhard Zeller auf: „Ein Sudoku-Heft hatte ich mir gewünscht. Das habe ich auch bekommen.“ Der 74-Jährige liebt es, zum Zeitvertreib zu rätseln. Er bekomme von anderen deren Illustrierten mit den verschiedensten Rätseln. Im Sudoku-Heft habe er schon etliche gelöst, auch knifflige: „Ist halt ein Hobby von mir.“

Für Waltraud Sunke hielt der Wunschbaum schon einiges parat: „Als ich diese Orchidee hier bekam, habe ich vor Freude geweint, da ich sie mir so sehr gewünscht hatte. Ich habe auch schon Tosca-Parfüm und Merci-Schokolade bekommen. Da muss jemand mich gernhaben.“

Helga Herrmann ist gut gelaunt. Obwohl ihr Wunsch leider noch nicht erfüllt wurde, so die 84-Jährige: „Ein Herrenparfüm von Boss. Mein verstorbener Mann hatte das und ich habe das für mich behalten.“ Ein verschmitztes Lächeln: „Das Personal schnuppert auch gerne dran.“

Claus Kirmes und seine Frau wohnen noch nicht so lange im Haus. Der 87-Jährige weiß, dass er deutlich jünger aussieht: „Ich werde gerne für 70 oder jünger gehalten. Dafür tue ich was, bin fleißig am Heimtrainer, zum Beispiel auf dem Liegerad. Mit dem bin ich von den Kilometern her schon einmal um den Äquator geradelt.“ Er habe sich „exquisite Seife“ gewünscht und auch erhalten. Sogar schon mehrere Male.

Ein Bewohner wünschte sich rote Rosen für das Grab seiner Frau

Alexandra Böck nickt zufrieden: „Es hängen bereits zweite und dritte Wünsche der Bewohner am Baum, da die Resonanz sehr groß ist. Die Wünsche reichen von einer Handtasche über Coca-Cola, Schnittblumen und Hausschuhen bis hin zum Duft Chanel Nr. 5. So individuell wie unsere Bewohner.“ Ein Herr gehe jeden Tag zum Friedhof und bringe seiner verstorbenen Frau frische Blumen: „Er hatte sich rote Rosen gewünscht und sich dann riesig gefreut.“

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Waltraud Sunke möchte noch etwas loswerden: „Der Soziale Dienst macht so viel für uns. Wie sich alle hier um uns kümmern. Wunderbar.“ Sie freue sich schon aufs Kegeln: „Ich kann zwar nicht mehr alleine stehen und muss mich beim Pfleger festhalten. Aber ich habe noch allerhand Kraft im linken Arm. Damit habe ich schon alle umgehauen.“ Sie meint die Kegel, wohlgemerkt.

Also alles gut im Haus? Helga Herrmann merkt noch an: „Wir kommen mit dem Pflegepersonal gut aus. Aber als sehr viele krank waren, ist für uns das Programm entfallen. Das war jetzt 14 Tage lang so. Für diejenigen von uns, die nicht rausgehen können, war das ein Problem. Aber jetzt sind die meisten wieder gesund und alles ist im Lot.“

Edith Wolter hegt noch einen eher immateriellen Wunsch: „Egal, ob bei den vielen Festen im Haus, auch zu Karneval, es gibt hier immer einen Grund, zu tanzen. Ich bewege mich unheimlich gerne. Da würde ich mir einen flotten Tanzpartner wünschen.“ Die anwesenden Herren verdrehen unauffällig die Augen.

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