Essen. Der Essener Sozialdezernent will nicht nur das Bürgergeld abschaffen, sondern fordert weiter gehende Schritte. Zum Beispiel eine Arbeitspflicht.

In der aktuellen Bürgergelddebatte fordert der Essener Sozialdezernent Peter Renzel (CDU) eine tiefgreifende Reform der Grundsicherung. „Zurück zu Hartz IV reicht nicht. Das wäre zu kurz gesprungen“, sagte er. Die Kernfrage müsse sein, wie Langzeitarbeitslose so gefordert werden, dass sie Arbeit annehmen. Mit dem Bürgergeld habe sich bei Teilen der Leistungsbezieher eine Haltung entwickelt, dass es auch ohne Arbeit gehe. „Zumindest nehme ich das so wahr“, meinte Renzel. Allein der Begriff Bürgergeld suggeriere, dass es sich um ein bedingungsloses Einkommen handle.

Besonders bei größeren Bedarfsgemeinschaften schaffe das Bürgergeld keinen Anreiz, einen Job anzunehmen. „Das aber können wir uns nicht leisten“, betonte der Sozialdezernent. Schon heute suche beispielsweise die Gastronomie dringend Arbeitskräfte, finde aber keine, weil unter anderem Arbeitszeiten abschrecken oder Arbeitslose die Jobs nur als Schwarzarbeit machen wollten. Das würden ihm Gastronomen spiegeln, so Renzel. „Was wir heute in der Gastronomie erleben, wird morgen im Handwerk so sein.“

Bürgergeld löste Hartz IV ab

Das Bürgergeld wurde vor zwei Jahren von der Ampelregierung eingeführt und löste Hartz IV ab. Unter anderem wurden damit Sanktionen gegen arbeitsunwillige Arbeitslose deutlich gelockert. Renzel galt von Beginn an als großer Kritiker dieser Reform. Nun knüpft er seine Hoffnung auf ein neues System der Grundsicherung an die künftige Bundesregierung nach den Wahlen im Februar 2025. Renzels Partei, die CDU wie auch die CSU, haben bereits angekündigt, im Falle eines Wahlerfolges das Bürgergeld wieder abzuschaffen und bei den Ausgaben drastisch zu sparen, in dem man mehr Menschen in Arbeit vermittelt.

Renzel will es dabei allein aber nicht belassen und fordert unter anderem eine Arbeitspflicht für Langzeitarbeitslose und Asylbewerber, wenn sie erwerbsfähig sind. „Ich erwarte, dass der Gesetzgeber jedem eine Arbeitsgelegenheit anbietet, der arbeiten kann“. Arbeitsgelegenheiten, besser bekannt als Ein-Euro-Jobs, sind einfache Tätigkeiten im öffentlichen oder sozialen Bereich, für die es eine geringe Aufwandsentschädigung gibt.

Renzel: Jobcenter sollen sich auf die Integration von Arbeitslosen konzentrieren

„Work first“ nennt Renzel das Prinzip, das er nicht zum ersten Mal zur Diskussion stellt. Er räumt auch ein, dass eine solche Arbeitspflicht teuer für den Staat würde, weil hohe Kosten für die Organisation der Arbeitsgelegenheiten in den Kommunen auflaufen würden. Dennoch glaubt er, dass er mit seinem Vorstoß eine „gesellschaftliche Stimmung“ trifft: Wer Geld vom Staat bekommt, soll auch der Gemeinschaft etwas zurückgeben.

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Eine Arbeitsmarktreform nach Renzels Vorstellung müsste zudem die Jobcenter stärker entlasten. Sie sollten sich ausschließlich um die Langzeitarbeitslosen kümmern, die erwerbsfähig sind - also eine gewisse Mindestanzahl an Stunden täglich arbeiten können. Wer dies beispielsweise aus Krankheitsgründen nicht leisten kann, den würde Renzel ins Sozialhilfesystem eingliedern, wo es in erster Linie um Daseinsfürsorge gehe. „Jobcenter müssen sich um Arbeit und Beschäftigung kümmern können. Sie sind nicht für Sozialarbeit da“, so der Sozialdezernent.

Eine solche Trennung zwischen Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe gab es bis vor 20 Jahren. Mit den Hartz-Reformen unter Kanzler Schröder sollte diese Barriere überwunden werden. In seinem Reformpapier schlägt Renzel deshalb vor, jeden Leistungsempfänger jährlich auf dessen Erwerbsfähigkeit hin überprüfen zu lassen. Der Aufwand dafür dürfte jedoch groß sein.

Renzel hat seine Vorschläge in eine Arbeitsgruppe beim Deutschen Städtetag eingebracht. Dort seien sie interessiert aufgenommen worden.

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