Essen. Grüne Mitte: Regelmäßig zünden Jugendliche Böller, Anwohner fühlen sich massiv belästigt. Einer von ihnen führt akribisch Buch über den „Knall-Terror“.
Reinhard Baschek lebt seit sieben Jahren in der Grünen Mitte in Essen, seit vier Jahren muss er wie viele andere in dem Wohngebiet mit dem „Knall-Terror“ leben. So beschreibt der 66-Jährige das, was sich zwischen Ende September und Mitte Februar abspielt. „Das ist Psychoterror“, sagt er über die lauten bis extrem lauten Detonationen. Wer sich regelmäßig in der Grünen Mitte aufhält wird wissen, was der Mathematiker meint.
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Wenn es dunkel wird, zünden Jugendliche Böller und anderes Feuerwerk, auch wenn Silvester noch in weiter Ferne ist. Reinhard Baschek berichtet von 12- bis 14-jährigen Jugendlichen, die dafür verantwortlich seien. So sei es auch Ende Oktober gewesen. „An Halloween habe ich mir Lärmschutz in die Ohren gesteckt und feuerfeste Kleidung angezogen“, erzählt der Rentner. In diesem Outfit sei er losgegangen, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Halloween, so sagt er, habe sich neben Silvester zum Feuerwerks-Hotspot entwickelt.
Böller in der Grünen Mitte: Jugendliche wollen sich damit wohl brüsten
Auch ein Jahr zuvor sei er in der Grünen Mitte unterwegs gewesen, erinnert sich der Essener. Da sei auf den Straßen so viel geböllert worden, dass er keine 20 Meter weit sehen konnte. Zu Halloween 2024 habe er in diesem Jahr dann vier Jugendliche gesehen, die vor dem Turm der FUNKE Mediengruppe einen Kanonenschlag gezündet hätten. „Einer aus der Gruppe hat das live gestreamt“, sagt Baschek. Er vermutet, dass die Jugendlichen solche Videos auf Youtube und TikTok im Internet veröffentlichen, um sich damit zu brüsten: „Die haben ihren Spaß, aber über die Auswirkungen machen sie sich keine Gedanken.“
Am heftigsten sei es für ihn einmal gewesen, als er sich in seinem Garten aufhielt. „Plötzlich hat es aus Richtung des Seniorenheims sehr extrem laut geknallt“, erinnert sich der 66-Jährige. „Danach habe ich die Polizei angerufen und war dabei noch immer am Zittern.“ Das seien die ersten körperlichen Anzeichen für den „Knallterror“ bei ihm gewesen. Und wie sieht es bei anderen Anwohnerinnen und Anwohnern aus?
Da fällt Reinhard Baschek direkt eine Gruppe von besonders Betroffenen ein. „Meistens sind es die Hundebesitzer, die sich zwischen 17 und 21 Uhr nicht nach draußen trauen.“ Man kennt solche Diskussionen aus der Zeit um Silvester, wenn es überall laut knallt und Tiere verängstigt sind. In der Grünen Mitte knallt es aber eben nicht nur am Jahresende.
Es knallt in der Grünen Mitte: Essener (66) fertigt Lärmprotokoll an
Wie oft schrecken die Menschen in der Grünen Mitte hoch, wenn in der Nähe mal wieder ein Böller gezündet wird? Reinhard Baschek weiß selbstredend nicht von jeder Detonation, aber: Er führt ein Lärmprotokoll in dem er detailliert aufführt, wann, wie oft und wie laut es geknallt hat. Einen Auszug finden Sie am Ende des Artikels..
In seinem Protokoll hat Reinhard Baschek auch vermerkt, ob er die Polizei gerufen hat. Das komme öfters vor, auch am Samstag, 2. November. Da habe es am Nachmittag zweimal in der Nähe der Eisdiele und des Gerhard-Kersting-Haus geknallt. In seinem Lärmprotokoll schreibt der 66-Jährige von einer Detonation, die sich wie ein Bombeneinschlag angehört habe. Er habe die 110 gewählt, nach 20 weiteren Knallgeräuschen am Abend noch weitere Male.
Die Beamten rückten dann auch aus, berichtet Baschek, aber diese könnten ja auch nicht immer vor Ort patrouillieren. Dafür passiere in einer Großstadt wie Essen andernorts zu viel, so der Rentner. Ohnehin lösten solche Einsätze das Knall-Problem nur kurzfristig. Damit sich die Situation in der Grünen Mitte nachhaltig verändert, müssten regelmäßig Sozialarbeiter mit den Jugendlichen sprechen. „Alles andere funktioniert nicht so richtig“, meint Reinhard Baschek, der bei jedem aufblendenden Autoscheinwerfer den nächsten lauten Knall vermutet. „Psychoterror“ eben...
>>> INFO: Lärmprotokoll von Reinhard Baschek
Der Essener Reinhard Baschek führt Protokoll über Detonationen in der Grünen Mitte. Dieses könne selbstredend nicht vollständig sein, da er nicht immer Zuhause ist. Unserer Redaktion hat der 66-Jährige diese Übersicht bereitgestellt.
- 21. September, 17.50 Uhr: Knall 1x
- 28. September, 16.25 Uhr: Knall 2x
- 28. September, 16.28 Uhr: Knall 1x
- 14. Oktober, 17.59 Uhr: Knall 1x
- 14. Oktober, 19.14 Uhr: sehr lauter Knall 1x
- 15. Oktober, 19.03 Uhr: Knall 1x
- 17. Oktober, 18.34 Uhr: Knall 10x (vermutlich Berliner Platz)
- 27. Oktober, 17 Uhr: Knall 1x direkt an Wohnung
- 30. Oktober, 17.25 Uhr: extrem lauter Knall 1x direkt an Wohnung
- 31. Oktober, ab 18.46 bis 22.30 Uhr: Knall mehr als 100x,
- 1. November, 13.44 Uhr: Knall 1x
- 1. November, 19.20 Uhr: Knall 3x
- 2. November, 16.24 Uhr: Knall 1x
- 2. November, 16.31 Uhr: Detonation Nähe Eisdiele und Gerhard-Kersting-Haus, hörte sich an wie ein Bombeneinschlag
- 2. November, 16.35 Uhr: Knall 2x
- 2. November, ab 17.45 bis 19.05 Uhr: Knall 20x
- 22 November, 21.25 Uhr: Knall 1x
- 23. November, 19.48 Uhr: Knall 1x
- 24. November, 19.20 Uhr: Knall 1x
- 24. November, 19.25 Uhr: Knall 1x (sehr laut)
- 24. November, 19.27 Uhr: Knall 1x (extrem laut)
- 24. November, 19.31 Uhr: Knall 1x
- 24. November, 21.55 Uhr: Knall 1x
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