Essen. Auch zum Schutz vor Überschwemmungen wurde das Gewässer in Essen-Kupferdreh für Millionen umgestaltet. Trotzdem herrschte Land unter.
Als die Feuerwehr zum Hochwassereinsatz am Deilbach in Kupferdreh gerufen wurde, ahnten die Retter nicht, dass schweißtreibende Stunden vor ihnen liegen würden: „Fahrt mal hin und seht es euch an.“ So schildert es Feuerwehr-Sprecher Christian Schmücker. Am Ende des Tages stand die Erkenntnis, dass die Anwohner mit einem blauen Auge davon gekommen sind und dass der Millionen Euro teure Umbau des Bachbettes keinen hundertprozentigen Schutz vor Überschwemmungen bietet.
Ja, auch in Essen hatte es den ganzen Tag über geregnet. 13 Millimeter Niederschlag pro Quadratmeter vermeldet der Ruhrverband für diesen Dienstag im November, was nicht ungewöhnlich ist für diese Jahreszeit. In Velbert aber goss es in Strömen, über einem relativ kleinen Gebiet hatte sich eine Gewitterzelle gebildet. Die Folge: Der Pegel am Deilbach in Langenberg stieg an von 50 Zentimeter am Mittag auf knapp zwei Meter am Nachmittag, um 16.45 Uhr erreichte der Pegel „Langenberg 2“ mit 198,8 Zentimetern seinen Höchststand.
Die historische Hammerschmiede ging wieder unter
Mit Verzögerung stieg das Wasser auch am Unterlauf. Die historische Schmiede am Eisenhammer lief voll, wie so oft schon, wenn der Deilbach über die Ufer tritt. Bis auf den Hof stand das Wasser. Das Meisterhaus und die Arbeiterhäuser, gerade erst mit viel Aufwand für viel Geld renoviert, blieben verschont. „Zehn Zentimeter mehr, und wir hätten ein Problem gehabt“, berichtet Klaus Kaiser, Geschäftsführer des Historischen Vereins für Stadt und Stift, der sich um das denkmalgeschützte Ensemble kümmert.
Weiter flussabwärts, an der Deilbachbrücke in Kupferdreh, verbrachten sie unterdessen eine unruhige Nacht. Dort liegt die Kfz-Werkstatt Görke unmittelbar am Deilbach. Beim Jahrtausend-Hochwasser im Sommer 2021 war die Werkstatt buchstäblich abgesoffen. Seitdem blicken sie in Kupferdreh schon mal nervös gen Himmel, wenn sich dort oben etwas zusammenbraut.
„Wir haben sicherheitshalber alles hochgestellt und die Kundenfahrzeuge weggefahren“, erzählt Stephanie Görke. „Denn wenn das Wasser kommt, dann kommt es vorne durch die Tür oder den Gulli hoch.“
Die Feuerwehr musste den Deilbach vor Heizöl schützen
Zum Glück kam das Wasser diesmal nicht. Der Deilbach schwoll zwar bedrohlich an. Anders als 2021, als sich Treibgut an der Brücke verfing und sich der Deilbach aufstaute, konnte die Flut diesmal abfließen gen Kupferdreher Ortskern.
Dort hatten sich Anwohner mit Sandsäcken und Pumpen gegen das Hochwasser gewappnet, berichtet Feuerwehr-Sprecher Christian Schmücker. Trotzdem stand Wasser in Hinterhöfen und Lagerhallen. Einen Heizöltank musste die Feuerwehr deshalb leer pumpen, weil die Gefahr bestand, das Öl könnte den Deilbach verunreinigen.
Auch unter der A44 Brücke herrschte Land unter. Schlamm zeugt am Tag danach von der Überschwemmung. Aber sollte der Umbau des Deilbachs nicht besser vor Hochwasser schützen?
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Für rund zwölf Millionen Euro war der Deilbach offen gelegt, war das Bachbett verlegt worden, nachdem das Gewässer mehr als 100 Jahre lang am Unterlauf im Untergrund verschwand. Dorthin war der Bach im Zuge der Industrialisierung verbannt worden. Wenige Hundert Meter entfernt vom Kupferdreher Marktplatz mündet der Deilbach in den Baldeneysee. Der Weg dorthin wurde naturnah gestaltet, was ausdrücklich auch dem Hochwasserschutz dienen soll.
Die Stadt Essen arbeitet an einem Hochwasserschutzkonzept
Dieser Abschnitt des Deilbachs sei auf ein hundertjähriges Hochwasser ausgelegt, sagt Essens Umweltdezernentin Simone Raskob. Oberhalb des umgebauten Teils sei baulich aber nichts verändert worden. Der Deilbach fließt dort immer noch in einem engen Bett, teils eingezwängt zwischen Mauern. „Dort schwillt der Bach relativ schnell an“, sagt Raskob und beschreibt damit, was am Dienstag vor Ort zu beobachten war.
Das letzte Wort soll das nicht gewesen sein. Voraussichtlich bis März kommenden Jahres wird die Stadt ihr „Hochwasserkonzept“ für den Deilbach vorlegen, kündigt die Umweltdezernentin an. Diskutiert würden technische Veränderungen wie der Bau einer Schutzmauer. Um den Durchfluss zu verbessern, soll das Stauwehr oberhalb des umgestalteten Bachlaufs für einen siebenstelligen Betrag umgebaut werden.
Das Konzept werde in Abstimmung mit dem Kreis Mettmann erstellt, so Raskob. Denn wichtig sei, dass auch am Oberlauf des Deilbaches etwas passiert. Denkbar wäre der Bau eines Regenrückhaltebeckens. „Am Objektschutz kommen wir aber nicht vorbei“, betont die städtische Beigeordnete. Das heißt: Auch Hauseigentümer sind in der Pflicht, etwas gegen Überschwemmungen zu tun.
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