Essen. Zum zweiten Mal war das Stadion an der Hafenstraße Austragungsort der „GFL Bowl“ im American Football. Dresden spielte gegen Postdam.
Der American Football Verband Deutschland (AFVD) lud zum zweiten Mal zur „GFL Bowl“ an die Essener Hafenstraße; es trafen die „Potsdam Royals“ und die „Dresden Monarchs“ aufeinander vor 9700 Zuschauern. Doch es war weit mehr als eine Sport-Veranstaltung.
Die Monarchs hatten in der „German Football League“ Siege in Serie errungen, nur nicht gegen die Royals. Die Titelverteidiger pflügten ohne Niederlage durch den Wettbewerb und gingen als klarer Favorit ins Finale. Das Aufeinandertreffen dieser „königlichen“ Teams aus dem Osten der Republik wurde umrankt von einer ausgelassenen und vor allem friedlichen Party. Da fällt es auch nicht ins Gewicht, dass hier keiner ahnt, wer der Herr in kurzen Hosen ist, der vor dem Stadion als Statue verewigt wurde. Helmut Rahn? Wunder von Bern? Und von „Penny Islacker sein Knie“ hat auch noch keiner gehört.
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Fanclubs reisen in Bussen an, fahren direkt danach wieder nach Hause
Vorm Stadion sammeln sich die Fans, teils fantasievoll verkleidet, viele sind weit gereist ins Ruhrgebiet, um das Endspiel zu erleben. Einem Reisebus entsteigen fröhliche Dresdener. Ganze Familien sind dabei. Nico und seine Marlen, die sechsjährige Tochter Nina und Oma Jutta sind alle treue Monarchs-Fans, wie die Pappkrönchen signalisieren. Seit 1998 sei er dabei, gibt Nico zu verstehen: „Ich habe auch die Reisebusse mit organisiert. Unser Fanclub ist heute mit 113 Leuten angereist.“ Die Gesichter sind royal blau und golden geschminkt. Marlen lächelt: „Wir fahren zu jedem Auswärtsspiel. Heute waren wir über sieben Stunden unterwegs, mit kurzen Pausen. Nach dem Spiel fahren wir direkt wieder zurück nach Dresden.“
Viele Besucher strömen unverzüglich zu den Verpflegungsstationen. Lange Schlangen bilden sich, und die Fans stehen geduldig an. Auch die Preise erregen keinen Widerspruch. Für den „Meister-Burger“, mit Doppel-Patty, reichlich Chili-Cheese und Jalapeños, legt man ohne zu murren 13 Euro auf die Theke. Nur einer schüttelt den Kopf. Dieser Anhänger der Green Bay Packers sieht das kritisch: „Heute sind doch wieder so viele Leute da wie im Vorjahr, da musste man auch schon lange fürs Essen anstehen. Da hätte man reagieren können.“
Die Zuschauerzahl im Stadion an der Hafenstraße ist annähernd gleich wie im Oktober 2023
Tatsächlich sind es 200 Zuschauer mehr als beim letzten Mal; der Verband hatte insgeheim gehofft, alle 12.000 Sitzplätze füllen zu können. Die Fans schlendern an den Ständen vorbei, wo Trikots und Caps der favorisierten Vereine erworben werden können. Gut zwei Dutzend Club-Maskottchen schreiben geduldig Autogramme und posieren für Fotos. Der 64-jährige Michael Lepiarz ist seit 2012 „King Louie“ der Dresden Monarchs. Er setzt seinen riesigen Plüschkopf ab und wischt sich den Schweiß aus der Stirn: „Das macht Bombenspaß. Natürlich muss man auch Pausen einlegen. So ein Spiel kann fast drei Stunden dauern.“
Seine Aufgabe? Die Fans sollen motiviert werden, ihre Mannschaft anzufeuern: „Wir haben da eine tolle Truppe.“ Und wenn Dresden verliert? Macht nichts, sagt Lepiarz: „Football ist eine große Family. Das ist wichtig. Bei einem Sieg wäre unsere Stimmung natürlich noch besser.“
Steeler Kinder- und Jugendchor bekommt seinen großen Auftritt
Der Sportsender DF1 bietet vier Stunden Live-Übertragung an. Auf der Bühne vorm Stadion führen die Football-TV-Experten Carsten Spengemann und Roman Motzkus Interviews, es gibt Gewinnspiele und fetzige Musik. Dann eilen die Fernsehmoderatoren ins Stadion, das sich jetzt füllt, denn nun beginnt die Pre-Game-Show mit vielen hundert Cheerleadern. In den Katakomben sorgt die Marching Band „Brass2Go“ für gute Laune. Das hallt.
Die Spannung steigt, auch beim Essen-Steeler Kinder- und Jugendchor. Die Steeler sollen nämlich die Nationalhymne intonieren, und der Vorsitzende Ralph Knüttel strahlt: „Wir wollten unseren Sängerinnen und Sängern die Chance geben, einmal im Stadion zu singen. Wann bekommt man schon mal solch eine Möglichkeit? Es wird sogar im Fernsehen übertragen.“ Der Chor habe eigens im Freien geprobt, um den „Sound“ auszutesten.
Chor-Organisatorin: „Erst hatte ich Bedenken wegen der Sicherheit“
Organisiert hat das alles Vorstandsmitglied Katharina Hill: „Als im August der Anruf kam, war ich skeptisch. Eigentlich sollte heute nämlich unsere einwöchige Chor-Schulungsfahrt beginnen, die haben wir kurzerhand verlegt. Aber ehrlich gesagt hatte ich Bedenken wegen der Sicherheit. Schließlich haben wir Sechsjährige dabei. Doch mir wurde versichert, dass American Football ein Familiensport ist. Und wirklich ist hier total entspannte Partystimmung.“ Dann ist es soweit, die 42 Steeler Stimmen sorgen mit ihrem „Lied der Deutschen“ für einen Gänsehaut-Moment. Das ganze Stadion stimmt mit ein.
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Nun beginnt das eigentliche Spiel: Die Royals bekommen nicht nur den ersten Ball, sie sind auch deutlich schneller auf Temperatur. Quarterback Jaylon Henderson verdirbt den Dresdnern mit zwei Touchdowns direkt mal die gute Laune. Aber der Außenseiter beißt sich in die Partie und kann fünf Minuten vor dem Ende auf 21:27 verkürzen. Doch die gegnerische Verteidigung ist jetzt nicht mehr zu knacken, und Potsdam kann den etwas despektierlich „Beule“ genannten Siegerpokal in die Luft recken.
Ein großes Abschlussfeuerwerk gehört auch dazu. Dann gehen die Fans friedlich heim und AFVD-Präsident Fuad Merdanovic blickt bereits voraus: „Die GFL-Bowl Finaltradition in Essen könnte auch nach 2024 fortgesetzt werden.“
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