Essen. EBB und der Bayern-Vize dürfen nicht in ein Lokal, weil sie dem Wirt in puncto Innenstadt zu kritisch sind. Das ist wohl nur die halbe Wahrheit.
Wenn Kritik von außen droht, ziehen die drinnen sich nicht selten reflexhaft in eine aggressive Verteidigungshaltung zurück. Das Wagenburg-Prinzip ist menschlich und kommt in allen sozialen Gruppen vor. Gut finden muss man eine solche Haltung aber deshalb nicht, denn sie kriegt schnell einen Schlag ins Provinzielle und Possenhafte, wie es der Wirt vom Innenstadt-Lokal „Der Löwe“ jetzt beispielhaft demonstrierte.
Wer als Wirt nur Gleichgesinnte bedient, hätte eine seltsame Berufsauffassung
Weil das Essener Bürgerbündnis EBB den bayerischen Vize-Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger in kritischer Absicht durch die Innenstadt führen will, stornierte „Löwen“-Wirt Lars Becker eine sich daran anschließende Versammlung. Man muss weder Aiwanger noch das EBB mögen, aber sonderlich souverän kann man das nicht nennen. Wer als Gastwirt, zumal als Inhaber eines großen Brauhauses, nur Freunde und Gleichgesinnte bedienen wollte, hätte eine ziemlich merkwürdige Berufsauffassung.
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Becker hat mittlerweile beschwichtigt, er habe nicht gewusst, wie relativ groß die Veranstaltung werden soll und deshalb so reagiert. Glaubwürdig ist das nur bedingt, denn dann wäre es ja eigentlich nicht nötig gewesen, derart ungastfreundlich gegen Aiwanger zu holzen.
Neben dem beschriebenen lokalpatriotischen Reflex, ist etwas anderes wahrscheinlicher: Mittlerweile achten sogar manche Gastwirte ängstlich darauf, dass sie nicht mit den „falschen“ Gästen politisch anecken und dann im Internet-Shitstorm landen. Es ist traurig, aber die immer krassere politische Spaltung der Gesellschaft mit ihren teils neurotisch wirkenden Verrenkungen macht anscheinend nicht mal vor Brauhäusern Halt, die doch große Schmelztiegel sein sollten.
Schönfärberei bringt nichts; nicht mal nach der dritten Maß im „Löwen“
Bleibt die Frage, ob das EBB heillos übertreibt mit seinem Abgesang auf die Essener Innenstadt. Sagen wir es leicht augenzwinkernd so: Ein paar Probleme soll es zwischen Kettwiger und Viehofer Tor schon geben, hört man hie und da unter Essener Bürgern. Und nur weil das EBB und vielleicht ein Herr Aiwanger das auch so sehen, ist noch lange nicht das Gegenteil richtig. Da hat EBB-Chef Kai Hemsteeg schon Recht: Schönfärberei hat noch nie geholfen. Nicht mal nach der dritten Maß Bier im „Löwen“ am Kopstadtplatz.
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