Essen-Heisingen. Warum die Grünen in Essen-Heisingen lange auf die Umbenennung einer Haltestelle gedrängt haben. Und was die Reichstagswahl 1933 damit zu tun hat.

Auf dem Tisch lag das Thema seit 2021, jetzt ist die Umsetzung Fakt: Die Ruhrbahn hat die Haltestellen „Tengelmann-Ring“ in „Soniusweg“ umbenannt. „Damit ist endlich der Name eines zentralen Wegbereiters der nationalsozialistischen Unrechts- und Gewaltherrschaft aus den Ruhrbahn-Fahrplänen getilgt worden“, so Jan-Karsten Meier, Ratsherr und Grünen-Fraktionschef in der Bezirksvertretung VIII. Eine Umbenennung des nahen Ernst-Tengelmann-Rings indes ist bislang nicht geplant.

Meier hatte die Diskussion um die Benennung der Haltestelle vor zwei Jahren angestoßen und eigens ein Gutachten bei der Ruhr-Universität Bochum in Auftrag gegeben, das die NS-Vergangenheit Ernst Tengelmanns detailliert aufarbeitete. Das zentrale Fazit: Tengelmann war neben seiner leitenden Tätigkeit im Ruhrbergbau auch der erste Essener Stadtrat, der der NSDAP beitrat. Außerdem finanzierte er den entscheidenden Wahlkampf der Partei zur Reichstagswahl 1933 mit, der letztlich zur Machtergreifung der Nationalsozialisten führte.

Ruhrbahn kam Aufforderung zur Umbenennung erst 2023 nach

Historische Fakten, die ein simpler Haltestellenname „unkommentiert“ weitergebe, hatte Meier 2021 bemängelt – und für sein Anliegen einstimmige Unterstützung auch in der zuständigen Bezirksvertretung VIII gefunden. Die Umsetzung allerdings ließ auf sich warten, da die Ruhrbahn die logistisch recht aufwendige Umbenennung mit dem regulären Fahrplanwechsel verknüpfen wollte. Der aber entfiel 2022; die Änderung konnte erst jetzt zum aktuellen Fahrplanwechsel im August durchgeführt werden. Meier: „Auch wenn sich diese Umbenennung lange hinzog und eines langen Atems der grünen Initiatoren und der nachhaltigen Unterstützung der Heisinger Bürgerschaft bedurfte, möchte ich der Ruhrbahn ausdrücklich dafür danken.“

Schon vor zwei Jahren war die Diskussion hochgekocht: Die Bushaltestelle „Tengelmann-Ring“, so beschloss es die Bezirksvertretung VIII einstimmig, sollte umbenannt werden.
Schon vor zwei Jahren war die Diskussion hochgekocht: Die Bushaltestelle „Tengelmann-Ring“, so beschloss es die Bezirksvertretung VIII einstimmig, sollte umbenannt werden. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Nicht zur Diskussion steht nach wie vor eine Umbenennung des eigentlichen Ernst-Tengelmann-Rings. Einen entsprechenden Wunsch aus den Reihen der Anwohner gebe es bislang nicht, sagt der Ortspolitiker – sichert für den möglichen Fall jedoch zugleich die Unterstützung seiner Fraktion im Bezirk zu. Gemeinsam mit der Heisinger Bürgerschaft folgt Meier bereits einer Empfehlung des Gutachtens und möchte vor Ort eine Informationstafel aufstellen, die die Hintergründe erläutert. „Wir sind da aktuell noch in der inhaltlichen Abstimmung.“

Informationstafel in Essen-Heisingen soll Nazi-Vergangenheit Tengelmanns aufarbeiten

Auch ein konkreter Standort steht bislang noch nicht fest; die Kontaktaufnahme zu den Grundstückseigentümern in Frage kommender Flächen im Umfeld des Ernst-Tengelmann-Rings gestalte sich, so der Grünen-Ratsherr, „recht aufwendig“. Meier selbst hatte bereits Anfang dieses Jahres ein Provisorium mit historischen Fakten am Zaun des Paulushofes unmittelbar an der Ruhrbahn-Haltestelle angebracht, das bis heute Bestand hat. Infotafeln unter dem Straßenschild, wie sie vielfach bei bekannten Namensgebern von Straßen genutzt würden, kommen für ihn hingegen nicht in Frage: „Auf einer so kleinen Tafel würden die Informationen zu verdichtet wiedergegeben.“

Und wer war nun der Mann, der nicht länger nur der angrenzenden Stichstraße, sondern nun auch der Haltestelle seinen Namen leiht? Die Fakten über Anselm Sonius sind tatsächlich eher dürftig: Er lebte im 18. Jahrhundert, war von 1757 bis 1774 Abt der Werdener Benediktinerabtei und regelmäßig in „Haus Heisingen“ zu Gast.