Essen. Besondere Charity-Aktion in Essen: Rund 100 Triker und Motorradfahrer sind in einem Korso durch Essen gefahren. Wir waren mit dabei.
Gut 100 Trike- und Motorradfahrer aus ganz NRW und Hessen ließen am Sonntag Kinderaugen in Essen leuchten: Begleitet von rund 30 Polizeibeamten fuhren sie in einem Korso schwerstkranke Kinder aus der Stadt und Umgebung von Kettwig nach Frillendorf. Dort erwartete die jungen Gäste und ihre Begleiter ein buntes Fest mit Eis, Würstchen und kühlen Getränken. (Fotostrecke ganz unten)
[Alle Nachrichten aus Essen: Hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren]
„Türkis ist meine Lieblingsfarbe“, sagt Lisa Teubert strahlend. Damit war die Entscheidung am Sonntagmorgen gefallen. Im Rewaco-Trike von Edelgard Schmidt wollte die gehandicapte Essenerin Platz nehmen. Die 63-jährige Trikerin war mit ihrem schicken, dreirädrigen Kraftfahrzeug schon in aller Frühe von Frechen bei Köln nach Kettwig aufgebrochen. „Die Freude der Kinder zu erleben, ist das Allerschönste!“, sagt sie. Und Lisa ist überwältigt von all den schönen Eindrücken.
Triker legen eine Pause in Essen-Frillendorf ein
Zur Pause in Frillendorf darf die 23-Jährige für ein paar Fotos sogar vorn auf dem Sitz der Fahrerin Platz nehmen. Deren Ehemann, Michael Schmidt, schaut begeistert auf die vielen Trikes auf dem Medion-Gelände an der Schönscheidtstraße. Einige der glänzenden Dreiräder – mit dem Pkw-Führerschein zu fahren – sind mit Stofftieren als Maskottchen oder mit Fahnen originell geschmückt. „An dieser Charity-Trike-Fahrt nehmen wir bereits zum vierten Mal teil. Da wir selbst in der Familie krebskranke Kinder haben, kennen wir die Sorgen der Familien“, fügt der 55-Jährige hinzu.
Mit einer Wurst und Kartoffelsalat auf dem Teller genießt Laura Feldhordt den Stopp in Frillendorf. An langen Bänken nehmen die Familien aus Essen und Umgebung eine Stärkung ein. Für das Catering sorgt die IPA. Die drei Buchstaben stehen für „International Police Association“, ein weltweiter, unabhängiger Zusammenschluss von Polizeibeamten, wie Rainer Wittka (63) erklärt. Der Essener Ex-Polizist und Vize-Präsident des Motorradclubs „Blue Knights“ (Chapter Rhein-Ruhr) hat den Korso mit einigen Kollegen begleitet.
Trike-Tour durch Essen musste generalstabsmäßig geplant werden
„Meine Tochter Laura ist eines von 20 Kindern, die über den Verein Gänseblümchen Voerde an der Ausfahrt teilnehmen“, erzählt Carmen Feldhordt. Von Geburt an sei Laura geistig behindert und habe bereits zwei Krebserkrankungen überstanden. Die Riesenschlange vor dem Eiswagen ist nicht zu übersehen. Davor steht Udo Windl mit einem Megafon in einer Hand. Gleich beginnt der Zauberer mit einer Vorstellung. Windl ist seit 2017 für die ehrenamtliche Organisation der Kinder-Trike-Fahrten zuständig, die seit 2006 von einer Gruppe einmal jährlich mit Unterstützung von Feuerwehr und Polizei ausgerichtet werden. Alles habe reibungslos geklappt, lobt er den Einsatz der zahlreichen Ehrenamtlichen.
Die Tour über Werden, Dilldorf, Überruhr und Steele musste generalstabsmäßig geplant werden. Von langer Hand. Doch die Route auszutüfteln fiel den Mitgliedern der befreundeten Biker-Clubs nicht schwer: Die „Blues Knights“ – Motorrad fahrende Polizisten und Mitglieder von Zoll und Justiz – sowie das Feuerwehr-Pendant, die „Red Knights“ kennen sich aus auf Essens Straßen. Und wissen, wie man sich freie Wege bahnt. So genoss der fröhlich winkende und hupende Korso der knatternden Dreiräder an allen Kreuzungen die Vorfahrt. „Viele Leute sind am Straßenrand stehengeblieben und haben uns gefilmt“, berichtet Lisa Teubert begeistert.
Die 23-Jährige kam im Jahr 2000 als Frühchen zur Welt, drei Monate vor dem eigentlichen Geburtstermin. „Neun Monate lag sie auf der Intensivstation und musste mit einer Sonde ernährt werden.“ Maria Teubert, ihre Mutter, erlitt zehn Tage nach Lisas Geburt einen Schlaganfall und musste lernen, mit nur einer Hand ihr Kind zu wickeln, weil die andere Seite gelähmt war. „Jetzt ist meine Tochter zwar vom Alter her kein Kind mehr, doch sie hat den Verstand einer Teenagerin“, erzählt sie. Zudem leide Lisa an der chronisch fortschreitenden Lungenerkrankung COPD sowie an Epilepsie. Im Alter von vier Jahren habe Lisa, die heute in einer WG in Frohnhausen lebt, erst sprechen gelernt.
Star-Wars-Fans stehen in Kostümen Spalier
Das Begrüßungsspalier zum Eintreffen der 89 Trikes in Frillendorf werden die Kinder und ihre Familien wohl nicht vergessen. Mit glücklichen Gesichtern erreichen die Kinder das Zwischenziel und werden gebührend empfangen. Die Mitglieder der „German Garrison“, einer „Star-Wars-Legion“, steht parat in stilechten Sternenkrieger-Kostümen. Und sorgt für galaktisches Flair in sommerlicher Hitze. Als „Tie-Fighter-Pilot“ ganz in filmakkurater, schwarzer Kunststoffmontur ist Wolfgang Scholz nicht zu beneiden. Doch der Dortmunder hält wacker durch in der Schwüle und sagt selbst beim x-ten Fotowunsch nicht nein.
16. Triker-Kinderfahrt
Nicht aufzugeben hat auch Zoe Schloßmacher früh lernen müssen. Die 13-Jährige aus Bochum-Wattenscheid bekam als Kleinkind einen Hirntumor und lag lange im Krankenhaus. Ein paar Jahre später wurde wieder ein Tumor entdeckt. Das Bangen und Hoffen begann erneut. Nun geht es Zoe besser, sie besucht die 7. Klasse. „Einfach nur cool“ fand sie die Fahrt im lila-blauen Trike mit Flammen-Design. Zurück nach Kettwig ging es ohne Zwischenfälle vergnügt über eine kürzere Strecke. Vor einigen Jahren war ein schwerstkrankes Mädchen während der Fahrt verstorben. „Ihre Eltern baten darum, die Veranstaltung nicht abzubrechen. Das wäre nicht im Sinne ihrer Tochter“, so Udo Windl. Das Mädchen sei, so heißt es, mit einem Lächeln im Gesicht verstorben.
[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig & Werden + Borbeck & West | Alle Artikel aus Essen]