Essen-Werden. Der Wochenmarkt in Werden ist nicht nur idyllisch gelegen, er bietet auch viele regionale Produkte. Warum dort Tradition so wichtig ist.

Im Schatten der mächtigen Basilika St. Ludgerus liegt der Marktplatz von Werden. Hier im 1224 Jahre alten Abteistädtchen wird sehr viel Wert auf Tradition gelegt. So gibt es denn auch Marktstände, die seit Jahrzehnten ihre Kunden finden. Das Publikum ist aber nicht „von gestern“. Jede Menge junger Familien kaufen hier ein. Ebenso Künstler, Kirchenleute, Studenten – wie auch der letzte Schuster des Örtchens, „Wadi“ Dimitriadis. Er hält große Blumenbündel im Arm, als die Redaktion ihn beim Wochenmarkt-Check trifft. Der Stand von Lokalmatador Seibertz müsse keine Konkurrenz fürchten, sagt das waddische Original: „Die Blumen halten sich wochenlang.“

Auch der Werdener Künstler Johannes Gramm schlendert über „seinen“ Markt und findet, dass „hier das Leben pulsiert“. Schon zu Studienzeiten gehörte es zu seinem Pflichtprogramm: „Kurz vor Ende des Marktes habe ich damals Reste bekommen – für eine kleine Mark, Käse und so.“ Frau Allmang vom Feinkoststand habe immer gesagt: „Schätzken, du kannst es gebrauchen.“ Das sei genau der Ton, den er während seiner Zeit in Berlin vermisst habe: „Hier im Ruhrgebiet nehmen die Leute einen wahr. Hier wird man gnadenlos angequatscht. Auch das gehört zum Markttag.“ So, jetzt müsse er aber „zum Max“.

Viele Marktstände in Essen-Werden haben eine lange Tradition

Max Bracke aus Gelsenkirchen ist ein Urgestein des Marktes: „Ich habe 1995 den Stand mit Obst und Gemüse von meinem Onkel übernommen.“ Der Onkel habe schon den Stand gehabt, als der Marktplatz noch die Straße runter war: „Er fuhr mit dem Pferdewagen vor.“ Heutzutage preisen der Neffe und sein „Frischeteam“ ihre „beste Qualität“ an und bieten auch mal Ausgefallenes. Momentan geht vor allem Spargel.

Urgestein: Max Bracke hat den Stand mit Obst und Gemüse 1995 von seinem Onkel übernommen.
Urgestein: Max Bracke hat den Stand mit Obst und Gemüse 1995 von seinem Onkel übernommen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Bio-Bauer Günter Maas ist einer der wenigen Erzeuger, die noch selbst auf dem Wochenmarkt verkaufen. „Seit 25 Jahren stehen wir hier. Da hat sich etliches getan. Der Markt ist bunter geworden. Es sind Stände dazugekommen und das Angebot insgesamt ist vielfältiger geworden. Auch, um den Rückgang der Umsätze aufzufangen“, berichtet er.

Nach einem Corona-Hoch seien die nämlich rückläufig: „Noch viel zu wenige Leute legen Wert auf saisonale und regionale Lebensmittel.“ Auf dem Markt bekomme man Artikel, die es anderswo nicht gebe. Eben saisonal und regional.

Manfred Boers geht gern auf den Werdener Markt: „Hier ist alles vertraut und heimisch.“
Manfred Boers geht gern auf den Werdener Markt: „Hier ist alles vertraut und heimisch.“ © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Intensive Kommunikation mit der Kundschaft ist das A und O

Maas empfiehlt seinen Schnittsalat und ab Juli die eigenen „Tomaten aus Essen-Hamm“. Die intensive Kommunikation mit der Kundschaft sei das A und O: „Manche Kunden sind speziell, aber wir gehen auf alle Wünsche ein.“

Kunde Manfred Boers packt gerade Brokkoli ein: „Hier ist alles vertraut und heimisch. Früher ging ich in Rüttenscheid zum Markt, aber hier in Werden ist es gemütlicher und entspannter. Es meckert keiner, wenn man in der Schlange warten muss.“

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Die Treue der Kunden von Fisch Habant ist sprichwörtlich. Die 65-jährige Besucherin Mary Albrecht schwärmt: „Wir holen hier seit Jahrzehnten den Matjes. Immer superfrisch, von Hand abgezogen und preislich auch in Ordnung.“ Simone Habant lächelt: „Ich habe den Stand 2008 von meinem Vater Alfred übernommen, seitdem war er mein Angestellter.“ Der Seniorchef war geschlagene 56 Jahre vor Ort, eine Institution. Ab und zu schaue die Journalistin Felicitas Kapteina vorbei, Jahrgang 1923 und immer noch Kundin: „Frau Kapteina hat immer unseren Matjes gegessen. So wird man hundert Jahre alt.“

Immer samstags ist Wochenmarkt in Werden. Vom Marktplatz sind es nur 250 Meter bis zur Altstadt.
Immer samstags ist Wochenmarkt in Werden. Vom Marktplatz sind es nur 250 Meter bis zur Altstadt. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Frischemarkt in Essen-Werden: Infos und Service

Markttage, Erreichbarkeit und Parkplätze: Der Werdener Wochenmarkt an der Brückstraße ist samstags von 8 bis 13 Uhr geöffnet. Bis zu den Bushaltestellen der Linien 169, 180, 182, 192 und SB 19 sind es nur 200 Meter. Der direkt neben dem Marktplatz gelegene riesige Parkplatz der Werdener Feintuchwerke ist zwar wochentags übervoll. Samstags aber findet sich immer ein Plätzchen. Die Werdener kommen ohnehin zu Fuß oder mit dem Rad.

Vielfalt des Angebots: Das Angebot der insgesamt 13 Stände ist derart vielfältig und hochklassig, dass es schwer fällt, hier zu kritteln. Das anderswo vermisste Frischgeflügel und Wild? Bei Guido Tümp zu finden. Hier gibt es natives spanisches Olivenöl, Gemüse und Fleisch von eigenen Tieren in Bio-Qualität bei Bauer Maas, französische Spezialitäten bei Franck Roulée, allerlei mediterrane Leckereien bei Feinkost Fiedler: „Hier, probieren Sie mal.“

Serie: Wochenmärkte in Essen

In Essen gibt es über 20 Wochenmärkte, ihre Frequentierung schwankt. Zu einigen kommen bis zu 70 Händler, wie etwa in Rüttenscheid. In Stadtteilen, wie etwa Burgaltendorf ist es ein Einziger. Die meisten Märkte finden vormittags statt, auf der Margarethenhöhe und in Heisingen auch am Nachmittag.Haben Wochenmärkte eine Zukunft? Das wollen wir mit unserer neuen Serie, dem Wochenmarkt-Check, in den kommenden Wochen herausfinden.Wir schauen uns jeden Essener Wochenmarkt an. Welche Stände bieten die Märkte, wer geht dort einkaufen, wer flanieren? Dabei sprechen wir mit Händlern, Besuchern und Marktmeistern. Wir kaufen ein und schauen uns auch das Drumherum an. Gibt es genügend Parkplätze, gibt es Toiletten, und wie ist die Anbindung im Stadtteil?

Andere Einkaufsmöglichkeiten: Vom Marktplatz sind es nur 250 Meter bis zum Eingang der Werdener Altstadt mit ihren vielen inhabergeführten Geschäften, bis zum großen Edeka-Markt sind es keine 400 Meter.

Snacks und Aufenthaltsqualität: Jessica Awad bietet Kaffee- und Keksvariationen an, dazu frische Waffeln und Pfannkuchen mit Äpfeln. Tische und Bänke laden zum Verweilen ein. Neben der früheren Benediktinerabtei finden sich die Schatzkammer, ein malerisches Kräutergärtchen, ein Brunnen mit Bänken, Kunst im öffentlichen Raum. Alles von mächtigen Bäumen beschattet. Wer genau hinhört, kann den Musikstudenten der renommierten Folkwang-Universität beim Üben lauschen.

Toiletten und Sauberkeit: Die Markttoilette ist leider nicht mehr öffentlich zugänglich. Sie wurde über viele Jahre vom zu früh verstorbenen Ludger „Lutti“ Schwarze gehegt und gepflegt, doch die Zeiten sind passé. Die Sauberkeit der Fläche sei nicht zu beanstanden, sagen die Marktbeschicker.

Preise: Die Qualität sei sehr hoch, sagt Johannes Gramm, die Preise aber absolut vernünftig: „Auch der Service und die Beratung stimmen.“ Stammkunden könnten hier sogar anschreiben lassen.

Ambiente und Sozialstruktur: Für den Werdener ist der Samstag der große Einkaufstag. Als Kunden bestätigen die Abteistädter nur zu gerne den ihnen vorauseilenden Ruf, sehr qualitätsbewusst und durchaus anspruchsvoll zu sein.

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