Essen.. Bis in die letzte Instanz versuchte die Initiative „GMS“, die alte Haupttribüne des Georg-Melches-Stadion, der Heimat von Rot-Weiss Essen, unter Denkmalschutz stellen zu lassen. Jetzt gab es das letzte „Nein“ – jedoch nicht ohne Kritik an den Behörden.
55 Jahre lang kamen die Fans alle zwei Wochen zu Tausenden, um auf den Rängen der Haupttribüne des Georg-Melches-Stadion die Spiele von Rot-Weiss Essen zu verfolgen. Einst galt sie als modernste Tribüne Europas, viele sehen in ihr sogar den Grundstein für die einzige deutsche Meisterschaft des Essener Traditionsvereins. Bis zuletzt hoffte eine Gruppe von RWE-Fans deshalb, den geplanten Abriss der zwischen 1954 und 1957 erbauten Tribüne doch noch abzuwenden. Um sie als Denkmal zu erhalten. Ein langer Kampf, der nach fast zwei Jahren nun endgültig verloren ist.
Auf kommunaler Ebene schüttelte die Untere Denkmalbehörde bereits frühzeitig, noch bevor sie die Baugenehmigung für das neue Stadion erteilte, den Kopf. Auch eine Instanz weiter, beim Landschaftsverband Rheinland (LVR), ergab ein Gutachten: Die Haupttribüne weist „nicht die Tatbestandsmerkmale eines Baudenkmales“ auf. Doch die Fan-Initiative „GMS“ gab nicht auf. In einem letzten Schritt schrieb sie an Bau- und Verkehrsminister Michael Groschek, um in einer fünfseitigen Stellungnahme Zweifel am LVR-Gutachten zu äußern.
Ministerium hat keinerlei Weisungskompetenz
Der LVR hatte der Tribüne die Denkmaltauglichkeit aufgrund ihrer architektur- und ortsgeschichtlichen Bedeutung abgesprochen. Die Melches-Tribüne habe weder eine für ihr Zeitalter außergewöhnliche Gestaltung, noch sei sie als Zeugnis der Erfolgsgeschichte des Vereins in den 1950er Jahren schützenswert. Besonders letztere Feststellung prangerte der Berliner Architekt und Initiativen-Unterstützer Mathis Sommer in der Stellungnahme an.
Zum Denkmalschutz
Um ein Bauwerk wie die alte Haupttribüne des Georg-Melches-Stadion als Denkmal zu schützen, muss das es durch die kommunale Denkmalbehörde, in Essen die Untere Denkmalbehörde, in eine Denkmalliste eingetragen werden
Der Landschaftsverband Rheinland kann dabei beratende Funktion einnehmen. Kommen der LVR und die Behörde zu unterschiedlichen Ergebnissen, kann das Bau- und Verkehrsministerium zur Herbeiführung einer Entscheidung angerufen werden.
Die Antwort aus Düsseldorf folgte wenige Wochen vor dem geplanten Abriss: „Die gutachterlichen Schlussfolgerungen, vor allem in Bezug auf die ortsgeschichtliche Bedeutung des Bauwerks, teile ich nicht in vollem Umfang“, heißt es in dem Schreiben. Eine Bestätigung für die Denkmal-Initiatoren. Die enttäuschende Absage folgte jedoch nur einen Absatz weiter: Dennoch seien die verfahrensrechtlichen Vorschriften von den Behörden eingehalten worden. So lange sich der LVR und die Untere Denkmalbehörde in ihrem Urteil einige sind, habe das Ministerium „keinerlei Weisungskompetenz“.
Treffpunkt für Bewohner und Fans
Der Abriss ist damit, trotz der Zweifel am gutachtlichen Ergebnis, besiegelt. Für Jörg Lawrenz, Hauptinitiator des Denkmal-Kampfes, „eine Schande“. Schließlich verliere nicht nur die Stadt ein sporthistorisches Bauwerk, für die Stadtteile Bergeborbeck und Vogelheim gehe ein „Anlaufpunkt für Alle“ verloren. Die Vereinskneipe, deren Tür auch abseits der Spieltage offen stand, das Awo-Fanprojekt, das nun in Containern not-untergebracht sei, und nicht zuletzt ein Treffpunkt für Fans an Spieltagen. „Die VIP-Räume im neuen Stadion können das nicht auffangen“, behauptet Lawrenz.
Abriss des RWE-Stadions
Bei der Stadt verweist man unterdessen auf die planerische Notwendigkeit des Abrisses. Deshalb habe man schon vor Baugenehmigung einen etwaigen Denkmalschutz prüfen lassen. Wäre die Tribüne damals als solches eingestuft worden, hätte es diese VIP-Räume und somit das neue Stadion nie gegeben, erklärt Stadt-Sprecher Stefan Schulze. Der Bauantrag wäre nicht erteilt worden, da die Planungen ein großes Parkgelände an Stelle der maroden, und laut Gutachter sogar einsturzgefährdeten Tribüne vorsehen.
"Sehr nah drangewesen"
So bleibt für Lawrenz und seine rot-weißen Mitstreiter nur die lobenden Worte eines Lokalpolitikers „sehr nah drangewesen“ zu sein und vielleicht das ein andere Erinnerungsstück aus der Melches-Tribüne, das die Grundstücksverwaltung (GVE) den Fans möglicherweise überlässt. Und natürlich das neue Stadion. Mit seinen VIP-Logen, aber ohne Vereinskneipe.