Essen. Ruhrgebiets-Fotografin Brigitte Kraemer dokumentiert seit Jahrzehnten das Leben in Frauenhäusern. „Auf der Schwelle“ heißt die Ausstellung zum Buch.
„Auf der Schwelle“ hat Fotografin Brigitte Kraemer ihre aktuelle Ausstellung im Forum Kunst und Architektur betitelt. Gemeint ist damit keine kurze Begegnung, kein schnelles Vorbeischauen und baldiges wieder Wegsehen. Das Thema der Frauenhäuser begleitet die renommierte Ruhrgebiets-Fotografin bereits seit Jahren, schon ihre Diplom-Arbeit an der Essener Folkwang-Hochschule in den 1980ern war dem Leben in den Frauenhäusern gewidmet, damals eine echte Pioniertat. Angesichts der neu entfachten Debatten über sexuelle Gewalt gegen Frauen sorgen ihre Bilder für einen etwas anderen Blick auf ein allgegenwärtiges Thema: die physische, psychische und sexuelle Misshandlung von Frauen.
Der besondere Aspekt: Brigitte Kraemer zeigt bei aller Schwere des Themas keine Opfer-Bilder, sondern Frauen, die sich an einem Wendepunkt befinden. Das Warten und zaghafte Weitergehenwollen, das Inne- und Ausschau halten sind Themen ihrer einfühlsamen Schwarzweißbilder, die durchaus intime Momente dieses Gemeinschaftslebens wiedergeben, ohne jemals voyeuristisch zu sein.
Die vielfach ausgezeichnete Brigitte Kraemer, die mit ihren klassischen Foto-Reportagen über Land und Leute an der Ruhr zwischen Kanal und Büdchen bekannt geworden ist, hat Monate in den Frauenhäusern verbracht, mit den Frauen geredet, gekocht, gelitten, gelacht und auch manche Hilfestellung gegeben. Einzige Voraussetzung für diese besondere Offenheit: der Ort durfte durch die Fotografien nicht verraten werden. „Mein Vorteil war, dass ich fast jederzeit Zugang hatte“, erzählt die Fotografin, die in der Ausstellung vor allem aktuelle Bilder aus den Jahren 2013/2014 zeigt, die in dem gleichnamigen Fotoband „Auf der Schwelle“ Eingang gefunden haben. Entstanden sind intensive Portraits und stimmungsvolle Momentaufnahmen, die das beengte Leben zwischen Etagenbetten und Umzugkartons, zwischen Hoffnungschöpfen und Zurruhekommen, zwischen dem ausgelassenen Aufatmen und der immer noch spürbaren Angst dokumentieren. „Es gibt lustige, traurige, ernste und schwache Momente“, erzählt Brigitte Kraemer aus ihren vielen Begegnungen, die in der Ausstellung teils auch schriftlich Niederschlag finden, wenn einzelne Frauen sehr persönlich über ihre Leidensgeschichte berichten.
Das Buch zur Schau
Die Ausstellung „Auf der Schwelle“ ist bis zum 8. März im Forum Kunst und Architektur am Kopstadtplatz zu sehen. Öffnungszeiten: Di bis Fr 12-18 Uhr, Sa/So 14-17 Uhr, Eintritt frei.Das Buch zur Schau „Auf der Schwelle. Leben im Frauenhaus“ ist im Klartext-Verlag erschienen, 144 S., 19,95 € .