Essen.. Mitarbeiter des Ruhr-Museums wagen ein ungewöhnliches Experiment: Sie wollen nach langen Vorarbeiten das historische Hüttenverfahren im Halbachhammer erstmals wieder anwenden, das bereits vor 500 Jahren zur Stahlerzeugung diente.
Spannendes haben die Mitarbeiter des Ruhr-Museums gemeinsam mit der Universität Bochum vor: Ab Ende August soll im Halbachhammer im Nachtigallental wieder Stahl beziehungsweise schmiedbares Eisen erzeugt werden - und zwar wie vor 500 Jahren. „Sonst steht immer der beeindruckende Hammer im Mittelpunkt, dabei ist der Halbachhammer eigentlich ja Hütte und Hammer in einem“, sagt Achim Mikuscheit vom Ruhr-Museum.
Regelmäßig finden seit Jahren Schmiedevorführungen in dem Industriedenkmal statt. Um es überhaupt bearbeiten zu können, muss das Eisen Schmiedequalität haben, das heißt, dem Roheisen muss Kohlenstoff entzogen werden. Das geschieht durch das sogenannte Frischen, das Aufblasen von Sauerstoff, das den Kohlenstoff löst. Den Schmelzofen, nach dem chemischen Vorgang auch Frischeherd genannt, gibt es nach wie vor im Halbachhammer.
"Wir wissen nicht, was dabei herauskommen wird"
Nach einer jahrelangen Vorbereitungsphase - das Wissen um die alten Techniken war im Laufe der Zeit verloren gegangen und musste mühsam rekonstruiert werden - wagen die Schmiede Eitel und Thomas Mantowski und Gerdt Schraven als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Ruhr-Museums jetzt den Versuch, selbst auf althergebrachte Weise Stahl zu erzeugen. „Wenn das gelingt, sind wir das einzige praktizierende historische Stahlwerk in Essen“, freut sich Schraven auf das Experiment.
Einen ähnlichen Versuch habe man auch schon im Freilichtmuseum Hagen durchgeführt - und mangels Erfolgs wieder eingestellt, berichtet Achim Mikuscheit. Seit die Anlage in Essen steht, sei es das erste Mal, dass man sich an den Hüttenprozess wagt: „Wir wissen nicht, was dabei herauskommen wird, welches Eisen mit welcher Kohlenstoff-Konzentration.“ Man könne das Verfahren ja weiter verfeinern. Da es seit 150 Jahren nicht mehr angewendet worden sei, wisse man nicht genau, wenn der Schmelzprozess eintrete.
Industriedenkmal Halbachhammer
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Roheisen von Thyssen-Krupp
Die Anlage jedenfalls sei bestens vorbereitet, der Blaseblag liefere ausreichend Luft für den Prozess. „Die Innereien der Anlage waren nicht mehr vorhanden, mussten mühsam anhand der nur spärlichen historischen Quellen nachgebaut werden“, so Mikuscheit. Seit 1998 sei ein solches Experiment immer wieder Thema gewesen.
Das Verfahren zur Stahlerzeugung wurde bis 1860 angewendet, dann war es überaltert. Schon um 1900 sei das Wissen über die Methode, das mündlich tradiert wurde, weitgehend in Vergessenheit geraten. Die Holzkohle für das Experiment komme von einem Köhler aus dem Siegerland, wo auch der Halbachhammer ursprünglich beheimatet war. Das Roheisen liefere Thyssen-Krupp. Das historische Verfahren werden die Bürger beim Tag des offenen Denkmals am 14. September begutachten können.
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