Essen. „Aida“ hat Kultstatus am Aalto. Matthias Koziorowski, der als Kinderstatist begonnen hat, ist auch fast 20 Jahre später bei der Wiederaufnahme dabei. Mittlerweile ist der 26-Jährige allerdings Statistenführer im Aalto und studiert nebenbei Gesang an der Folkwang-Uni.

Wenn ein Bühnen-Skandal so beliebt wird, dass das Publikum auch nach fast 25 Jahren nicht genug hat von all den grellen Farben, den überbordenden Ideen und der längst zu Patina gewordenen Provokation, dann nennt man das eine Kult-Inszenierung.

„Aida“ ist Aalto-Kult. Keine Inszenierung hat im Essener Musiktheater länger überdauert als Dietrich W. Hilsdorfs Verdi-Schocker von 1989 mit seinen kuriosen Menschentieren, dem erotisch-circensischen Aufgalopp namens Triumphmarsch, den kunstvoll getürmten Leichenbergen, an die sich Matthias Koziorowski noch erinnern kann.

Gesangsstudium an der Folkwang-Uni

Koziorowski war damals eines der ersten „Aida“-Statistenkinder und ist über die ganze Aufregung ziemlich unbeschadet 26 Jahre alt geworden – und heute Statistenführer im Aalto. Ein dynamischer, sympathischer und organisationstalentierter junger Mann, den die Begeisterung fürs Opernfach langsam, aber dann so heftig gepackt hat, dass er inzwischen an der Folkwang-Uni Gesang studiert und bald sein erstes Engagement am Musiktheater Gelsenkirchen bekommt.

Am Samstag aber wird er bei der jüngsten „Aida“-Wiederaufnahme auf der Bühne stehen und sich fragen, welcher der 24 Kinder diesmal in seinem Fischerhemd steckt.

Ungereimtheiten an der Oper

Es ist ja nicht so, als würde an deutschen Opernhäusern nicht nachhaltig gedacht. Die Kinderkostüme, die an diesem Nachmittag auf die Probebühne geschoben werden, haben schon manche Buntwäsche hinter sich. Wenn man die Erfahrungen von Koziorowski zugrunde legt, stehen die Jungs und Mädchen, die zur Kostümprobe erschienen sind, nicht zum letzten Mal auf der Bühne.

 Für Koziorowski jedenfalls war „Aida“ der Einstieg wie für viele andere. Ein Drittel der „Parsifal“-Statisten seien so ans Aalto gekommen, erzählt er. „Fähnchenschwenken bei Aida ist bei uns der Klassiker.“Der ehemalige Goethe-Gymnasiast weiß viel über Aida, über das Aalto, über Oper überhaupt, „die ja immer ein bisschen unlogisch ist“, wie er seinen Schützlingen erklärt. Dass Tote hier immer noch sehr schön weitersingen, ist beispielsweise so eine Ungereimtheit. Wird von der kindlichen Psyche aber offenbar problemlos akzeptiert.

Kunsttod mit Ketchup

So seien wegen mancher plakativ geratenen Szene im „Rheingold“ sogar mal psychologische Gutachten für die Kinderstatisten erstellt worden. Ergebnis: Mit den Auswüchsen des postmodernen Regietheaters haben sie keine Probleme, solange „Fricka“ mit ihnen später in der Kantine ein Schälchen Pommes ordert. Kunsttod gut und schön, aber bitte mit Ketchup.

„Für Kinder hat das was von Abenteuerspielplatz“, findet Koziorowski. Einer, für den man sogar Taschengeld bekommt. Fünf Euro pro Probestunde, 15 Euro je Vorstellung. Kein Grund natürlich, sein Aida-Fähnchen ewig hochzuhalten. Aber aller Karriere-Anfang ist manchmal eben ein Holzschwert-Auftritt in Ramses’ Heer.

Schminktipps vom Profi

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