Essen-Stadtwald. Immer mehr Graffiti: Die Stadt unternimmt dagegen nur etwas, wenn es sich um verbotene Symbole handelt oder die Sicherheit gefährdet ist

Nach Problemen mit Graffiti-Schmierereien im Essener Süden, zum Beispiel in Kupferdreh am neuen Busbahnhof und der Kampmannbrücke und zuletzt in Heisingen an einer Stele am Baldeneysee, ist auch Stadtwald massiv von Sprühattacken betroffen - sehr zum Ärger der Anwohner.

Eigentlich lebt Christoph Berse (66) gerne in Essen-Stadtwald. Seit er in Rente ist, ist er viel im Stadtteil unterwegs, entdeckt gerade zu Corona-Zeiten sein Wohnumfeld neu. Dabei fällt ihm auf, dass immer mehr Flächen mit Graffiti beschmiert sind. Das ärgert ihn. Er plädiert dafür, besprühte Flächen schnell zu reinigen – damit nicht immer mehr dazukommt.

„Ich wohne sehr gern hier in der Nähe des Stadtwaldplatzes, genieße die gleichzeitige Nähe von Stadt und Natur“, sagt Christoph Berse. Er sei oft im Nahbereich im Wald oder auf dem Wochenmarkt unterwegs, nehme seine Umwelt jetzt bewusster wahr als früher. „Was mir auffällt, ist die zunehmende Verschandelung mit Graffiti im Essener Süden, auch rund um den Stadtwaldplatz und an ursprünglich sehr schönen Natursteinmauern, zum Beispiel an der Schillerwiese. Relativ neu sind Parolen an der Mauer des Stadtwaldplatztunnels in Richtung Essen-Hügel“, ärgert er sich. Auch die Reitsportanlage an der Wittenbergstraße sei betroffen.

Das Beschmieren von fremdem Eigentum ist Sachbeschädigung

Ihn ärgerten die Verschmutzungen, ganz gleich aus welcher politischen Richtung sie kämen. Mit dem Phänomen Graffiti hat sich der gelernte Heizungsbauer, studierte Sozialpädagoge und promovierte Erziehungswissenschaftler auch schon während seines Berufslebens beschäftigt. Er habe unter anderem Jugendzentren geleitet, erzählt er. Für Graffiti als Ausdrucksform von Jugendkultur gebe es legale Flächen, das Beschmieren von fremdem Eigentum sei für ihn schlichtweg Sachbeschädigung.

Berse plädiert dafür, Schriftzüge und Bilder möglichst schnell zu entfernen und verweist auf die sogenannte Broken-Windows-Theorie, die auf sozialwissenschaftliche Experimente in den 1960er-Jahren in New York zurückgehe. „Danach ist das schnelle Reagieren auf Zerstörung und Verschmieren von Gebäuden im öffentlichen Raum notwendig, um weitere Abwärtsbewegungen zu vermeiden“, erklärt Berse. "Dass sich immer mehr Müll an Stellen häuft, wo sowieso schon Müll liegt, untermauert diese Theorie."

Anwohner bietet Hilfe bei der Beseitigung von Schmierereien an

Er könne allerdings weder von öffentlichen Institutionen noch von Privatleuten bisher ein entsprechendes Verhalten erkennen, das auf die Vermeidung von weiterer Verschmutzung gerichtet sei. Er habe auch kein Patenrezept gegen Graffiti, wolle aber "nicht nur meckern, sondern auch aktive Mithilfe bei der schnelleren Beseitigung anbieten, wenn die jeweiligen Besitzer einverstanden sind“, so Berse. „Mir scheint eine zügige Reaktion und Beseitigung von Graffiti dringend angeraten.“

Mit seinem Anliegen hat sich Christoph Berse an die Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald und die Bezirksvertretung II gewandt. Vielleicht könne man eine entsprechende Initiative starten und Hilfsmittel zur Beseitigung der Graffiti als Spende von Firmen erhalten.

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Laut Jasmin Trilling vom Stadtpresseamt sei es Sache von Polizei und Staatsanwaltschaft, Sachbeschädigung in Form von Graffiti-Schmierereien zu ahnden. Solche Beschädigungen könne nur der jeweilige Eigentümer, zum Beispiel von Privathäusern, zur Anzeige bringen. Er entscheide auch über die Entfernung der Graffiti.

Stadt wird nur bei illegalen Symbolen oder Verkehrsgefährdung tätig

Bei betroffenen städtischen Bauwerken, wie Brücken, werde man in der Regel nicht tätig. "Die Entfernung der Schmierereien ist teuer und die Stadt kann nicht einfach das Geld der Steuerzahler dafür nutzen. Die Stadt wird nur aktiv, wenn es sich um illegale Symbole wie Hakenkreuze handelt oder um Stellen, an denen Graffiti den Verkehr gefährden", so Jasmin Trilling.

Man setze in Zusammenarbeit mit der Polizei eher auf Prävention. Das Jugendamt habe Kontakt zur Graffiti-Szene. Es gebe in Essen fünf Freiflächen und neun Eventflächen, auf denen zum Beispiel im Rahmen von Aktionen legal gesprüht werden könne. So entstandene künstlerische Werke würden in der Szene in der Regel respektvoll behandelt.

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