Essen-Altenessen. Wald oder Kita: Das ist die Frage am Loskamp in Essen. Laut Bebauungsplan sollten die Bäume jetzt im gefällt werden. Deswegen stehen sie noch.
- In Essen soll eine Kita gebaut werden. Dafür muss ein Wald gerodet werden.
- Eigentlich sollte die Kita im Sommer 2023 fertig sein, der Zeitplan hat sich jedoch verzögert.
- Ein Bussardpaar brütet dort regelmäßig. Die Untere Naturschutzbehörde erklärt, dass eine Umsiedelung schwierig wird, empfiehlt trotzdem den Bau der Kita im Stadtteil Altenessen.
Die Stadt Essen am Loskamp in Altenessen eine Kita bauen. Auf der Fläche steht ein Wald, in dem regelmäßig ein Mäusebussardpaar brütet. Diesen wollen Anwohner und Politiker einiger Parteien erhalten. Ursprünglich sah der Bebauungsplan vor, dass im Herbst – also jetzt – mit den Rodungsarbeiten begonnen wird. Im Sommer 2023 sollte der Kindergarten bezogen werden. Jetzt meldet die Stadt: Die Baumfällarbeiten werden erst im Herbst kommenden Jahres starten.
Kita in Essen soll im Oktober 2024 fertig sein
Grund dafür sind nach Angaben von Stadtsprecher Patrick Betthaus „zeitintensive Gutachten“, die erforderlich waren. Die Beteiligung und Zustimmung des Beirats der Unteren Naturschutzbehörde war nötig. Zudem habe es personelle Engpässe bei der Stadt gegeben. Nach aktuellem Zeitplan beginnen die Arbeiten am Rohbau der Kita im April 2023. Die Fertigstellung ist für Oktober 2024 anvisiert.
Stadtsprecherin Katharina Steffens hatte bereits im April betont: „Für die Fläche besteht seit dem Jahr 1980 ein rechtsgültiger Bebauungsplan. Es handelt sich hierbei nicht um neu zu schaffendes Bauland. Es muss kein neuer Plan aufgestellt werden.“
In dem Essener Waldstück hat sich ein Bussardpaar angesiedelt
Die Kita in Trägerschaft des Deutschen Roten Kreuzes soll laut Planung der Stadt auf einer 2900 Quadratmeter großen Fläche ihren Platz finden, die vom Außengelände der Hauptschule an der Bischoffstraße, vom Gelände des Nordfriedhofs und von bestehender Wohnbebauung begrenzt wird. Sie soll Platz für 90 Kinder bieten.
Widerstand regte sich bei den Anwohnern: Einige hatten sich in einer Initiative mit dem Ziel zusammengefunden, den Wald am Loskamp zu erhalten – unterstützt werden sie von der CDU und den Grünen in der Bezirksvertretung. SPD und das Essener Bürgerbündnis priorisieren hingegen den Kitabau. Die Gegner sorgen sich um den Verlust des alten Wohnbestandes, um die Zerschlagung eines intakten Ökosystems und um die Heimat vieler heimischer Tiere – unter anderem habe sich in dem Wald ein Bussardpärchen angesiedelt.
Bussardpaar kann nicht umgesiedelt werden
Aus der Artenschutzprüfung der Unteren Naturschutzbehörde geht hervor, dass ein Mäusebussardpaar dort tatsächlich regelmäßig brütet. Eine Umsiedelung könne nicht sichergestellt werden, da in der Umgebung kein geeigneter Ort gefunden wurde. Das Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege legt fest, dass es verboten ist „Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“ Ausnahmen seien jedoch möglich, wenn „zwingende Gründe des öffentlichen Interesses vorliegen“, heißt es in der Artenschutzprüfung.
Dieser Grund ist der Bedarf an Kitaplätzen in Essen. Zu Beginn des laufenden Kindergartenjahres fehlten stadtweit nach Angaben der Stadt 2100 Betreuungsplätze. Aus einem Bericht der Stadt geht hervor, dass die Zahl der Kinder in Altenessen-Nord im Vergleich zu anderen Stadtteilen weiter ansteige. Es fehlen dort derzeit mindestens zehn Kita-Gruppen um die angestrebte Zielversorgung zu erreichen.
Bussardpopulation in Essen laut Naturschutzbehörde nicht in Gefahr
Die Stadt hat 17 Alternativstandorte in Altenessen-Nord geprüft, ist jedoch nicht fündig geworden. Der Sportplatz der benachbarten Schule soll künftig wieder von den Schülern und Schülerinnen genutzt werden, Standorte auf dem Nordfriedhof und an der Kuhlhoffstraße scheiden aufgrund des bestehenden Planungsrechtes aus, sie sind als Grünflächen festgesetzt.
Hoher Bedarf an Kindergartenplätzen
Geht man von einer nötigen Versorgungsquote von 40 Prozent bei kleinen Kindern (bis drei Jahre) und 100 Prozent von Kindern zwischen drei und sechs Jahren aus, fehlen in Essen im laufenden Kindergartenjahr 2100 Plätze. Kinder zwischen ein und drei Jahren werden häufig von Tagesmüttern und -vätern betreut. Die hatten zuletzt noch freie Kapazitäten.Der hohe Bedarf an Kindergartenplätzen liegt laut Stadt an gestiegenen Geburtenraten und am Zuzug von Migranten. Nicht alle für dieses Jahr geplanten Plätze konnten tatsächlich geschaffen werden. Nach Angaben der Stadt kam es teilweise coronabedingt zu Verzögerungen, außerdem habe es Schwierigkeiten in der Abstimmung bei Mietverträgen gegeben und es hätten sich Planungen von Trägern und Investoren geändert.
Die Untere Naturschutzbehörde bilanziert für Essen, dass es zwischen 51 und 100 Mäusebussardpaare im gesamten Stadtgebiet gibt: „Die lokale Mäusebussardpopulation wird durch Wegfall eines einzelnen Brutplatzes nicht erheblich beeinträchtigt. In Abwägung mit dem öffentlichen Interesse am Erhalt des Brutplatzes des Mäusebussards an diesem Ort, ist das öffentliche Interesse an der Errichtung der Kita daher als vorrangig zu bewerten.“