Essen. Nach dem großen Erfolg des Baldeneysteigs, gibt es in Essen nun einen zweiten ambitionierten Premium-Wanderweg: den Kettwiger Panoramasteig.

Unter Wanderern ist der 2017 eingeweihte Baldeneysteig längst eine eingeführte Marke, mit Ausstrahlung weit über Essen hinaus. Am Mittwoch nun ist nach langer Vorbereitung eine zweite Langstrecken-Route auf Essener Stadtgebiet eingeweiht worden: Der „Kettwiger Panoramasteig“ schließt an den Baldeneysteig an, steht aber als geschlossener Rundweg für sich und hat auch eine eigene Markierung.

Essen als Zentrum für das „Urbane Wandern“

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Der frühere Chef des Grüne Hauptstadt-Büros, Ralph Kindel, hatte vor fast zwei Jahren die Idee, den Baldeneysteig um einen weiteren Weg zu ergänzen und so Essen zu einer Art Zentrum des „Urbanen Wanderns“ zu machen. Nachdem er mehrfach Streckenabschnitte gegangen war und das Kartenmaterial analysiert hatte, schälte sich eine gut 34 Kilometer lange Route heraus, die jeweils nördlich und südlich auf den Ruhrhöhen zwischen Werden und Kettwig verläuft.

Oberbürgermeister Thomas Kufen und Projektentwickler Ralph Kindel haben am Mittwoch offiziell den Kettwiger Panoramasteig eröffnet.
Oberbürgermeister Thomas Kufen und Projektentwickler Ralph Kindel haben am Mittwoch offiziell den Kettwiger Panoramasteig eröffnet. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Urbanes Wandern - das hört sich an, wie der Versuch, Unvereinbares in einen griffigen Slogan zu packen. Tatsächlich kann (und soll) Wandern am Rand der Großstadt nicht immer Natur pur sein, die Stadtlandschaft mit ihrer Vielfalt ist dabei Teil des Erlebnisses. Die Corona-Krise hat den Trend noch einmal verstärkt, lohnende Ziele auch einmal in der Nähe zu suchen, und die Essen Marketing GmbH (EMG) baut derzeit mit der halb ernsten, halb ironischen Kampagne zu „Urlaub in Essen“ darauf auf.

Für die Kampagne der Essen Marketing GmbH kommt der neue Wanderweg wie bestellt

Die Einweihung des Kettwiger Panoramasteigs kommt für die EMG daher wie gerufen, denn in Sachen Wanderrouten kann der Essener Süden nun tatsächlich ziemlich mühelos mit dem konkurrieren, was die kleineren Mittelgebirgslandschaften in NRW zu bieten haben. „Urlaub im Freien wird in diesem Jahr wichtiger sein denn je. Mit unseren anspruchsvollen Wanderwegen halten wir, was wir in unserer Tourismus-Kampagne versprechen: In Essen geht alles!“, jubelt EMG-Geschäftsführer Richard Röhrhoff.

Durch den Erfolg des Baldeneysteigs freudig überrascht, half die EMG schon weit vor Corona, den Kettwiger Weg möglich zu machen, was immer auch mit einiger Bürokratie verbunden ist. Denn Grundstückseigentümer sind nicht immer begeistert, wenn ein groß beworbener Wanderweg durch ihre Wälder, Felder oder stillen Wohnstraßen führt, verhindern können sie dies in der Regel nicht. Auch mit dem Naturschutz gab es einige Probleme, die sich aber lösen ließen.

Der neue Wanderweg ist nach Angaben seines „Erfinders“ durchgehend beschildert

Laut Ralph Kindel ist der Kettwiger Panoramasteig mittlerweile auch bereits durchgehend beschildert, was für den Erfolg von Rund- und Fernwanderwegen absolut entscheidend ist. Wie für den Baldeneysteig, soll es auch für den neuen Weg eine Wanderkarte geben, wobei eine gute, präzise Markierung eigentlich keine Fragen offen lassen sollte. Verantwortlich dafür ist der Sauerländische Gebirgsverein (SGV), der per Landesgesetz das Monopol für diese Aufgabe hat.

Der genaue Verlauf des Kettwiger Panoramasteigs

  • In Werden gibt es direkten Anschluss an den Baldeneysteig

Schon der gut 26 Kilometer lange Baldeneysteig besticht mit seinen Ausblicken auf die Ruhrtal-Landschaft. Die Fortsetzung zwischen Werden und Kettwig hat in diesem Punkt sogar noch etwas mehr zu bieten. Ein paar Kilometer länger ist der Kettwiger Steig auch, jedenfalls wenn man die gesamte Runde gehen will: 34 Kilometer sind selbst für ambitionierte Geher eine stramme Leistung. Die Gesamttour lässt sich aber auch splitten, wer zum Beispiel am Werdener S-Bahnhof startet, kann in Kettwig mit dem Zug zum Ausgangspunkt zurückkehren und sich an einem anderen Tag die andere Hälfte des Weges vornehmen.

Es werden ausschließlich bereits bestehende Wege und Straßen genutzt

Der Kettwiger Panoramasteig verläuft ausschließlich auf bereits bestehenden Wanderwegen und Straßen. Grobe Beschreibung: Vom Werdener S-Bahnhof geht es zunächst auf die nördliche Seite der Schienen und dort dann einige hundert Meter an der geologischen Wand entlang parallel zur vierspurigen B 224.Einen guten Kilometer lang führt der Weg dann über den Baldeneysteig, verlässt diesen aber in Höhe des Wildgeheges im Heissiwald. Die Höhen über der Ruhr am Kanonenberg bieten dann die ersten eindrucksvollen Ausblicke.

Das Wanderzeichen des Kettwiger Panoramasteigs erinnert an das des Baldeneysteigs, hat aber andere Farben.
Das Wanderzeichen des Kettwiger Panoramasteigs erinnert an das des Baldeneysteigs, hat aber andere Farben.

Über Wolfsbachtal und Ruthertal führt der Weg hoch zur Meisenburgstraße, wo nach der Querung eine lange Passage in der offenen Landschaft im Grenzgebiet zwischen Essen und Mülheim beginnt. Über Kettwig-Ickten, Auf der Höhe und dem Kettwiger Stadtwald geht es zur Ruhrbrücke und hinüber zum südlichen Teil des Steigs, der insgesamt mehr Waldabschnitte bietet. Oefter Wald und die Freiflächen im Bereich der Straße Timpen sind die wichtigsten Stationen, bevor es dann über den Pastoratsberg zurück nach Werden geht.

Anders als der Baldeneysteig, ist der Kettwiger Panoramasteig ziemlich asphaltlastig

So vielfältig und aussichtsreich der Weg ist, an einem Punkt wird sehr deutlich, dass die Tour sich im Dunstkreis von Großstädten und dicht besiedelter Landschaft bewegt: „Die Wege sind sehr asphaltgeprägt“, sagt Martin Velling, Vorsitzender der Abteilung Kupferdreh des Sauerländischen Gebirgsvereins.

Die Ruhr ist beim Panoramasteig oft in Sichtweite, hier mit Werden im Hintergrund.
Die Ruhr ist beim Panoramasteig oft in Sichtweite, hier mit Werden im Hintergrund. © Jochen Tack | Jochen Tack

Wanderer mögen Asphalt nicht besonders. Ein hoher Anteil von Wiesen- Feld- und Waldwegen - eine Stärke des Baldeneysteigs - ist gelenkschonender, vermittelt vor allem auch weit eher das Gefühl, in der freien Natur zu sein. Nach einer Richtlinie des Deutschen Wanderinstituts, der das touristisch begehrte Label „Premium-Wanderweg“ verleiht, dürfen ausgezeichnete Wanderwege nur zu maximal 15 Prozent über versiegelten Boden gehen. Da liegt der Kettwiger Panoramasteig weit darüber. „Urbanes Wandern“ eben.

EMG-Chef Röhrhoff findet vor allem das Überraschungsmoment faszinierend: „In einer früheren Industriestadt erwartet einfach kaum jemand ein solches Angebot.“ Genau das soll Teil einer touristischen Erzählung über Essen sein. Wer die beiden Routen kombiniert, kann über drei Tage fast 60 Kilometer am Stück durch Essen laufen - wenn er will. Kaum eine deutsche Großstadt könne so etwas innerhalb ihrer eigenen Stadtgrenzen bieten.

Der genaue Verlauf des Kettwiger Panoramasteigs

  • In Werden gibt es direkten Anschluss an den Baldeneysteig

Wanderführer erscheint im Sommer

Wer den Kettwiger Panoramasteig – komplett oder teilweise – erwandern möchte, findet alle Routeninformationen auf www.visitessen.de. Rund 2.500 Wanderzeichen, die vom Sauerländischen Gebirgsverein angelegt wurden, weisen entlang der Strecke den Weg. Am Kettwiger und Werdener Bahnhof werden in Kürze Informationstafeln über den Wanderweg informieren und als Startpunkte dienen.

Im Sommer erscheint im Klartext-Verlag ein Wanderführer „Urbane Steige in Essen – der BaldeneySteig und der Kettwiger Panoramasteig“. Die Texte stammen von Ralph Kindel, die Fotos von Jochen Tack.