Essen.. Sommerzeit ist Badezeit - besonders in den Ferien. Die Stadt hält fünf Freibäder vor, die wir einem Test unterziehen. Nach dem Steeler Bad ist das Freibad Kettwig an der Reihe. Ein sehr klassisches und familiäres Schwimmbad mit einladender Liegewiese. Das Hallenbad nebenan öffnet nach den Ferien.

Sommerzeit ist Ferienzeit ist Badezeit. Fünf Freibäder hält die Stadt Essen vor. Bäder, die wir einem Check unterziehen. Nach Steele ist jetzt Kettwig an der Reihe.

Der erste Eindruck

. . . ist gut. Es ist Dienstagmorgen, viertel nach acht, noch bewölkt und etwas frisch. Trotzdem reiht sich auf dem Parkplatz schon Auto an Auto. Auffällig: Es sind etliche BMW, Mercedes und Audi dabei, oft mit MH-, OB- und sogar D-Kennzeichen. Die pensionierte Top-Juristin, schon seit über 20 Jahren Stammkundin, hat gerade ihren täglichen halben Kilometer geschwommen. Und lobt die ungewöhnlichen Öffnungszeiten. „Hier gehts schon um 6 Uhr los“, sagt sie. Am Becken hat sie ihren Bademantel übergeworfen, geduscht wird gleich Zuhause.

Das Team um Badleiter Kalle Mallouscheck erhält vom Publikum gute Noten. „Ein nettes Team“, heißt es immer wieder.

Umkleide, Dusche & Klo

Erfreulich: Alles ist in dem kleinen Umkleidetrakt vorhanden, auch Warmduschen mit einem kernigen Strahl. Minuspunkt: Zwei Duschen auf jeder Seite – das kann selbst bei den Frühschwimmern für Engpässe sorgen. „Erst recht, wenn ein Endlos-Duscher dabei ist“, lacht eine Stammkundin. Zwar gibt’s Spinde für Wertsachen und getrennte Umkleiden, aber darauf legt hier anscheinend niemand Wert. So hat sich der gemütliche Wärmeraum vorne in eine große Unisex-Gemeinschaftsumkleide entwickelt, in der gerne geplaudert und gescherzt wird. Die Atmosphäre ist locker, fast ungezwungen. Die meisten hier sind so genannte „Best-Ager“ – gesundheitsbewusste, gebildete Generation 50plus. „Jeder kennt hier jeden, man wird freundlich begrüßt und kann auch mal eine kleine Sorge loswerden“, schwärmt Adelheid Geppert aus Mülheim, die nur dienstags kommt und dann eine Dreiviertelstunde Bahnen zieht. Meister Proper schaut hier jeden Tag vorbei, von Schimmel oder dergleichen keinerlei Spur.

Das Wasser

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Die klassische Freibadausstattung mit großem Sportbecken (21 mal 50 Meter), Nichtschwimmerbassin in T-Form und Sprung- (mit Dreier + Einer) sowie Planschbecken für Kinder. Im „Schwimmer“ zeigt das Thermometer gegen neun Uhr angenehme 24,3 Grad an – ideal zum Bahnenziehen. Aber manche Gäste wünschen sich ein oder zwei Grad mehr. „Ich würde gerne mehr Eintrittsgeld bezahlen, wenn das Wasser etwas wärmer wäre“, gesteht Eva Schröder, die im „Dorf“ Kettwig aufgewachsen ist und jetzt in Mülheim lebt. „Ich bin dem Kettwiger Bad immer treu geblieben“, fügt sie hinzu. Schade, dass das „Nichtschwimmer“ unbeheizt ist. Aktuell hat’s nur 23,7 Grad. Alexandra Uehlein ist mit Sohn Benedict gekommen, der stolz auf sein „Seepferdchen“ ist, aber noch besser werden will. „Mich stört’s nicht, aber ein beheiztes Nichtschwimmerbecken wäre natürlich schöner.“

Die Aufpasser

. . . dürften von ihren Kollegen im Grugabad beneidet werden. Während Issas stämmige Security-Leute zum Zentralbad gehören wie Chlor zum Wasser, werden sie in Kettwig nach Angaben des Bäderamts nur „selten“ eingesetzt. Die schicken Autos auf dem Parkplatz verraten schon, warum „Sicherheit“ hier kein Aufreger ist. Nirgendwo gibt es so viele „Vollzahler“ wie in diesem Bad. Wo selbstbewusste Mittelschicht unter sich ist, bleibt der „Krieg der Zivilisationen“ zwangsläufig aus. „Ins Grugabad würde ich alleine mit Kind auf keinen Fall gehen“, gesteht Alexandra Uehlein.

Rund ums Becken

Sehr einladend: die saftig grüne Liegewiese (20 200 qm) mit vielen schattenspendenden Bäumen. Überhaupt besticht die landschaftlich reizvolle Lage in der Senke am Teelbruch mit den sanft aufsteigenden Rändern. Die Ausstattung: schöner Kinderspielplatz mit Sonnensegel, Beachvolleyballplatz, Basketball, Tischtennisplatten. Von einem Bad in dieser Lage darf man jedoch mehr erwarten: zum Beispiel schicke Holzliegedecks und zusätzliche Sonnenschirme.

Leib & Seele

Es ist schon kurz nach elf, die Sonne brennt und immer mehr Familien passieren jetzt das Kassenhäuschen. Wann der Kiosk gegenüber seine Pforten öffnet? Achselzucken. Ergebnis: Wer hungrig ist und Durst löschen will oder eine Tasse Kaffee wünscht, sitzt momentan auf dem Trockenen. Auch der kleine Verkaufsstand auf der Liegewiese hat dicht. So mancher Gäste, heißt es, ärgere sich über den Kiosk. Kundige Badegäste wissen sich aber zu behelfen. Sie verlassen kurz das Bad und versorgen sich am Büdchen gegenüber mit dem Allernötigsten. Telefonische Nachfrage am Nachmittag – Antwort: „Der Kiosk hat um zwölf geöffnet.“

Fassungsvermögen

4000 bis 5000 Wasserratten strömen an heißen Tagen ins Kettwiger Bad. Mitunter sogar mehr. Die Besucherzahlen der letzten Jahre – 2011: 52.500; 2012: 71.600, 2013: 82.000; 2014 (Stand 4. August): 41.000. Für eine Delle sorgt in diesem Jahr der Pfingstorkan. Um Sturmschäden zu beseitigen, musste das Freibad vorübergehend schließen.
 

Ausblick

Obwohl von solider Substanz macht sich der Sanierungsstau von gut zwei Millionen Euro bemerkbar. Erfreulich: das renovierte Hallenbad nebenan wird nach den Sommerferien wieder geöffnet.

Fazit

Pluspunkte: Unbedingt zu empfehlen. Klassische Freibad-Ausstattung mit 1a-Liegewiese. Nettes Publikum; sicher; ein Trumpf für treue Frühschwimmer: schon ab 6 Uhr geöffnet.

Minuspunkte: An einigen Stellen scheint die Zeit stehen geblieben. Die kahle Tribüne zum Beispiel könnte neue Holzliegedecks vertragen. Das „Nichtschwimmer“ wäre beheizt schöner. Manko: die fehlende Barrierefreiheit

Alle Folgen des Freibad-Checks finden Sie hier.