Essen-Ruhrhalbinsel. In seinem Wohnzimmer stritten Nachbarn ums laute Liebesleben oder einen schiefen Baum: Schiedsmann Martin Hallebach ist mit 94 Jahren gestorben.
Er war der älteste Schiedsmann Essens, als er 2018 im Alter von 90 Jahren aufhörte. Auch bundesweit zählte er zu den ältesten, die den Streit so mancher Nachbarn am heimischen Tisch schlichteten. Nun ist Martin Hallebach gestorben. Er wurde 94 Jahre alt.
Der gelernte Elektriker kam 1948 aus Hessen nach Essen, wo er ehrenamtlich als Schiedsmann im Einsatz war. Er wechselte damals von einem Weinanbaugebiet in die Zechenregion. Im Hauptberuf arbeitete er als Elektrohauer auf Carl Funke in Heisingen und auch auf Zollverein. Zu Hause aber, da schlichtete er, wenn andere sich nicht einigen konnten.
Martin Hallebach begann seine Tätigkeit als Schiedsmann für Heisingen 1989, da war er 52 und hatte gerade sein Berufsleben hinter sich gebracht. Noch vor dem Schiedsmann-Amt war er Schöffe am Land- und Verwaltungsgericht. Später wurden dem Schiedsamtsbezirk des gebürtigen Hessen auch Überruhr, Burgaltendorf und Kupferdreh hinzugefügt. Für sein ehrenamtliches Engagement wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Er hörte sich Sorgen und Nöte der Menschen an
Interesse und Menschenkenntnis zeichneten ihn vor allem in seinem Ehrenamt aus. 30 Jahre lang war er zuständig für Fälle des bürgerlichen Rechts sowie für Strafrechtsfälle. Er hörte sich Sorgen und Nöte der Menschen an, hörte zu, wenn sie sich stritten, um dann einzugreifen. Manchmal war es ein Streit, weil den einen die Wäsche auf dem Gartenzaun störte oder einen anderen das Liebesleben seiner Nachbarn nachts zu laut war.
Martin Hallebach erzählte selbst, dass es ihn wunderte, wie beharrlich mancher war, wie unerschütterlich andere an Prinzipien festhalten und wie heftig es zugehen könne, wenn Frauen streiten. Die Aufgabe des Schiedsmannes war es dann, die Parteien ins Gespräch zu bringen. „Schlimmstenfalls sitzen hier sechs Leute am Tisch“, beschrieb er mal eine Situation. Es waren Ehepaare, die samt Rechtsanwalt zu ihm kamen. Die Themen waren so vielfältig wie mitunter heftig diskutiert. Am Ende schlichtete Martin Hallebach bestenfalls. Stets aber war es ein Verfahren mit Rechtsverbindlichkeit.
Bei diesem bedurfte es Eigenschaften wie Gelassenheit und Durchsetzungsvermögen sowie seinen Hocker, auf dem er im Wohnzimmer Platz nahm. Couch und Sessel überließ er den anderen. Und dann konnte es mitunter hoch hergehen, wenn diese um die Grundstücksgrenze stritten oder über eine potenzielle Gefahr durch einen schrägen Nadelbaum.
Er übernahm das Amt, weil er gebraucht wurde und weil es ihm lag
Im Dezember 2018 legte Martin Hallebach sein Amt als Schiedsmann schließlich nieder. Vor diesem Abschied blickte er noch einmal zurück und erklärte, warum er es seinerzeit übernommen hatte: weil er gebraucht wurde und weil es ihm lag.
Jetzt verabschieden sich auch die Mitglieder der Bezirksvereinigung Essen im Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen (BDS) von einem aus ihren Reihen, der innerhalb der Vereinigung nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst Ehrenmitglied gewesen ist. Vor allem aber war ein geschätzter und zuverlässiger Kollege.
Selbst im hohen Alter habe er an den Arbeitsbesprechungen der Amtsgerichte und der Bezirksvereinigung bis zu seinem Dienstende teilgenommen. „Wir danken dem Kollegen und Vorbild für sein über Jahrzehnte hinweg außerordentliches Engagement und behalten ihn in anerkennender Erinnerung. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.“