Essen. Die Verhaftung eines freigesprochenen Angeklagten durch die Polizei sorgte für Tumult. Die Richterin sprach von einer Provokation durch die Polizisten.

Freisprüche sind im Leben des Bilal H. eher selten. Strafrechtlich blickt der 34-Jährige („Pumpgun-Bilal“) auf eine „Karriere“ seit der Jugend zurück. Und so dürfte es ihn besonders erschüttert haben, als ihn Polizisten nach einem der seltenen Freisprüche im vergangenen Jahr noch im Gerichtssaal verhaften wollten. Seine damalige Reaktion sorgte am Freitag vor dem Amtsgericht für einen Prozess wegen Widerstand.

Vor etwas mehr als einem Jahr hatte der Libanese sich wegen Anstiftung zur Falschaussage vor Amtsrichter Stefan Groß verantworten müssen. Seine Frau soll für ihn gelogen haben, als ihm in einem anderen Prozess Widerstand gegen Polizeibeamte vorgeworfen wurde. Doch die Beweise reichten für das Aussagedelikt nicht, der Richter sprach ihn frei. Bilal H. nutzte die Urteilsbegründung, den Beamten einige triumphierende Blicke zuzuwerfen.

Was er nicht wusste. Sie hatten schon einen Vollstreckungshaftbefehl in der Tasche, weil er eine Geldstrafe über 700 Euro nicht bezahlt hatte. Kaum war die Urteilsbegründung beendet, schritten die Beamten zur Tat.

Polizeiaktion "von vornherein falsch eingestielt"

Für seine bisherige Lebensart reagierte Bilal H. besonnen. Er blieb stehen, als ihm Handschellen angelegt werden sollten, zeigte sich auch nicht kooperativ. Das war ein Problem, denn der Libanese ist ein Kerl wie ein Baum, erledigt nach eigenen Worten jeden Morgen 500 Liegestützen. Und so mühten sich bis zu sieben Beamte an ihm ab, bevor sie ihn endlich zu Fall brachten. Bilal H. fand vorher noch Zeit, Richter Groß anzusprechen: „Herr Richter, sehen Sie, was die mit mir machen? Und ich steh’ immer noch.“

Es folgte am Freitag die strafrechtliche Aufarbeitung. Bilal H. sah keinen Widerstand: „Wenn ich gewollt hätte, dann hätten die ganz anders ausgesehen.“ Er habe auch Respekt vor den Behörden, behauptete er. Sein Verteidiger Marc Grünebaum belehrte ihn aber, dass auch passiver Widerstand strafbar sei. Er regte die Einstellung des Verfahrens ein, weil die Polizisten zwar formal richtig, aber völlig unverhältnismäßig vorgegangen seien.

Den Durchbruch brachte der Bewährungshelfer, der die Verhaftung gesehen hatte. Ihm war damals aufgefallen, dass die Polizisten sich auf eine „Siegerpose“ freuten. Das hätte man anders regeln können, sagte er, mehr deeskalierend. Richterin Melanie Mühlenkamp stellte das Verfahren ein. Die Polizeiaktion sei zwar formal richtig gewesen, aber „von vornherein falsch eingestielt. Das war fast schon eine Provokation“.