Essen. Angehörige von Patienten oder Heimbewohnern sollten derzeit auf Besuche in Kliniken und Seniorenheimen verzichten, sagt Essens Stadtdirektor.

Angesichts hoher Infektionszahlen in den Essener Krankenhäusern und Seniorenheimen bittet Essens Stadtdirektor und Gesundheits-Dezernent Peter Renzel alle Bürger, derzeit möglichst auf Besuche von Angehörigen zu verzichten. In den Seniorenzentren hält man diese Forderung allerdings für zu weitgehend.

„In allen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind Patienten und Bewohner an Corona erkrankt“, berichtet der Stadtdirektor am Dienstagabend in seinem privaten Facebook-Account. In den Essener Senioren- und Pflegeheimen seien derzeit 382 Bewohnerinnen und Bewohner infiziert, außerdem 353 Beschäftigte. „Die extrem hohen Infektionszahlen bringen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegebereich an die Belastungsgrenzen. Mit großer Anstrengung setzen die Verantwortlichen und Mitarbeiter derzeit alles daran, weitere Infektionsfälle zu vermeiden. Dabei sind sie auch auf die Unterstützung der Angehörigen und Freunde angewiesen!“

Grund zur Panik gebe es trotz der angespannten Personalsituation nicht, betont Renzel. „Wir alle können mithelfen, das Personal zu entlasten. Lassen Sie sich impfen.“ Besuche sollten – auch von geboosterten Personen – verschoben oder auf ein Minimum reduziert werden.

Stadtdirektor Renzel will kein generelles Besuchsverbot

Renzel sprach sich auf Nachfrage eindeutig gegen grundsätzliche Besuchsverbote in Altenheimen und Krankenhäusern aus, die es im Frühjahr 2020 gab. Renzel unterstützt auch ausdrücklich die Aussage des Essener Uniklinik-Chefs Jochen Werner, der die Krankenhäuser „vor einem Panik-Modus“ gewarnt hatte. Die Verläufe seien derzeit so mild, dass Corona häufig bei Patienten entdeckt würde, die wegen anderer Krankheiten stationär behandelt werden. Von einer Triage sei man weit entfernt. Andererseits: Weil so viel Personal infiziert und die strengen Quarantäne-Regeln die Abwesenheit vorschreiben, gebe es einen deutlichen Personalmangel in den Krankenhäusern.

Seniorenheim-Betreiber in Essen unterstützen den Appell Renzels an die Bürger, auf Besuche zu verzichten, nur in Teilen: „Wir sind froh über unsere strenge 2G-Plus-Regel und wissen, dass ein Ausbleiben von Besuch den Bewohnern schadet“, heißt es aus der Kaiser-Otto-Residenz in Steele. Das grundsätzliche Besuchsverbot im Frühjahr 2020 stecke manchen noch in den Knochen; „damals bemängelten unsere Bewohner, dass sie niemand gefragt habe. Viele fanden damals: Lieber Corona bekommen als einsam sein.“

Altenheime bleiben lieber bei 2Gplus und täglichen Tests

Beim Deutschen Roten Kreuz (DRK, drei Senioreneinrichtungen in Essen) stimmt man einerseits dem Appell Renzels zu, hält aber andererseits die geltenden 2G-Plus-Regelungen und täglichen Testungen der Mitarbeiter für ausreichend. Einen Besuchs-Verzicht hält man bei der Caritas-Tochtergesellschaft CSE hauptsächlich bei Angehörigen jener Bewohner für sinnvoll, die aktuell mit Corona infiziert sind: Jene Angehörige sollten „auf Videoanrufe umzusteigen, bei denen wir jederzeit gerne unterstützen“, sagt Niko Anastasiadis, der zuständige Fachbereichsleiter. „Allen anderen Besucherinnen und Besuchern stellen wir es frei, Ihre An- und Zugehörigen zu besuchen, denn wir dürfen und möchten – auch aufgrund unserer Erfahrungen im ersten Lockdown 2020 - unsere Bewohner nicht von der Außenwelt isolieren.“

Das Diakoniewerk (drei Einrichtungen) unterstützt Renzels Appell vollumfänglich; man versuche, um Verständnis zu werben. Andererseits versuche man, Besuche in Einzelfällen möglich zu machen, erinnere aber an die Gesundheit von Bewohnern und Mitarbeitern.

Inzidenz mit neuem Rekordwert

Die Inzidenz in Essen hat am Mittwoch einen neuen Rekordwert erreicht, liegt jetzt bei 1467,5 (+307,9). Es steigt auch die Zahl der Covid-Patienten in den Krankenhäusern (Stand Dienstag: 181 Bürger, davon 22 auf intensiv. Zum Vergleich: Anfang Januar waren es 75 Essener Patienten, 19 davon auf intensiv).