Essen-Bergerhausen. Musiker Vomit Heat hat sein zweites Album „Second Skin“ veröffentlicht. Darin verarbeitet der gebürtige Essener auch seine Ängste und Depression.

Wenn man von der vielbefahrenen Ruhrallee in eine Seitenstraße Richtung Saarplatz abbiegt, erwartet einen die pure Idylle. Rund um den Platz im Essener Stadtteil Bergerhausen stehen Häuser mit bunten Blumen auf den Balkonen, irgendwo schneidet jemand seine Hecke und es ist so still, dass man das Rascheln der umherstehenden Bäume hören kann. Mitten auf dem angrenzenden Spielplatz sitzt ein junger Mann mit Tattoos und Nasenring und spricht angeregt über seine neue Platte.

Musiker Nils Herzogenrath alias „Vomit Heat“ hat kürzlich sein zweites Album unter dem Titel „Second Skin“ (deutsch: zweite Haut) herausgebracht. Zu hören sind selbst geschriebene Pop-Rock-Songs gespickt mit elektronischen Einflüssen. Auch die Instrumente hat der 30-Jährige auf seinem Album selbst eingespielt.

„Das Album hat zwar einen musikalischen roten Faden“, sagt Herzogenrath, „aber mir war es wichtig, dass jedes Lied auch einzeln für sich allein stehen kann.“ Deshalb sind die Subgenres verschieden, mal ist ein Lied schneller, ein anderes elektronischer.

Neben den englischen Songs ist auch ein deutschsprachiges Lied mit dem Titel „Leere“ auf dem Album, aufgenommen mit Sängerin und Songwriterin Stella Sommer. Eine neue Erfahrung für Herzogenrath, der bereits mit Bands wie „Ωracles“ und „Transport“ in Erscheinung getreten ist. Mit seinem Soloprojekt Vomit Heat hat er 2016 sein erstes Album „Spirit Desire“ herausgebracht und dazu ein breites Feedback in der Musikszene erhalten. Seitdem sind einige Jahre vergangen: „Nebenbei steckte ich noch in diversen Projekten und war nicht so recht in der Lage, dass Album fertigzustellen.“ Geholfen hat ihm schließlich sein Band-Kollege Dennis, mit dem er schon bei Ωracles gespielt hat. „Er hat das Ganze auch gemischt und spielt bei Live-Auftritten in der Band mit“, erzählt Herzogenrath.

Album Second Skin: Ventil für persönliche Erlebnisse

Für ihn ist das Album Second Skin ein Ventil für persönliche Erlebnisse. Häufig gehe es in den Songs um zwischenmenschliche Beziehungen und seine Erfahrungen damit – positive sowie negative. Gewidmet hat er das zehnteilige Album seinem Partner, mit dem er seit zwei Jahren in einer gemeinsamen Wohnung in Köln lebt. „Er hat mich immer unterstützt.“

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Denn der Musiker hatte in der Vergangenheit mit Angstzuständen und Ohnmachtsgefühlen zu kämpfen, die er in Liedern wie „Anxiety“ (deutsch:. Angst) thematisiert. „Ich war lange Zeit depressiv und habe eine Therapie gemacht. Mir ist es wichtig, offen darüber zu sprechen, auch in meiner Musik.“

Wichtig sei ihm dabei, dass zwischen den Abgründen immer wieder lebensbejahende Zeilen vorkommen. „Ein gutes Beispiel dafür sind Sätze wie: ‘It feels so good to be alive’“. Obwohl „viel Nils“ in seinen Texten stecke, lasse er bewusst Platz für Interpretationen, „damit jede Hörerin und jeder Hörer den Inhalt mit sich selbst füllen kann.“

Kindheitserinnerungen an den Spielplatz in Essen-Bergerhausen

Auch wenn Nils Herzogenrath in Köln lebt, ist er ein Kind des Ruhrgebiets: Im Essener Stadtteil Bergerhausen ist er aufgewachsen, auf dem Spielplatz am Saarplatz hat er seine Kindheit verbracht. Nun sitzt er auf der alten Tischtennisplatte und schaut sich um. „Es ist krass, nach so langer Zeit mal wieder hier zu sein.“ Viel habe sich nicht verändert. „Früher war es hier allerdings grüner und dort stand mal ein Baum, auf den ich gerne geklettert bin.“ Er zeigt auf eine kahle Fläche. „Damals konnte man hier definitiv noch besser klettern.“

Das Album Second Skin von Vomit Heat kann man unter anderem bei Spotify anhören. Die Platte gibt´s für 20 Euro auf anaott.bandcamp.com.
Das Album Second Skin von Vomit Heat kann man unter anderem bei Spotify anhören. Die Platte gibt´s für 20 Euro auf anaott.bandcamp.com. © Vomit Heat | Vomit Heat

Nach einem abgebrochenen Studium der Philosophie und Geschichte an der Uni in Essen, zog es den Musiker nach Köln, um dort mediale Künste zu studieren. Seine Heimatstadt hat er aber nie ganz losgelassen: „Mein Place-to-be ist das Tropenhaus im Grugapark. Gerade in so einem Ballungsraum war das schon damals eine Insel der Ruhe.“

Vomit Heat: „Ich war jugendlich, wütend und frustriert“

Heute besucht er hier regelmäßig seine Eltern, die ein paar Häuser weiter wohnen. Über sie ist er schon früh ans Musizieren gekommen. „Schon als kleiner Junge habe ich das CD-Regal meiner Eltern durchstöbert, auf der Gitarre meiner Mutter gespielt und irgendwann dann selbst Musikunterricht genommen.“ Später spielte er dann für sich weiter, experimenteller und in verschiedenen Bands.

Früher seien die Gitarren noch verzerrter und lauter gewesen. Aus dieser Zeit stammt auch sein Künstlername Vomit Heat. „Ich habe mir den Begriff damals als ‘Kotzrausch’ übersetzt“, sagt er und lacht. „Zu dieser Zeit war ich jugendlich, wütend und frustriert.“

Die Wut sei mittlerweile gewichen, viele Knoten hätten sich in ihm gelöst. Das sei zwar ein langer Prozess gewesen, „aber die Suche nach dem inneren Frieden lohnt sich“. Mit seinem Album möchte Herzogenrath mit den vergangenen Jahren und den daran geknüpften Erlebnissen abschließen. Aber er verrät: „Es wird eine Fortsetzung geben.“ Wie genau die aussehen wird, hält er allerdings noch offen.