Essen. CDU und Grüne wollen ein flächendeckendes Toilettennetz in Essen schaffen und haben dafür einen Fahrplan erarbeitet. Was dieser vorsieht.
Es ist ein dringendes Bedürfnis, das viele Essener und Essenerinnen seit Jahren umtreibt: der Mangel an öffentlichen Toiletten im Stadtgebiet. Diesen zu beseitigen, ist unter anderem dem Seniorenbeirat seit Langem „ein ganz wichtiges Anliegen“, sagt die Vorsitzende Susanne Asche. Der letzte Anlauf, den CDU und SPD 2016 unternahmen, verlief im Sande. An den Zuständen hat sich deshalb bis heute nichts verändert.
Umso hoffnungsvoller blickt Susanne Asche nun auf den aktuellen Vorstoß der neuen Ratskoalition aus CDU und Grünen. Sie setzt sich für mehr öffentliche Toilettenanlagen ein und hat dazu einen mehrstufigen Fahrplan erarbeitet. In der kommenden Ratssitzung am Mittwoch soll der Stadtrat darüber abstimmen. Eine Verabschiedung gilt als sicher.
Zwei Toiletten in jedem Essener Stadtbezirk
Damit bekommt die Stadtverwaltung den Auftrag, ein Toilettenkonzept zu erarbeiten und dieses bis spätestens Mitte 2023 umzusetzen. „Das ist ein Mammutthema, das wir jetzt aber endlich angehen“, bekräftigt der ordnungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Luca Ducrée. Der Spießrutenlauf, den gerade ältere Menschen oder Familien mit Kindern auf der Suche nach einer öffentlichen Toilette erlebten, müsse ein Ende haben. Dass es CDU und Grüne ernst meinten, zeige das detaillierte Arbeitspapier, das beide vorgelegt haben, betont Ducrée.
Um bis 2023 keine Zeit zu verlieren, soll es Übergangslösungen geben. In einem ersten Schritt ist die Stadt gehalten, in jedem Stadtbezirk „umgehend“ mindestens zwei öffentliche Toiletten in Betrieb zu nehmen, die täglich zur Verfügung stehen und barrierefrei sind. Das könnten Miettoiletten sein, aber auch Kooperationen mit privaten Einrichtungen wie Gaststätten seien möglich. Das Toiletten-Angebot soll entsprechend ausgeschildert werden und auch in einer App per Smartphone abgerufen werden können.
Toilettentest läuft ein halbes Jahr
In einem zweiten Schritt regen CDU und Grüne ein sechsmonatiges Pilotprojekt an. An verschiedenen Standorten – wie zum Beispiel im Stadtgarten, an Marktplätzen oder der Innenstadt – sollen Toilettenanlagen unterschiedlicher Hersteller bzw. Betreiber aufgestellt werden. Aus diesem Probebetrieb erhoffen sich CDU und Grüne Erkenntnisse über notwendige Öffnungszeiten, Zugangsregelungen und Reinigungsintervalle. Ergebnisse sollen im ersten Halbjahr 2022 vorliegen.
„Ziel ist es, ein flächendeckendes Netz aufzustellen“, sagt Ducrée. Dabei gehe es nicht darum, dass notwendigerweise die Stadt als Betreiber auftritt. Auch eine Zusammenarbeit mit Privatunternehmen und Vereinen sei denkbar und wünschenswert. Zudem soll die Stadt prüfen, ob der Betrieb einer öffentlichen Toilette durch andere Einnahmen, wie zum Beispiel angebrachte Werbeflächen, mit finanziert werden könne. Was aber nicht heißt, dass die öffentlichen Toiletten für die Bürger am Ende kostenlos angeboten werden. „Wichtiger ist aus meiner Sicht, dass die Anlagen nutzbar sind“, so Ducrée.
Entscheidend wird am Ende dennoch sein, wie teuer der Ausbau und Betrieb der öffentlichen Toiletten für die Stadt ist. 1993 hatte sie aus Kostengründen alle von ihr betriebenen öffentlichen Toiletten geschlossen. Bürger, die sich seither für das Thema stark machten, holten sich wie zuletzt der Werdener Bürger- und Heimatverein eine Abfuhr aus der Stadtverwaltung ab. Sie verwies regelmäßig darauf, dass dies nicht zu ihren Pflichtaufgaben gehöre.
Während der Corona-Lockdowns keine Ausweichmöglichkeiten
Susanne Asche vom Seniorenbeirat begrüßt daher, dass nun wieder Bewegung in das Thema kommt. „Senioren berichten uns, dass sie in der Not sind, immer planen zu müssen, wenn sie unterwegs sind.“ Dies gelte nicht nur für die Innenstadt, sondern insbesondere für die Mittelzentren und Grünanlagen. Häufig seien sie darauf angewiesen, dass sie Toiletten in Läden oder Restaurants benutzen dürfen. Doch während der Lockdowns sei dies nicht möglich gewesen. „Corona hat gezeigt, wie wichtig öffentliche Toiletten sind“, sagt Susanne Asche, betont aber gleichzeitig: „Wichtig ist, dass die Toiletten betreut werden, dass sie sauber, gepflegt und sicher sind.“
Auch der Einzelhandelsverband hält den Ausbau des Toilettennetzes für dringend. „Wenn wir von Aufenthaltsqualität in der Innenstadt sprechen, dann gehört das unbedingt dazu“, sagt deren Hauptgeschäftsführer Marc Heistermann. Aber auch er mahnt an, dass sichergestellt sein muss, dass die Toiletten „in Schuss gehalten werden“.