Essen-Rüttenscheid. Eine Essenerin ist sauer: An der Von-Einem-Straße 52 holen die EBE-Mitarbeiter nicht – wie sonst – die Mülltonnen aus dem Hof. Warum das so ist.
- Normalerweise holen die Mitarbeiter der Essener Entsorgungsbetriebe (EBE) die Mülltonnen zur Abholung aus Kellern und Höfen. Es gibt aber Ausnahmen.
- Eine davon bildet die Von-Einem-Straße 52 in Essen-Rüttenscheid. Der Weg vom Tonnenstellplatz bis zur Straße ist dort zu lang.
- Darüber ärgert sich die Eigentümerin mehrerer Wohnungen in dem Essener Haus. Sie fragt: Wie sollen ältere Bewohner das leisten, was für die Müllwerker offenbar zu beschwerlich ist?
Elisabeth Baumann ist wütend. Sie und ihr Mann besitzen vier Eigentumswohnungen an der Von-Einem-Straße 52. Jahrzehntelang hätten die Müllwerker der Essener Entsorgungsbetriebe (EBE) die Mülltonnen dort aus dem Hinterhof geholt und an die Straße gestellt, bericht sie. Seit etwa vier Jahren hätten sie aber damit aufgehört. „Jetzt müssen Bewohner die Aufgaben übernehmen, die für die EBE-Mitarbeiter offenbar zu beschwerlich sind“, ärgert sich Baumann, die selbst in Stadtwald lebt. Von der Stadt wünscht sie sich eine Alternative – die aber abgelehnt wird.
Ein Besuch vor Ort. Die gelben und die Restmülltonnen stehen in einer Müllbox im Hinterhof. Dieser ist über einen Flur mit der Straße verbunden. Es geht erst einige Schritte über die Fliesen, dann sechs Treppenstufen hoch und vier Stufen wieder hinunter, dann wieder ein Stück den Flur entlang. Ein zu langer Weg, wie EBE-Sprecherin Nicole Rafalski auf Anfrage erklärt.
Stadt Essen macht feste Vorschriften für die Müllentsorgung
„Unsere Dienstleistung richtet sich nach der Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Essen, diese ist für uns verbindlich“, so Rafalski. Dort stehe zum Beispiel unter dem Paragrafen 20 (10): „Der Transportweg muss entsprechend den aufgestellten Behältern mindestens einen Meter breit sein und darf bis zum nächstmöglichen Halteplatz des Entsorgungsfahrzeuges höchstens 15 Meter lang sein.“
Darüber hinaus werde die Arbeit der EBE durch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGVU) bestimmt, betont Rafalski. In deren Regeln seien Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften, Normen und viele verbindliche gesetzliche Regelungen festgeschrieben. „Selbstverständlich sind auch diese Regeln für uns verbindlich. Hier geht es um die Gesundheit und auch die Sicherheit unserer Mitarbeiter“, erklärt die EBE-Sprecherin.
Essener Entsorgungsbetriebe: „Bestehende Vorschriften können wir nicht ignorieren“
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Zum konkreten Fall in der Von-Einem-Straße sagt Rafalski: „Im Februar 2019 hat es anlässlich einer Verlegung des Tonnenstandplatzes einen gemeinsamen Ortstermin mit den Eigentümern zur Prüfung des Abfallbehälterstandplatzes gegeben.“ Vor Ort sei festgestellt worden, dass die Länge des Transportwegs die festgeschriebenen und verbindlichen 15 Meter in einem erheblichen Umfang überschreite. Auch aus heutiger Sicht sei weder die Länge der Wegstrecke noch die Beschaffenheit des Weges satzungsgemäß. Hier gehe es vor allem um die Frage der Wirtschaftlichkeit: Die Müllwerker müssen ihre Route in einer bestimmten Zeit zurücklegen.
Auch das Thema Arbeitsschutz spielt dabei eine Rolle. „Der Weg führt über eine Treppe und es fehlt obendrein ein Handlauf“, erläutert Rafalski. „Die Gesamtgemengelage spricht daher leider auch bei wohlwollender Prüfung gegen einen Vollservice. Bestehende Vorschriften können wir leider nicht ignorieren, auch wenn das für die Bürgerinnen und Bürger manchmal schwer nachvollziehbar ist.“ Manche Hauseigentümer, die ein ähnlich gelagertes Problem haben, lösten dieses über einen Hausmeisterservice.
Gleiche Gebührenhöhe wie bei Essenern, die Müll-Vollservice nutzen können
Für Elisabeth Baumann ist die Begründung nur schwer nachvollziehbar. „Über 60 Jahre lang sind für dieses Haus die Tonnen an die Straße gestellt worden und dann auf einmal nicht mehr“, betont sie. Unter den Bewohnerinnen und Bewohnerin seien sich viele ältere Menschen, für die es sehr schwer sei, die Tonne die Stufen hoch und hinunter zu wuchten. Eine Bewohnerin sei zwischenzeitlich schwanger gewesen. Zudem lebten mittlerweile geflüchtete Frauen aus der Ukraine im Haus: „Denen können wir auch schlecht als erstes erzählen, dass sie die Mülltonnen an die Straße stellen müssen.“
Den Verweis auf einen Hausmeisterservice empfinde sie als „sehr arrogant“, sagt Baumann. Obwohl der Vollservice nicht genutzt werden kann, werden zudem die gleichen Gebühren wie bei anderen Essenerinnen und Essenern fällig. EBE-Sprecherin Rafalski bestätigt: „Die Gebühren werden von der Stadt Essen auf Basis der Abfallwirtschaftssatzung erhoben. Auch wenn der Bürger den Abfallbehälter selbst an den Straßenrand stellt, bleibt die Gebühr die gleiche.“
Essenerin wünscht sich Müllbox an der Straße
Als Alternative würde sich Elisabeth Baumann eine Müllbox direkt an der Straße wünschen. Dies ist laut der Verwaltung aber nicht möglich. „Würde die Stadt Essen einzelne Anträge genehmigen, so wäre sie aus Gründen der Gleichbehandlung zur Zulassung zahlreicher weiterer Einrichtungen gezwungen“, hatte Stadtsprecher Burkhard Leise zuletzt erklärt. „Die städtebauliche Qualität würde insgesamt erheblich leiden.“