Essens Ex-Stadtdirektor tun "die Duisburger Kollegen leid"
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Essen/Duisburg. Als Stadtdirektor verantwortete Christian Hülsmann 2007 Essens Loveparade. Heute leidet er mit den angeklagten Duisburger Ex-Kollegen - und kritisiert die Heuchelei mancher Medien. Ein Interview.
Christian Hülsmann: Zumindest wird man sehr nachdenklich. Bei aller Betroffenheit über die vielen Toten und Verletzten tun mir aber auch die Duisburger Kollegen leid – ohne dass ich aus der Entfernung die Schuldfrage beurteilen kann. Ich weiß, dass die Duisburger von Anfang an um eine geeignete Strecke gekämpft haben. Und vielleicht hätten sie das Spektakel unter normalen Umständen auch abgesagt.
Sie standen aber unter einem enormen Druck der Öffentlichkeit.
Hülsmann: So ist es. Da hatte man einerseits die bissigen und hämischen Kommentare vom Jahr zuvor noch im Ohr, als die Stadt Bochum entschieden hatte, die Loveparade aus Sicherheitsgründen abzusagen. Das wäre bei einer Absage in Duisburg noch heftiger ausgefallen, zumal man sich im Kulturhauptstadtjahr befand. Und dieselben Medien, die 2009 die Bochumer Oberbürgermeisterin wegen der Absage in der Luft zerrissen haben, haben sie ein Jahr später für ihre verantwortungsvolle Entscheidung gelobt. Da ist auch ein großes Stück Heuchelei dabei.
In der Essener Innenstadt war’s am Paradetag, dem 25. August 2007, ähnlich voll - und unter dem Aspekt der Sicherheit wohl nicht an jedem Punkt der Strecke völlig unproblematisch. Haben wir am Ende einfach nur Glück gehabt?
Hülsmann: Natürlich braucht man bei einer solchen Veranstaltung auch Glück; das fängt mit dem Wetter an. Andererseits: Wir hatten in Essen eine wesentlich geeignetere Strecke, die (fast) nach allen Seiten offen war, so dass dieses Gedränge wie in Duisburg gar nicht hätte entstehen können. Allerdings haben wir auch massiv Einfluss auf die Streckenführung genommen und zum Beispiel das Durchfahren der beiden Gildehoftunnel abgelehnt. Stattdessen mussten die Paradewagen am Varnhorstkreisel drehen. Da aber die Strecke eine gewisse Länge braucht, ist sie deswegen nach Norden bis zur Katzenbruchstraße geführt worden.
Um es vorsichtig zu sagen: Stimmungsmäßig war das nicht gerade der Brüller.
Hülsmann: Schon wahr, dieser Teil der Strecke war zwar weniger attraktiv und hatte auch deutlich weniger Besucher. Aber die Sicherheit hatte da für uns oberste Priorität, wobei das im Übrigen vom Veranstalter auch sofort akzeptiert wurde.
Chronik der Loveparade-Katastrophe
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Im Lichte dessen, was passiert ist: Würden Sie sich heute noch mal trauen, für ein ähnliches Ereignis als Verantwortlicher sozusagen „den Kopf hinzuhalten“?
Hülsmann: Die Veranstaltung in Essen war ein ganz tolles Ereignis. Und für die vielen Kolleginnen und Kollegen aus der Stadtverwaltung und den städtischen Beteiligungsunternehmen und für mich war insbesondere auch der gesamte Planungsprozess dieser Veranstaltung ein Highlight in unserem Berufsleben. Ein grandioser Teamgeist war zu spüren.
Das klingt, als komme jetzt das große Aber...
Hülsmann: Bei einer solchen Mammutveranstaltung kann man ein Restrisiko nicht ausschalten. Und wenn ein solches Schadenereignis eintritt, hat man als Verantwortlicher sehr schnell auch strafrechtlich den schwarzen Peter. Denn es wird immer Gutachter geben, die anschließend den gesamten Planungsprozess als unzureichend bewerten. Von daher würde ich mir das heute nicht mehr antun.
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